Undank Ist Der Väter Lohn.
Hanken. Als Upman nickte, sagte er aufgebracht: »Verdammt noch mal, Mann! Was ist los mit Ihnen? Warum haben Sie uns das nicht gleich gesagt, als wir gestern mit Ihnen gesprochen haben?«
Upman blickte zu ihm hoch. »Sie haben mich nicht danach gefragt«, versetzte er trocken. Was das hieß, war klar: Kein vernünftiger Mensch gab Antworten auf Fragen, die die Polizei nicht gestellt hatte.
»Na schön. Mein Fehler. Ich frage Sie jetzt. Hat sie Ihnen erzählt, daß sie ihr Studium aufgegeben hatte? Hat sie Ihnen auch gesagt, warum? Und wann hat sie es Ihnen erzählt?«
Upman inspizierte die Fahrradkette Zentimeter für Zentimeter, während er an ihr herumputzte. Unter der Wirkung des Lösungsmittels begannen Straßenstaub und Schmutzkrusten zu einer klumpigen braunen Soße aufzuweichen, die teilweise auf den Boden unter dem Fahrrad tropfte.
»Sie hat mich im April angerufen«, erklärte Upman. »Ihr Vater und ich hatten im letzten Jahr verabredet, daß sie den Sommer über bei mir arbeiten würde. Das war im Dezember. Ich sagte ihr damals, daß ich sie vor allem wegen meiner Freundschaft – eigentlich eher Bekanntschaft – mit ihrem Vater ausgewählt hätte, und bat sie, mir sofort Bescheid zu geben, wenn sie ein besseres Angebot bekommen sollte. Dann hätte ich den Job bei uns immer noch einem anderen Studenten anbieten können. Als ich von einem ›besseren Angebot‹ sprach, meinte ich natürlich ein Praktikum; aber als sie mich im April anrief, sagte sie mir, sie wolle die Juristerei ganz aufgeben. Sie hätte einen Job gefunden, der ihr viel mehr Spaß mache, erklärte sie. Mehr Geld, bessere Arbeitszeiten. Nun ja, das wollen wir doch alle.«
»Sie hat Ihnen nichts Genaueres über diese Arbeit gesagt?«
»Sie nannte eine Firma in London. Ich kann mich jetzt an den Namen nicht mehr erinnern. Wir haben uns nicht allzu lange bei dem Thema aufgehalten. Das ganze Gespräch dauerte nur ein paar Minuten und drehte sich hauptsächlich darum, daß sie im Sommer nicht bei mir arbeiten würde.«
»Aber dann hat sie doch bei Ihnen gearbeitet. Wie kam das? Haben Sie sie dazu überredet?«
»Keineswegs. Sie hat mich ein paar Wochen später noch einmal angerufen und gesagt, sie hätte sich das mit dem neuen Job anders überlegt. Sie wollte wissen, ob sie wie ursprünglich ausgemacht im Sommer bei mir arbeiten könnte, natürlich nur, falls ich noch niemand anderen gefunden hätte.«
»Sie wollte also doch weiterstudieren?«
»Nein. Das Studium war für sie endgültig erledigt. Ich habe sie danach gefragt, und sie hat es mir klipp und klar gesagt. Aber ich glaube, sie wollte es ihren Eltern noch nicht sagen. Die waren sehr stolz auf ihre Leistungen. Und schließlich hatte ihr Vater sich extra die Mühe gemacht, ihr diesen Praktikumsjob bei mir zu besorgen. Die beiden standen einander sehr nahe, und ich glaube, sie hatte Skrupel, ihn zu enttäuschen, zumal er sich vor den Leuten gern mit ihr brüstete. Meine Tochter, die Juristin – Sie wissen schon, was ich meine.«
»Und warum haben Sie ihr den Sommerjob gegeben? Sie hatte Ihnen doch offen gesagt, daß sie mit dem Studium nichts mehr am Hut hatte – sie war also keine Jurastudentin mehr. Warum haben Sie sie trotzdem eingestellt?«
»Ich kenne schließlich ihren Vater, ich hatte nichts dagegen, ein kleines Täuschungsmanöver mitzumachen, um ihn zu schonen. Wenn auch nur vorläufig.«
»Tut mir leid, aber das kaufe ich Ihnen nicht ab, Upman! Sie hatten doch was mit der Maiden. Die ganze Geschichte von dem Sommerjob war nichts als Schwindel. Und Sie wissen ganz genau, was das Mädchen in London getrieben hat.«
Upman zog das Bürstchen von der Fahrradkette weg. Brauner Schaum tropfte auf den Boden. Er sah Hanken an. »Ich habe Ihnen gestern die Wahrheit gesagt, Inspector. Es stimmt, sie war attraktiv. Und sie war intelligent. Und ich hatte nichts dagegen, gerade in der Saure-Gurken-Zeit zwischen Juni und September eine attraktive und intelligente junge Frau um mich zu haben. Als hübschen Blickfang sozusagen. Wobei ich bemerken möchte, daß ich nicht jemand bin, der sich von einem hübschen Blickfang von der Arbeit ablenken läßt. Kurz gesagt, als sie anrief und fragte, ob der Job noch zu haben wäre, hab ich sie mit Freuden genommen. Meine Partner übrigens ebenfalls.«
»Sie haben sie genommen?«
»Herrgott noch mal, nun kommen Sie mir bloß nicht mit solchen Haarspaltereien! Ich bin doch hier nicht im Kreuzverhör. Versuchen Sie gar nicht erst, mich mit
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