Undank Ist Der Väter Lohn.
würden Sie nicht wagen! Ich kenne meine Rechte.«
»Die weder die Anwesenheit von Journalisten verbieten, Paparazzi auf der Jagd nach Prominenz, noch die des netten Polizisten vom zuständigen Revier, der nur dafür sorgt, daß die älteren Damen ihre Hunde spazierenführen können, ohne Angst haben zu müssen.«
»Sie gottverdammter, unverschämter –«
»Tja, das Leben ist hart«, warf Nkata mitfühlend ein.
Sie starrte die beiden Männer wütend an. Als das Telefon zu klingeln begann, sprang sie auf und nahm den Hörer ab. »Was darf ich für Sie tun?« flötete sie.
Nkata verdrehte die Augen.
Vi Nevin sagte: »Warte, bleib dran. Ich sehe mal in meinem Büchlein nach.« Sie blätterte in einem Terminkalender. »Tut mir leid, das schaffe ich nicht. Da hat sich schon jemand angemeldet ...« Sie fuhr mit dem Finger die Seite herunter. »Um vier ginge es ... wie lang soll die Sitzung denn sein?« Sie hörte einen Moment schweigend zu, dann erwiderte sie mit einem leisen Lachen: »Mache ich dich denn nicht immer fit für sie?« Sie schrieb etwas in ihren Kalender. Dann legte sie auf und stand einen Moment da, die Hand noch immer auf dem Telefonhörer, als wäre sie tief in Gedanken versunken. Schließlich seufzte sie und sagte leise: »Also gut, dann.« Sie ging in die Küche und kam mit einem Briefumschlag zurück, den sie Lynley reichte.
»Hier ist das, was Sie suchen. Ich hoffe, es bricht Ihnen nicht das Herz, wenn Sie feststellen, daß Sie sich in bezug auf unsere Kunden völlig getäuscht haben.«
Der Umschlag war schon aufgerissen. Lynley zog den Inhalt heraus, ein einzelnes Blatt Papier mit einem kurzen Text, aus einzelnen Buchstaben zusammengesetzt, die allem Anschein nach aus Zeitschriften ausgeschnitten worden waren. »Die zwei Luder werden in ihrer eigenen Kotze verrecken. Und wenn sie noch soviel um Erbarmen winseln, das hilft ihnen gar nichts.« Nachdem Lynley gelesen hatte, reichte er Nkata das Blatt. Der überflog es und hob dann den Kopf.
»Genau wie die anderen am Tatort.«
Lynley nickte. Er berichtete Vi Nevin von den anonymen Briefen, die am Tatort gefunden worden waren.
»Ich hab sie ihr geschickt«, sagte sie.
Verblüfft drehte Lynley den Umschlag herum und sah, daß er an Vi Nevin adressiert war und einen Londoner Poststempel trug.
»Aber dieser Brief hier scheint mit den anderen identisch zu sein.«
»Ich wollte damit sagen, daß ich sie Nikki nachgeschickt habe«, erwiderte Vi. »Nicht als Drohung. Sie waren alle an mich adressiert. Hier. Zu Hause. Den ganzen Sommer über habe ich immer wieder welche bekommen. Ich habe Nikki mehrmals davon erzählt, wenn wir telefoniert haben, aber sie hat immer nur darüber gelacht. Darum habe ich sie ihr mit Terry nachgeschickt. Ich wollte, daß sie mit eigenen Augen sieht, daß die Situation eskalierte und daß wir beide anfangen mußten, vorsichtig zu sein. Aber das ist Nikki nicht eingefallen«, fügte sie bitter hinzu. »Herrgott noch mal, warum hat sie nie auf andere gehört?«
Lynley nahm den Brief wieder an sich. Er betrachtete ihn noch einmal prüfend, dann faltete er ihn zusammen und schob ihn wieder in den Umschlag. »Vielleicht wäre es gut, wenn Sie uns alles von Anfang an erzählen«, sagte er zu Vi Nevin.
»Der Anfang ist Shelly Platt«, antwortete sie.
Sie trat an das Fenster, das auf die Straße hinausging, und blickte hinunter, als erwartete sie, jemanden zu sehen. »Wir waren Freundinnen«, erklärte sie. »Wir waren unzertrennlich, jahrelang. Aber dann kam Nikki, und ich hab sofort erkannt, daß es vernünftiger wäre, mich mit ihr zusammenzutun. Shelly hat das nicht gepackt und hat angefangen, Ärger zu machen. Ich wußte ...« Ihre Stimme zitterte. Sie hielt inne. Dann: »Ich habe gewußt, daß sie früher oder später etwas Schlimmes tun würde.
Aber Nikki hat mir nie geglaubt. Sie hat immer nur darüber gelacht.«
»Worüber?«
»Über die Briefe. Und die Anrufe. Wir waren noch keine zwei Tage hier in der Wohnung –« Sie machte eine umfassende Geste »– da hatte sich Shelly schon irgendwie unsere Telefonnummer beschafft und fing an, hier anzurufen. Dann kamen die Briefe. Dann fing sie an, hier unten auf der Straße herumzulungern. Und dann hat sie die Karten gestohlen ...« Sie ging zum Barwagen hinüber, hob einen Eiskübel hoch und zog ein dünnes Bündel Postkarten darunter hervor. »Sie hat immer wieder gedroht, sie würde uns fertigmachen. Sie ist ein ganz mieses kleines –« Sie holte hastig Atem. »Sie
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