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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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an.«
    Julian mischte sich ein. »Nan, die Bergrettung kann eine Suchaktion erst starten, wenn sie wenigstens eine Ahnung hat ...« Er wies zum Fenster, als erklärte das alles.
    Er war selbst Mitglied des Bergrettungsdiensts und hatte an Dutzenden von Einsätzen teilgenommen. Immer mußten die Retter zumindest eine allgemeine Vorstellung davon haben, wo sie mit ihrer Suche nach einem in Not geratenen Wanderer beginnen sollten.
    Da weder Julian noch Nicolas Eltern auch nur eine Vermutung hatten, wo Nicola zu ihrer Fußwanderung gestartet war, blieb ihnen keine andere Möglichkeit, als zu warten, bis es hell wurde und die Polizei einen Hubschrauber von der Royal Air Force anfordern konnte.
    Julian wußte, daß sie mit diesen spärlichen Informationen zu so später Stunde höchstens erreichen konnten, daß Constable Price bei der nächsten Bergrettungsorganisation anrief, um zu veranlassen, daß man dort gleich bei Tagesanbruch freiwillige Helfer zusammenzog.
    Doch es war ihnen offensichtlich nicht gelungen, den Constable vom Ernst der Lage zu überzeugen, sonst hätte er ohne Umschweife seine Vorgesetzten unterrichtet und darauf hingewiesen, daß ein Einsatz der Bergrettung erforderlich sei. Da er dazu jedoch nicht bereit war, blieb nur das Warten. Die Bergrettung reagierte nur auf Aufforderung der Polizei. Und die Polizei war – zumindest was Constable Price betraf – vorläufig nicht bereit, etwas zu unternehmen.
    Julian sah Andy an, daß er zu dem gleichen Schluß gekommen war. Er sagte: »Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind, Constable«, und fügte, als seine Frau protestieren wollte, hinzu: »Wir rufen Sie an, wenn unsere Tochter bis morgen abend nicht wieder da ist.«
    »Andy!«
    Er legte ihr den Arm um die Schultern, und sie drückte ihr Gesicht an seine Brust. Schweigend wartete er, bis der Polizeibeamte hinausgegangen und in seinem Wagen davongefahren war. Dann sagte er zu Julian, nicht zu Nan: »Sie wandert am liebsten am White Peak, Julian. In der Rezeption liegen Karten. Würdest du die mal herholen? Damit wir uns die Suche einteilen können.«
     

2
    Es war kurz nach sieben, als Julian am nächsten Morgen nach Maiden Hall zurückkam. Er fühlte sich so zerschlagen, als hätte er jeden möglichen Ort von Consall Wood bis Alport Height durchforscht. Mit der Taschenlampe in der einen Hand und dem Megaphon in der anderen hatte er sich ohne Hoffnung auf die Suche gemacht. Er war auf dem dichtumlaubten Waldweg von Wettonmill aus den steilen Hang zu Thor’s Cave hinaufgestapft. Er hatte das Gelände am River Manifold durchkämmt. Er hatte den Strahl seiner Taschenlampe die Flanke des Thorpe Cloud hinaufgesandt. Er war dem River Dove in südlicher Richtung bis zu dem mittelalterlichen Herrenhaus in Norbury gefolgt. Von Alton aus, einem kleinen Dorf, war er eine weite Strecke auf dem Staffordshireweg gewandert. Er war die einspurigen, von Hecken gesäumten Straßen hinauf- und hinuntergefahren, die Nicola bevorzugte. Immer wieder hatte er innegehalten und über das Megaphon ihren Namen gerufen. Bestrebt, sich bemerkbar zu machen, hatte er im Lauf seiner achtstündigen Suchaktion überall Schafe, Bauern und Camper aus dem Schlaf gerissen. Er hatte keinen Moment daran geglaubt, daß er Nicola finden würde, aber wenigstens hatte er etwas getan, anstatt zu Hause am Telefon zu sitzen und zu warten. Dem Ende zu waren nur Angst und Hoffnungslosigkeit geblieben. Und totale Erschöpfung, begleitet von brennenden Augen, lahmen Beinen und Rückenschmerzen von der nächtlichen Strapaze.
    Und Hunger hatte er. Er hätte eine ganze Hammelkeule heruntergeschlungen, wenn jemand ihm eine angeboten hätte. Merkwürdig, dachte er, am vergangenen Abend erst hatte er vor lauter Spannung und Nervosität sein Essen kaum anrühren können. Samantha war sogar ein wenig beleidigt darüber gewesen, daß er in ihrer köstlichen Seezunge mit Mandeln nur lustlos herumgestochert hatte. Sie hatte seine Appetitlosigkeit persönlich genommen, und während sein Vater schlüpfrig gewitzelt hatte, daß ein Mann eben andere Gelüste zu stillen habe, hatte Samantha die Lippen zusammengekniffen und den Tisch abgedeckt.
    Jetzt hätte er einem üppigen Frühstück, wie sie es aufzutischen pflegte, Gerechtigkeit widerfahren lassen können. Aber so, wie die Dinge lagen ... Es schien einfach unangebracht, an Essen zu denken – geschweige denn, darum zu bitten –, auch wenn die zahlenden Gäste von Maiden Hall sich spätestens in einer halben Stunde

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