Undank Ist Der Väter Lohn.
ist von Neid und Eifersucht zerfressen.«
Die Karten, alle identisch mit der Schulmädchenkarte, die Lynley bereits gesehen hatte, waren durch Kritzeleien mit buntem Filzstift verunziert; irgend jemand hatte kreuz und quer die Namen diverser Geschlechtskrankheiten daraufgeschrieben.
»Die hat Terry bei seinen regelmäßigen Runden gefunden«, erklärte Vi Nevin. »Das kann nur Shelly gewesen sein. Das ist typisch für sie. Sie wird nicht eher Ruhe geben, als bis ich am Ende bin.«
»Erzählen Sie uns etwas über Shelly Platt«, forderte Lynley sie auf.
»Sie war mein Mädchen. Wir haben uns im C’est la vie kennengelernt. Kennen Sie das? Es ist eine französische Bäckerei mit Café drüben beim South Kensington Bahnhof. Ich hatte – na ja, eine kleine Abmachung mit dem Bäcker dort – Baguette, Quiche und Törtchen im Austausch für eine schnelle Nummer in der Herrentoilette –, und eines Tages war Shelly dort und verdrückte ein Schokoladencroissant, als Alf und ich nach unten gingen. Sie hat beobachtet, wie er mir hinterher eine volle Tüte gegeben hat, ohne etwas dafür zu verlangen, und das hat sie neugierig gemacht.«
»Wollte sie Sie erpressen?«
Die Frage schien Vi zu amüsieren. »Sie wollte wissen, was sie tun muß, um ihre Croissants umsonst zu bekommen. Außerdem fand sie meine Klamotten toll – ich hatte an dem Morgen auf Mary Quant gemacht – und an denen war sie auch stark interessiert.«
»An Ihren Kleidern?«
»An meinem ganzen Leben, wie sich bald herausstellte.«
»Ich verstehe. Und als Ihre Hausangestellte, wo sie jederzeit Zugang zu Ihren Sachen hatte –«
Vi Nevin lachte. Sie nahm zwei Eiswürfel aus dem Kübel auf dem Barwagen und vom untersten Bord eine kleine Dose Tomatensaft und mixte sich routiniert einen Bloody Mary. »Sie war nicht für meinen Haushalt zuständig, Inspector. Sondern für meine Termine. Sie hat die Anrufe von Kunden angenommen und Termine für mich ausgemacht.«
Vi Nevin rührte ihren Drink mit einem Glasstäbchen um, das von einem giftgrünen Papagei gekrönt war, legte es säuberlich auf eine Cocktailserviette und kehrte zum Sofa zurück. Nachdem sie ihr Glas auf dem Couchtisch abgestellt hatte, fuhr sie in ihrer Erklärung fort. Bevor sie im C’est la vie mit Shelly Platt zusammengetroffen war, hatte sie eine ältere Filippina beschäftigt, die sich um ihre Termine gekümmert hatte. Aber da heutzutage jeder philippinisches Hauspersonal habe, vorzugsweise ältere Frauen, habe sie es ganz witzig gefunden, zur Abwechslung ein junges Ding anzustellen. Sie habe sich vorstellen können, daß Shelly ein wenig zurechtgemacht nicht übel aussehen würde, vor allem aber sei die Kleine im Gewerbe so unerfahren gewesen, daß sie für einen Bruchteil dessen zu haben gewesen war, was diese Mädchen üblicherweise bezahlt bekamen.
»Bei mir hatte sie Kost und Logis und dreißig Pfund die Woche«, sagte Vi Nevin. »Und das war weit mehr, als sie auf dem Strich am Earl’s Court Bahnhof verdient hat. Damit hat sie sich nämlich durchgebracht, als ich sie kennenlernte.«
Drei Jahre waren die beiden zusammen gewesen. Dann aber hatte Vi Nevin Nikki Maiden kennengelernt und gleich erkannt, wie ungleich aussichtsreicher es wäre, sich mit ihr geschäftlich zusammenzutun. »Anfangs haben wir Shelly bei uns behalten. Aber sie konnte Nikki nicht ausstehen, weil sie plötzlich nicht mehr die erste Geige spielte. So ist Shelly nun mal, aber das habe ich natürlich erst mit der Zeit gemerkt.«
»Wie meinen Sie das, so ist sie?«
»Wenn sie sich einmal jemanden gekrallt hat, bildet sie sich ein, er wäre ihr Eigentum. Ich hätte das eigentlich gleich merken müssen, als sie mir die Geschichte mit ihrem Freund erzählte. Sie war ihm aus Liverpool nachgereist, als er nach London zog, und als sie hier ankam und von ihm zu hören bekam, daß er nichts mehr von ihr wissen wollte, hat sie losgelegt: Sie hat ihn verfolgt, ständig angerufen, hat vor seiner Wohnung herumgelungert, ihm dauernd Briefe geschrieben und Geschenke gebracht. Aber damals hatte ich natürlich keine Ahnung, daß das ihre Art war. Ich dachte, das wäre ein Sonderfall gewesen, eine Reaktion darauf, daß ihre erste Liebe mit einer Enttäuschung endete.« Sie trank einen kräftigen Schluck aus ihrem Glas. »Tja, ich war schön blöd.«
»Mit Ihnen hat sie es genauso gemacht?«
»Ich hätte es wissen müssen. Stan – das war ihr Freund – kam zu uns in die Wohnung, nachdem sie seine Autoreifen aufgeschlitzt
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