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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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zu sprechen beginnen würde.
    »Es wird langsam«, bemerkte Julian schließlich mit einem Blick auf die Tür, durch die er eingetreten war. Übermäßig lange schien er den verstaubten, kunstvoll geschnitzten Brittonschen Falken darüber zu betrachten. »Ohne dich würde ich das nie schaffen, Sam. Du bist ein echter Kumpel.«
    »Das hört eine Frau doch immer gern«, erwiderte Samantha. »Vielen Dank.«
»Verdammt. Ich wollte nicht –«
    »Laß nur.« Samantha trank von ihrem Tee, hielt den Blick starr auf seine milchhelle Oberfläche gerichtet. »Warum hast du’s mir nicht gesagt, Julie? Ich dachte, wir stünden einander nahe.«
    Er schlürfte seinen Tee. Samantha verkniff sich eine angewiderte Grimasse. »Was meinst du, was hätte ich dir sagen sollen? Natürlich stehen wir uns nahe. Jedenfalls hoffe ich das. Ich meine, ich wünsche es mir. Ohne dich hätte ich hier schon längst alles hingeschmissen. Du bist praktisch mein bester Freund.«
    »Praktisch«, wiederholte sie. »So unverbindlich.«
    »Du weißt, was ich damit sagen will.«
    Und genau das war das Problem. Sie wußte tatsächlich, was er sagen wollte, was er meinte, was er fühlte. Sie hätte ihm am liebsten bei den Schultern gepackt und so lange geschüttelt, bis er begriffen hatte, was es bedeutete, daß sie sich auch ohne Worte verstanden. Aber das konnte sie natürlich nicht tun. Sie mußte sich mit dem Versuch begnügen, irgendwie aus ihm herauszubekommen, was zwischen ihm und Nicola vorgefallen war, auch wenn sie im Grunde nicht wußte, was sie mit den Fakten anfangen würde, falls er damit herausrückte.
    »Ich hatte ja keine Ahnung, daß du auch nur mit dem Gedanken gespielt hast, Nicola einen Heiratsantrag zu machen, Julie. Als die Polizei davon anfing, wußte ich überhaupt nicht, was ich davon halten sollte.«
    »Wovon?«
    »Von der Tatsache, daß du mir gar nichts davon gesagt hast. Weder daß du ihr den Antrag gemacht hattest, noch daß sie nein gesagt hatte.«
    »Ehrlich gesagt, ich hatte gehofft, sie würde es sich doch noch anders überlegen.«
    »Ich wünschte, du hättest mit mir darüber gesprochen.« »Warum?«
»Es hätte die Dinge vielleicht – ein bißchen leichter gemacht.«
    Er drehte den Kopf und sah sie an. Ihr wurde unbehaglich unter seinem eindringlichen Blick. »Leichter? Was wäre denn leichter gewesen, wenn ich dir erzählt hätte, daß ich Nicola einen Heiratsantrag gemacht hatte und daß sie mich abgewiesen hatte? Und für wen wäre es leichter gewesen?«
    Er sprach mit einer gewissen Zurückhaltung, zum ersten Mal vorsichtig ihr gegenüber, und das veranlaßte sie, mit ebensolcher Zurückhaltung zu antworten. »Leichter für dich natürlich. Ich hatte am Dienstag den ganzen Tag das Gefühl, daß etwas nicht in Ordnung war. Wenn du dich mir anvertraut hättest, hätte ich dich doch ein bißchen stützen können. Es muß bestimmt sehr schwer gewesen sein, die ganze Dienstagnacht hindurch zu warten und dann auch noch den Mittwoch über. Du hast wahrscheinlich keine Minute geschlafen.«
    Einen entsetzlich langen Moment herrschte Schweigen. Dann sagte er leise: »Ja, das ist schon wahr.«
    »Eben, wir hätten darüber reden können. Reden hilft, findest du nicht?«
    »Reden hätte ... ich weiß nicht, Sam. Wir waren einander so nahe, gerade in diesen letzten Wochen. Es war so schön. Und ich –«
    Samantha wurde ganz warm ums Herz bei seinen Worten.
    »– wollte wahrscheinlich auf keinen Fall etwas tun, was womöglich diese Nähe zerstört und sie von mir weggetrieben hätte. Ich weiß natürlich, daß diese Gefahr nicht bestanden hätte, wenn ich mit dir geredet hätte, denn du hättest ihr ja gewiß nichts von unserem Gespräch erzählt.«
    »Nein, gewiß nicht«, sagte Samantha mit einem Gefühl völliger Trostlosigkeit.
    »Mir war schon irgendwie klar, daß sie es sich wahrscheinlich nicht anders überlegen würde. Trotzdem habe ich immer noch gehofft. Und ich hab mir eingebildet, wenn ich darüber spreche, würde alles wie eine Seifenblase zerplatzen. Idiotisch, ich weiß. Aber so war’s nun mal.«
    »Du meinst, wenn du deine Hoffnung laut ausgesprochen hättest. Ja. Das verstehe ich.«
    »Die Wahrheit ist wahrscheinlich, daß ich mich der Realität nicht stellen wollte. Ich wollte einfach nicht wahrhaben, daß sie mich nicht genauso begehrte wie ich sie. Als Freund war ich ihr recht. Eventuell auch noch als Liebhaber, wenn sie zu Besuch hierherkam. Aber mehr war nicht drin.« Er stocherte mit der Gabel in seinem

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