Und wieder Carmel
schloss Alex an einen Herzmonitor an und ich beatmete ihn wieder. Ich hatte
das Gefühl, wir würden überhaupt nicht vorwärtskommen, die Sirene heulte, der
Wagen wackelte und ich starrte auf Alex’ reglosen Körper.
„Fahr schneller Gerry, seine Herztöne werden schwächer!“, rief Bob dem Fahrer
zu.
Oh Gott, oh Gott, nein, nicht sterben … nein, nicht sterben … nicht sterben
… begann ich in Gedanken zu beten.
Endlich, der Wagen stoppte, die Sirene verstummte und die Türen des
Krankenwagens wurden von außen geöffnet. Bob ratterte alle medizinischen Werte
wie eine oft wiederholte Litanei herunter, während er und Gerry die Trage aus
dem Wagen zerrten. Ein Arzt und zwei Schwestern, von denen eine die Beatmung
übernahm, schoben Alex ins Gebäude.
„Bist du verletzt?“, fragte eine andere Krankenschwester, die gerade vor die
Tür getreten war und mich aus dem Wagen springen sah. Sie wies auf meine Hände.
„Nein, das ist nicht mein Blut.“
„Dann komm mit hinein, ich zeige dir den Waschraum, da kannst du dich sauber
machen.“
„Dankeschön.“
Ich lief neben ihr her durch einen langen, grün gefliesten Flur, in dem es
stark nach Desinfektionsmittel roch.
„Sagen Sie mir nachher, wie es ihm geht?“
„Wem?“
„Alex Walker, sie haben ihn gerade hineingebracht.“
„Bist du eine Verwandte?“
„Nein, das bin ich nicht.“
Sie blickte mich verständnisvoll an, „ich werde sehen, was ich für dich tun
kann, ja?“
„Dankeschön.“ Die Krankenschwester ließ mich mit einem Lächeln vor dem Waschraum
stehen. Als ich nach dem Türknauf greifen wollte, erblickte ich meine
blutverschmierten Hände. Mit einem Blick an mir hinunter, sah ich noch mehr
rotes, verklebtes Blut an mir, Alex’ Blut.
„Anna, wie geht es Alex?“, fragte Glen, dem ein Mann und eine Frau aufgeregt
zur Seite standen.
„Ich weiß es nicht, sie behandeln ihn noch“, erklärte ich.
„Das sind Paul und Victoria Walker, Alex Eltern. Paul, Victoria, das ist Anna
Wallenstein aus Hamburg“, stellte Glen uns einander vor. Seine Eltern wiederholte ich in Gedanken und starrte beide an.
„Freut mich sehr, Mr. und Mrs. Walker.“
„Ist er schwer verletzt? Was ist das für Blut?“, begann seine Mutter mit
zittriger, aber dennoch hektischer Stimme und sah mich erschrocken an.
„Ich äh …“, stotterte ich hilflos und stand vor Alex Mutter, die mit den Tränen
kämpfte.
„Warten wir auf den Arzt“, sagte Glen mit ruhiger Stimme. „Er wird uns
Genaueres sagen.“
Paul Walker hielt seine Frau im Arm. Sie konnte ihre Tränen nicht mehr
zurückhalten, sie liefen ihr über die Wangen und sie wischte sie immer wieder
nervös mit einem Taschentuch ab.
Die Tür zum Behandlungsraum öffnete sich und ein Arzt fragte: Sind Sie
Angehörige von Alex Walker?“
„Ja, das sind wir. Wie geht es ihm Doktor?“, rief Victoria Walker.
„Ich bin Dr. Webber. Alex hat eine Kopfverletzung, möglicherweise eine
Gehirnerschütterung.“
„Oh mein Gott“, rief Victoria ängstlich.
„Das hat die Bewusstlosigkeit verursacht. Leider hat er auch eine Verletzung
des Bauchraumes, eine Glasscherbe steckt in seinem Oberbauch und wir müssen
schnell operieren, damit ich sehen kann, ob er auch innere Verletzungen hat.
Dafür brauche ich aber ihr Einverständnis.“
“Natürlich. Paul?“, wies Victoria ihren Mann an, das zu erledigen.
„Wo soll ich unterschreiben?“, fragte Paul Walker knapp.
„Die Schwester wird Ihnen gleich ein Formular bringen. Entschuldigen Sie mich,
ich muss mich für die OP fertigmachen.“
„Ja, natürlich.“ Victoria umarmte ihren Mann und begann zu weinen. Glen legte
seine Hände um meine Schultern, sah mir tief in die Augen und sagte mit ruhiger
leise Stimme: „Ist alles ok?“
Ich schluckte und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an: „Ja, alles ok.“
„Und du bist wirklich nicht verletzt?“
„Nein.“
„Willst du dich nicht ein wenig sauber machen?“
„Ja, ich denke schon.“
Glenn schob mich in den Waschraum und ich schrubbte mir das Blut von den
Händen. Mit Papiertüchern rubbelte ich meine Knie sauber. Die Flecken auf
meiner Hose und meinem Shirt ließ ich drauf, es waren zu viele um sie hier und
jetzt auszuwaschen. Ich trocknete mich ab und ging dann zurück in den
Warteraum. Victoria und Paul Walker saßen nebeneinander und hielten sich an den
Händen. Ich setzte mich zu Glenn und starrte auf die Uhr, die über dem
Türrahmen hing.
Zwei Stunden später öffnete sich endlich die Tür zu den OP Sälen und Dr.
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