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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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bin froh, daß sie tot ist. Das will ich gar nicht bestreiten. Aber Sie machen einen Fehler, wenn Sie glauben, daß ich die einzige bin, die auf ihrem Grab tanzen würde.«
    »Wer denn noch?«
    Sie lächelte. »Ich habe nicht die Absicht, Ihnen Ihre Arbeit abzunehmen.«
    Damit trat sie an ihm vorbei und ging den Weg zur Nordgrenze des Moores weiter, von der Lynley gerade gekommen war. Er fragte sich, wie sie überhaupt hier herausgekommen war, denn er hatte nirgends einen Wagen stehen sehen, als er von der Straße abgebogen war. Und er fragte sich auch, ob sie an einer anderen Stelle geparkt hatte, weil sie den Platz hinter der Mauer entweder nicht kannte oder weil sie verheimlichen wollte, daß sie ihn kannte.
    Er beobachtete sie, aber sie blickte nicht zurück, um zu sehen, ob er genau das täte. Es mußte sie doch drängen, es zu tun – es war nur menschlich –, und die Tatsache, daß sie es nicht tat, sagte einiges über ihre Selbstdisziplin. Nach einer Weile ging Lynley ebenfalls weiter.
    Er erkannte Nine Sisters Henge an dem hoch aufragenden Monolithen – dem Königstein –, der auf die alte Kultstätte in dem dichten Birkenhain hinwies. Da er sich jedoch genau von der anderen Seite näherte, merkte er zunächst nicht, daß er am Ziel angekommen war. Erst als er um das Wäldchen herumging und auf halbem Weg auf seinen Kompaß schaute, erkannte er, daß der Steinkreis ganz in der Nähe sein mußte. Und als er sich herumdrehte, sah er den pockennarbigen Stein, der groß und gewaltig neben einem schmalen Pfad am Eingang zu dem Wäldchen in die Höhe ragte.
    Die Hände in den Taschen, ging er zurück und stieß einige Meter weiter auf den von Hanken postierten Bewacher des Orts. Dieser erlaubte ihm, unter der Absperrung hindurchzukriechen und sich allein dem Hüter des Steinkreises, dem Königstein, zu nähern. Dort blieb Lynley stehen um sich den Monolithen von allen Seiten anzusehen. Er war verwittert, wie nicht anders zu erwarten, aber auch Menschenhand hatte ihm zugesetzt. Irgendwann in der Vergangenheit hatten Menschen Kerben in die Rückseite der mächtigen Säule gehauen, die dem Kletterer, der die Spitze erklimmen wollte, Halt boten.
    Lynley fragte sich, welchem Zweck der Stein in alter Zeit gedient haben mochte. Um von seiner Spitze aus eine Gemeinschaft zu einer Versammlung zu rufen? Als Ausguck für jemanden, der für die Sicherheit der Priester verantwortlich war, die unten im Steinkreis ihre Rituale vollzogen? Oder hatte er zu Häuptern eines Opferaltars gestanden? Es war unmöglich zu sagen.
    Er schlug mit der Hand gegen den kalten Stein und trat zwischen die Bäume, wo ihm als erstes auffiel, daß die dicht zusammenstehenden Birken allen Wind abhielten. Kein Lüftchen regte sich, als er schließlich vor der prähistorischen Kultstätte stand.
    Ganz anders als Stonehenge – das war der erste Gedanke, der ihm durch den Kopf ging, und er wurde sich gleichzeitig bewußt, wie fest das Wort henge für ihn mit einem ganz bestimmten Bild verbunden war. Gewiß, auch hier gab es Steinpfeiler – neun insgesamt, wie der Name andeutete –, aber diese hier waren weitaus gröber bearbeitet, als er erwartet hatte. Es gab keine Decksteine wie in Stonehenge, und der äußere Wall und der innere Rundgraben, die die Monolithen umschlossen, waren sehr viel weniger deutlich ausgeprägt.
    Er trat in den Kreis hinein. Es war totenstill. So wie die Bäume den Wind abhielten, so schienen die Steine sämtliche Geräusche zu schlucken. Es würde also ein leichtes sein, sich der Stätte nachts unhörbar zu nähern. Man mußte nur wissen, wo Nine Sisters Henge war, oder bei Tageslicht einem Wanderer dorthin folgen und dann bis zum Einbruch der Dunkelheit warten. Und auch das war gewiß nicht schwierig. Das Moor war zwar riesig, aber auch nach allen Seiten offen. An einem klaren Tag konnte man kilometerweit sehen.
    Das Innere des Kreises war leer bis auf einen Steinblock zu Füßen des genau im Norden stehenden Pfeilers. Das Moorgras war von den Ausflüglern des vergangenen Sommers plattgetreten, an verschiedenen Stellen waren Überreste von Feuern, die Wanderer oder Anhänger irgendeines alten Glaubens hier angezündet hatten. Dem äußeren Rand des Kreises folgend, begann Lynley seine systematische Suche nach Nicola Maidens Pager. Es war eine mühselige Arbeit, die eine akribische Inspektion des Walls, des Grabens, des Grases zu Füßen der Steine und der alten Feuerstellen verlangte. Als er den ganzen Kreis abgegangen

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