Undank Ist Der Väter Lohn.
Lippen gezogen und dabei gesagt: »Wir sind dir sehr dankbar für alles, was du hier tust, Sammy, mein Engel. Wir sind dir dankbar für alles.« Und er hatte sie mit einem trägen, vielsagenden, bedeutsamen Lächeln angesehen, als ob sie ein Geheimnis miteinander hätten.
Was nicht der Fall war. Auch wenn ihr Onkel sich am vergangenen Tag ausführlich darüber geäußert hatte, was er von Nicola Maiden hielt, hatte sie doch von ihren eigenen Gefühlen nichts preisgegeben.
Und das war gut so. Notwendig. Gerade jetzt, wo die Polizei einen mit unverhohlenem Verdacht beobachtete und Fragen stellte, durfte sie auf keinen Fall zeigen, wie sie zu Nicola Maiden gestanden hatte.
Sie hatte sie nicht gehaßt. Sie hatte Nicola als das erkannt, was sie war, und sie hatte sie nicht gemocht, aber von Haß konnte keine Rede sein. Sie hatte in ihr ganz einfach ein Hindernis gesehen. Jemanden, der ihr bei ihren Bestrebungen, das zu erreichen, was sie wollte, im Weg stand. Und Samantha hatte schon sehr bald nach ihrer Ankunft in Broughton Manor gewußt, was sie wollte.
Die fortdauernde Trauer ihrer Mutter hatte Samantha veranlaßt, nach Derbyshire zu reisen, und einige Wochen lang war es ihr gelungen, die Selbsttäuschung aufrechtzuerhalten, daß alle ihre Bemühungen einzig ihrer Mutter gälten. Sie war ja wirklich untröstlich über den Tod ihres Mannes, und es war verständlich, daß sie, plötzlich mit der Tatsache ihrer eigenen Vergänglichkeit konfrontiert, den Wunsch hatte, sich vor ihrem Tod mit ihrem älteren Bruder auszusöhnen. Tatsächlich war die Beilegung des alten Streits zwischen den Brittons und den McCallins im Interesse aller. Was hatte eine Familie denn schließlich davon, in jahrzehntelanger Feindschaft zu verharren, nur weil ein Mitglied dieser Familie gegen den Willen des Vaters geheiratet hatte, der mittlerweile längst tot war? Diese Überlegungen hatten Samantha nach Broughton Manor geführt, ihrer Mutter zuliebe Frieden zu stiften. Aber während sie nach außen die Rolle der verständnisvollen Mittlerin zwischen den zerstrittenen Parteien spielte, hatten sich ihre Bestrebungen insgeheim in eine ganz andere, weitaus persönlichere Richtung entwickelt.
In einer gesellschaftlichen Ideologie gefangen, die von ihr forderte, einen Mann zu finden, über den sie sich definieren konnte, hatte Samantha sich in den letzten zwei Jahren vergeblich bemüht, einen passenden Kandidaten aufzutreiben. Da ihr Bruder aus lauter Angst vor einer festen Bindung Frauen aus dem Weg ging, hatte sie das Gefühl, es sei allein ihre Pflicht, für das Weiterbestehen der Familie zu sorgen. Und in dem Bewußtsein, nicht jünger zu werden, hatte sie ihr Bestes getan, um dieser Pflicht zu genügen. Aber es war ihr nicht gelungen, einen geeigneten Partner zu finden, obwohl sie sich sogar dazu erniedrigt hatte, Bekanntschaftsannoncen aufzugeben, eine Heiratsvermittlungsagentur aufzusuchen und in den Kirchenchor einzutreten. Das Resultat war, daß sie anfing, Torschlußpanik zu bekommen.
Ihr Verstand sagte ihr, daß es lächerlich war, so auf Heirat und Kinder fixiert zu sein. Für die Frauen von heute gab es nicht mehr nur Ehemann und Kinder; sie führten daneben ihr eigenes Leben, gingen einem selbsterwählten Beruf nach. Und manchmal war es sogar so, daß Karriere und Lebensplanung einfach keinen Platz für Ehe und Kinder ließen. Trotzdem hatte Samantha das Gefühl, irgendwie eine Versagerin zu sein, wenn sie ihr Leben lang allein bliebe. Außerdem, sagte sie sich, wünschte sie sich Kinder. Und diese Kinder sollten einen Vater haben.
Julian wäre genau der Richtige gewesen. Sie hatten sich vom ersten Moment an verstanden, waren gleich die besten Freunde gewesen. Sie waren sich durch das gemeinsame Interesse an der Sanierung von Broughton Manor rasch sehr nahegekommen. Aus ihrer zugegebenermaßen anfangs nur vorgetäuschten Anteilnahme war schnell echtes Interesse geworden, als Samantha begriffen hatte, mit welcher Leidenschaft ihr Vetter seinen Traum verfolgte. Sie könnte ihm bei der Verwirklichung dieses Traums helfen; sie könnte den Traum am Leben halten. Sie könnte Julian nicht nur ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen, sondern auch das Geld zuschießen – ein kleines Vermögen –, das sie beim Tod ihres Vaters geerbt hatte.
Es war anfangs alles so logisch erschienen, so als ob sie füreinander bestimmt gewesen wären. Aber weder ihre Kameradschaftlichkeit ihrem Vetter gegenüber, noch ihr Geld oder ihre Bemühungen, sich
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