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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dieser Fenster blieb sie stehen und schaute hinaus, für den zufällig vorüberkommenden Hotelgast scheinbar in die Betrachtung des Mondes vertieft, dessen Licht durch die Bäume fiel.
    Nervös nestelte sie an der Schlaufe, die den schweren Vorhang zusammenraffte. Die Fetzchen angeknabberter Haut rund um ihre Fingernägel blieben an dem rauhen Stoff hängen. Sie beobachtete die beiden Männer, die dort unten in ein Gespräch vertieft standen, und kämpfte gegen den Wunsch – den Impuls, das dringende Bedürfnis –, die Treppe hinunterzulaufen und sich unter irgendeinem Vorwand zu ihnen zu gesellen, um Erklärungen zu geben und für ihre Tochter einzutreten, deren komplexe Persönlichkeit leicht mißverstanden werden konnte.
    »Mama, glaub mir«, hatte Nicola gesagt, gerade zwanzig Jahre alt und auf der Haut noch den Geruch des Franzosen, der so penetrant war wie der Nachgeschmack korkigen Weins, »ich weiß genau, was ich tue. Ich bin alt genug, um zu wissen, was ich will, und wenn ich Lust habe, mit einem Mann zu schlafen, der mein Vater sein könnte, dann schlafe ich auch mit ihm. Das geht keinen außer mir was an, und es tut niemandem weh. Warum regst du dich so darüber auf?« Und dabei hatte sie Nan mit ihren klaren blauen Augen angesehen, so freimütig und offen und vernünftig. Dann hatte sie ihre Bluse aufgeknöpft, ihre Shorts ausgezogen und schließlich Büstenhalter und Höschen auf das Kleiderhäufchen geworfen. Als sie auf dem Weg zur Badewanne an ihrer Mutter vorüberkam, schlug Nan Ferrers Ausdünstung mit solcher Schärfe entgegen, daß ihr beinahe übel wurde. Nicola stieg in die Wanne und ließ sich ins Wasser gleiten, das über ihren kleinen Brüsten zusammenschlug. Aber nicht bevor Nan die blauen Flecken und Ferrers Zahnabdrücke auf ihrer Haut gesehen hatte. Und Nicola, die ihren Blick bemerkte, sagte: »Er mag es so, Mama. Derb. Aber er tut mir nicht weh. Und außerdem mache ich mit ihm genau das gleiche. Es ist ganz okay. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    »Sorgen?« rief Nan. »Ich hab dich nicht großgezogen, damit–«
    »Mama!« Sie nahm den Schwamm und tauchte ihn ins Wasser. Das Bad war voller Dampf, und Nan setzte sich auf die Toilette. Ihr war schwindlig, und sie hatte das Gefühl, die Welt um sie herum wäre verrückt geworden. »Du hättest mich nicht besser großziehen können«, sagte Nicola. »Aber hier geht’s gar nicht darum, wie du mich erzogen hast. Er ist sexy, es macht Spaß, mit ihm zusammenzusein, und ich bums gern mit ihm. Es ist doch Quatsch, etwas zum Problem aufzubauschen, was für uns beide überhaupt kein Problem ist.«
    »Er hat Frau und Kinder. Das weißt du. Er kann dich nicht heiraten. Von dir will er doch nur ... siehst du denn nicht, daß es ihm nur um den Sex geht? Ein nettes Verhältnis ganz ohne Verpflichtung. Begreifst du nicht, daß du für ihn nur ein Spielzeug bist? Die niedliche kleine englische Puppe.«
    »Mir geht’s doch auch nur um den Sex«, erwiderte Nicola unverblümt. Ihre Miene hellte sich auf, als wäre ihr plötzlich klargeworden, weshalb ihre Mutter so tief besorgt war. »Mama! Hast du wirklich geglaubt, ich liebte ihn? Daß ich ihn heiraten wollte oder so was? Nie im Leben, Mama! Das kann ich dir garantieren. Ich mag ihn ganz einfach, ich fühl mich gut, wenn ich mit ihm zusammen bin.«
    »Und was ist, wenn du eines Tages doch mehr von ihm willst und es nicht haben kannst?«
    Nicola träufelte flüssige Seife aus dem Spender auf den Schwamm. Einen Moment lang schien sie verwirrt, dann begriff sie und sagte: »Aber nein, wenn ich sage, ich fühl mich gut mit ihm, dann meine ich das rein körperlich. Ich mag es, wenn er mich anfaßt. Das ist alles. Er ist ein guter Liebhaber, und das macht Spaß. Mehr will ich nicht von ihm.«
    »Sex also.«
    »Genau. Er ist nämlich echt gut.« Sie neigte den Kopf zur Seite, lächelte spitzbübisch und zwinkerte ihrer Mutter zu. »Hast du’s auch schon mal mit ihm probiert?«
    »Nicola!«
    Sie drehte sich im Wasser herum und lehnte den Kopf gegen den Wannenrand, um ihre Mutter mit gewinnendem Blick anzusehen. »Es ist doch nichts dabei, Mama. Ich würde Dad nichts sagen. Sag schon, hast du’s mit ihm gemacht? Ich meine, wenn ich nicht hier bin, braucht er doch bestimmt jemanden ... komm schon. Sag’s mir.«
    Nan hätte am liebsten zugeschlagen, das hübsche kleine Gesicht genauso gezeichnet, wie Christian-Louis den geschmeidigen jungen Körper gezeichnet hatte. Sie wollte ihre Tochter bei den

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