Undank Ist Der Väter Lohn.
irgendeiner Maschine«, meinte Hanken. »Ein Zahnrad. Ein Zapfen. Irgend etwas in der Art.«
Lynley schüttelte den Kopf. »Das Ding hat keinerlei Rillen. Und wenn es welche hätte, würde es wahrscheinlich zu einer Maschine von der Größe eines Raumschiffs gehören.«
»Was ist es dann? Warten Sie. Lassen Sie mich mal sehen.«
»Handschuhe, Sir«, blaffte Mott, dessen Wachsamkeit offenbar nie nachließ. Er warf Hanken ein Paar zu, und während dieser sie überzog, sah Lynley sich den Zylinder genauer an.
»Auf der Innenseite haftet etwas. Irgendeine Ablagerung.«
»Motoröl?«
»Höchstens wenn Motoröl seit neuestem fest wird«, erwiderte Lynley.
Hanken nahm ihm den Zylinder aus der Hand, um ihn selbst zu untersuchen. »Eine Ablagerung? Wo denn?«
Lynley zeigte ihm, was er gesehen hatte: einen Fleck, von der Form eines kleinen Ahornblatts, der das obere – oder untere – Ende des Zylinders überlappte. Irgendeine Substanz hatte sich hier abgelagert und war zu einem Zinngrau getrocknet. Hanken inspizierte den kleinen Fleck, ging sogar soweit, ihn geräuschvoll wie ein Jagdhund zu beschnuppern. Er bat Mott um einen Plastikbeutel und sagte: »Lassen Sie das schnellstens untersuchen.«
»Irgendwelche Ideen?« fragte Lynley ihn.
»Auf Anhieb nicht«, antwortete er. »Das kann alles mögliche sein. Ein Tropfen Mayonnaise zum Beispiel von einem Sandwich.«
»Im Kofferraum?«
»Sie hat Proviant mitgenommen. Woher zum Teufel soll ich wissen, was das ist? Dafür haben wir ja das Labor.«
Da hatte er recht. Aber Lynley fühlte sich irritiert durch den Fund und wußte nicht, warum. »Peter«, sagte er vorsichtig, da er wußte, wie seine Bitte interpretiert werden könnte, »hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mir den Tatort einmal ansehe?«
Er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Hanken hatte anderes im Kopf. »Machen Sie nur. Ich knöpf mir Upman vor.«
Er zog die Handschuhe aus und griff das dritte Mal zu seinen Zigaretten, wobei er zu Mott sagte: »Kriegen Sie nur nicht gleich einen Herzinfarkt, Constable. Ich zünde sie mir erst draußen an.«
Und das tat der dann auch mit großem Genuß und sagte dabei vergnügt zu Lynley: »Na, wonach sieht das aus? Unsere Kleine hat ein Verhältnis mit Upman und gleichzeitig mit zwei anderen Typen – oder wie viele haben wir bis jetzt?«
»Julian Britton und den Londoner Liebhaber«, bestätigte Lynley.
»Für den Anfang. Und Upman wird der dritte im Bunde sein, wenn ich ihn mir zur Brust genommen habe.« Hanken zog tief an seiner Zigarette. »Was meinen Sie wohl, wie dem guten Upman zumute war, wenn er mit ihr in der Koje gelegen und dran gedacht hat, daß sie’s mit zwei anderen Kerlen genauso munter trieb wie mit ihm?«
»Ich denke, Sie sind da ein bißchen vorschnell, Peter.«
»Das wird sich noch zeigen.«
»Wichtiger als Upman«, erklärte Lynley, »ist doch die Frage, wie Julian Britton zumute war. Er wollte sie heiraten, nicht mit anderen teilen. Und wenn sie, wie ihre Mutter behauptet, immer die Wahrheit gesagt hat, wie wird er dann wohl reagiert haben, als er erfuhr, was für ein Leben Nicola führte?«
Hanken ließ sich das durch den Kopf gehen. »Tja, bei Britton wären wir auf jeden Fall um einen Komplizen nicht verlegen.«
»Sie sagen es«, stellte Lynley fest.
Samantha McCallin wollte nicht nachdenken, und wenn sie nicht nachdenken wollte, arbeitete sie. Ausgerüstet mit Schaufel, Besen und Kehrschaufel, schob sie in flottem Tempo einen Schubkarren über die knarrenden alten Eichendielen der Langen Galerie.
Am ersten der drei offenen Kamine des Raums hielt sie an und griff zur Schaufel, um die Bescherung zu entfernen, die sie mit ihren Kaminkehrarbeiten früher am Tag angerichtet hatte: Schmutz, Ruß, Kohlestaub, Vogelkot, alte Nester und vertrocknetes Geäst. In dem Bemühen, ihre Gedanken im Zaum zu halten, gab sie sich im stillen Kommandos: eins – schaufeln, zwei – heben, drei – rüber, vier – rein in die Karre, bis sie auf diese Weise den Kamin von uraltem Schutt gesäubert hatte. Solange sie den Rhythmus hielt, gelang es ihr, ihre Gedanken in Schach zu halten. Aber als sie die Schaufel weglegen und kehren mußte, begannen sie sofort zu rasen.
Beim Mittagessen war die Stimmung gedämpft gewesen. Sie hatten zu dritt am Tisch gesessen und kaum ein Wort gesprochen. Nur Jeremy Britton hatte einmal den Mund aufgemacht, als Samantha den Lachs hereingetragen hatte. Er hatte unerwartet nach ihrer Hand gegriffen und sie an seine
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