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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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unverheirateten Tochter, die, wenn man Ferrer glauben durfte, gewisse Wünsche an ihn hatte, die er leider nicht befriedigen konnte.
    »Ich bin verheiratet«, erklärte er Lynley. »Allerdings lebt meine inniggeliebte Frau weiterhin in Nerville le Forêt, bis wir zusammenkommen können.«
    Ein solches Arrangement war, wie Lynley wußte, nichts Ungewöhnliches. Es kam ziemlich häufig vor, daß Ehepaare aus wirtschaftlichen Gründen getrennt lebten, weil der eine Partner der besseren Verdienstmöglichkeiten wegen an einen anderen Ort oder in ein anderes Land übersiedelte, während der andere mit den Kindern in der Heimatstadt zurückblieb. Doch eine Neigung zum Zynismus, die höchstwahrscheinlich erst durch allzuviel Kontakt mit Barbara Havers in den vergangenen Jahren zur Entfaltung gekommen war, machte ihn augenblicklich mißtrauisch gegenüber jedem Mann, der seine Ehefrau als »innig geliebt« bezeichnete.
    »Sie sind die ganzen fünf Jahre über hier gewesen?« fragte er.
    »Haben Sie wenigstens Gelegenheit, in den Ferien nach Hause zu fahren?«
    Bedauerlicherweise, erklärte Ferrer, sei einem Mann seines Metiers – wie übrigens auch seiner geliebten Frau und seinen wunderbaren Kindern – am besten gedient, wenn er seine Ferien darauf verwende, sich in seiner Kunst weiterzubilden. Zwar gebe es dazu auch in Frankreich Gelegenheit – und mit weit mehr Aussicht auf erfreuliche Erfolge, wenn man bedenke, mit welcher Nachlässigkeit in England mit dem Begriff »haute cuisine« umgegangen werde – aber man müsse eben auch an den Geldbeutel denken. Würde er in den Ferien zwischen England und Frankreich hin und her reisen, so würde er sehr viel weniger für die Zukunft seiner Kinder und einen gesicherten Lebensabend sparen können.
    »So eine lange Trennung«, sagte Lynley, »muß doch schwierig sein. Da fühlt man sich doch sicher einsam.«
    Ferrer brummte: »Tja, man tut, was man tun muß.«
    »Aber es gibt doch bestimmt Momente, wo man sich nach menschlichem Kontakt sehnt. Wenn auch nur nach geistigem Austausch mit einer verwandten Seele. Wir leben ja nicht von der Arbeit allein, nicht wahr? Und ein Mann wie Sie ... das wäre doch durchaus verständlich.«
    Ferrer verschränkte die Arme auf eine Weise, die seine kräftigen Muskeln zur Geltung brachte. Er war in so mancher Hinsicht die perfekte Verkörperung von Männlichkeit und ihres Bedürfnisses, sich zur Schau zu stellen. Lynley war sich bewußt, daß dies Klischeedenken der schlimmsten Art war, trotzdem ließ er es zu, weil er sehen wollte, wohin diese Denkweise ihre Unterhaltung führen würde. Mit einem vielsagenden Achselzucken, gewissermaßen von Mann zu Mann, bemerkte er: »Fünf Jahre ohne meine Frau – das würde ich nicht schaffen.«
    Ferrers Mund – vollippig, sinnlich – verzog sich leicht, und seine Augen wurden schmal. »Estelle und ich verstehen einander«, sagte er auf englisch. »Deswegen sind wir ja seit zwanzig Jahren verheiratet.«
    »Dann gibt es also gelegentlich schon mal ein Techtelmechtel hier in England.«
    »Nichts von Bedeutung. Estelle ist die Frau, die ich liebe. Das andere ...? Na ja, es war, was es war.«
    Ein nützlicher kleiner Versprecher, dachte Lynley und sagte:
    »War. Dann ist es also vorbei?«
    Und Ferrers Miene – plötzlich so wachsam – verriet Lynley den Rest. »Hatten Sie intime Beziehungen zu Nicola Maiden?«
    Schweigen.
    Lynley ließ nicht locker. »Sollten Sie und Nicola Maiden liiert gewesen sein, Monsieur Ferrer, so wird es weitaus weniger verdächtig aussehen, wenn Sie das hier und jetzt zugeben, statt es darauf ankommen zu lassen, daß die Wahrheit durch einen Zeugen ans Licht kommt, der Sie beide vielleicht zusammen gesehen hat.«
    »Ist doch völlig unwichtig«, sagte Ferrer, wieder in Englisch. »So würde ich die Möglichkeit, unter Mordverdacht zu geraten, nicht unbedingt einschätzen.«
    Ferrer hob den Kopf und griff wieder auf seine Muttersprache zurück. »Ich spreche nicht von Verdacht. Ich spreche von der Geschichte mit dem Mädchen.«
    »Soll das heißen, daß da nichts war?«
    »Das soll heißen, daß die ganze Sache unwichtig war. Sie hatte keine Bedeutung. Weder für mich noch für sie.«
    »Vielleicht können Sie mir das näher erklären.«
    Ferrer blickte zum Hoteleingang hinüber. Die Tür war geöffnet, um die laue Nachtluft hereinzulassen, und drinnen schlenderten einige Gäste angeregt plaudernd zur Tür. Ferrer hielt den Blick weiterhin auf das Haus gerichtet, als er zu Lynley

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