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Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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jedenfalls. Richtig unheimlich. Deshalb war ich auch so froh, als ich euch gesehen hab.«
    »Für wen ist denn die ganze Schminke?«, wollte Justin wissen. »Ziemlich seltsam, dass du so durch die Gegend rennst.«
    »Für mich«, erwiderte Anika. Ihre Augen verengten sich einen Moment lang, doch dann fing sie sich scheinbar wieder und warf lachend die Haare nach hinten. »Wenn man älter wirkt und nicht so aussieht, als würde man sich aufgeben, dann ist die Chance größer, dass die Leute einen in Ruhe lassen. Sie haben es eher auf die abgesehen, die wie Opfer wirken.«
    Ich fragte mich, wie wir wohl auf sie wirkten.
    »Du hast gesagt, die Ärzte hätten sich alle aus dem Staub gemacht«, sagte ich. »Weißt du, ob vielleicht noch ein paar hier sind, in einer kleineren Klinik eventuell oder in einer Praxis, die die Plünderer übersehen haben?«
    »Wenn das so ist, dann halten sie sich ganz schön bedeckt. Aber ich könnte mal rumfragen.« Sie nickte Richtung Schlafzimmer. »Seid ihr deshalb den ganzen Weg von der Ostküste hergekommen?«, erkundigte sie sich. Ich nahm an, die Jungs hätten ihr das erzählt, während ich im Schlafzimmer war. »Wegen ihm? Ist ’ne ganz schön weite Strecke.«
    »Wir dachten, in einer Großstadt wäre es am wahrscheinlichsten, jemanden zu finden, der noch an einem Heilmittel arbeitet«, antwortete ich.
    Sie verlagerte ihre Position, wobei ihr Knie das von Tobias streifte. Er wurde noch röter. »Vor ungefähr einer Woche hab ich was mitbekommen«, erzählte sie weiter. »Die Typen unterhielten sich über einen Impfstoff, den irgendwer gefunden haben soll, oder so. Keine Ahnung, ob da was dran ist, aber sie schienen ziemlich aus dem Häuschen deswegen.«
    Sie warf uns nacheinander einen erwartungsvollen Blick zu. Justin starrte sie an und sah nun doppelt so misstrauisch aus wie vorher, was beinahe genauso schlimm war, wie wenn er gesagt hätte, wir wüssten alle über den Impfstoff Bescheid. Leos Mund hatte sich zu einer steifen Linie zusammengepresst, und Tobias starrte auf seine Hände. Ich achtete darauf, keine Miene zu verziehen, aber mir blieb die Luft weg.
    Wenn hier irgendjemand vor einer Woche, als wir noch in dem Bauernhof festsaßen, über den Impfstoff gesprochen hatte, dann konnte das nur eins bedeuten. Die Gruppe, die uns ihre Leute in dem grünen Lieferwagen hinterhergeschickt und uns über Funk angelogen hatte, besaß auch hier Verbündete.
    »Das wäre ja phantastisch, wenn jemand einen Impfstoff hätte«, sagte ich und hoffte, es würde so klingen, als wäre es das Erste, was ich darüber hörte. »Wer waren denn diese Leute? Wo hast du sie gesehen? Vielleicht können wir sie ja fragen, ob sie mehr darüber wissen.«
    »Ach, das waren bloß irgendwelche Typen«, antwortete sie und hob eine Schulter, um sie gleich wieder verlegen zu senken. »Ich kenne sie nicht. Sie haben ein paar Läden bei mir in der Nähe durchsucht. Ich hab nur gelauscht, weil sie diese Sache mit dem Impfstoff erwähnten.«
    »Haben sie gesagt, wo der Impfstoff sein soll?«, fragte Leo.
    Anika schüttelte den Kopf. »Ich glaub nicht, dass sie das wussten. Es hörte sich irgendwie so an, als gingen sie davon aus, jemand würde ihn hierherbringen. Aber wie gesagt, das waren eventuell nur Vermutungen. Vielleicht ist das Ganze ja bloß ein Gerücht.«
    Ich begegnete Leos Blick auf der anderen Seite des Zimmers und sah, wie sich meine Angst darin widerspiegelte.
    Wir hatten unsere Feinde nicht überholt. Wir waren direkt in sie hineingelaufen.

Dreiundzwanzig
    Ich verbrachte meine Nächte im Schlafzimmer neben Gav, während die anderen draußen im Wohnzimmer beim Feuer kampierten, wo es warm war. Gav hatte versucht, mich davon zu überzeugen, mich ihnen anzuschließen. Aber ich wollte ihn nicht alleine im Dunkeln und Kalten lassen, während das Virus immer tiefer in sein Hirn kroch.
    »Ich will lieber bei dir bleiben«, hatte ich erklärt, und ihm, als er anfing zu protestieren, fest in die Augen geschaut und gesagt: »Halt die Klappe.«
    Er hatte mich einen Augenblick lang angestarrt und dann, genau wie ich gehofft hatte, angefangen zu lachen. Dann hatte er mich näher zu sich herangezogen, mir einen Kuss gegeben und mir gestanden: »Ich will dich auch lieber hier haben.« Und von da an versuchte er nie wieder, mich dazu zu bringen, ihn alleine zu lassen.
    An dem Abend, als wir Anika getroffen hatten, dämmerte er schnell ein, doch seine Arme und Beine zuckten vor lauter Jucken, das nie ganz aufhören

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