Undank Ist Der Väter Lohn.
brachte eine lebensgroße, anatomisch korrekte männliche Gummipuppe zum Vorschein, die hinter der Theke auf dem Boden gelegen hatte, und stellte sie auf. »Halten Sie ihn mal«, sagte sie zu Nkata. »Normalerweise liegt er auf dem Rücken, aber im Notfall, nur um es mal vorzuführen ... Hey! Halten Sie ihn am Hintern fest oder so. Der beißt nicht, Schätzchen.«
»Ich schweige wie ein Grab«, versicherte Lynley Nkata mit gesenkter Stimme. »Ihr Geheimnis ist bei mir sicher.«
»Ha, ha, sehr witzig«, sagte Nkata. »Ich hab noch nie einen Kerl am Hintern angefaßt. Egal, ob aus Plastik oder nicht.«
»Tja, beim ersten Mal ist die Angst immer am größten, nicht wahr?« Lynley lächelte. »Kommen Sie, helfen Sie der Dame.«
Nkata schnitt ein Gesicht, hielt aber die Puppe, die seitwärts gedreht und mit gespreizten Beinen auf der Theke stand, gehorsam am Kunststoffgesäß fest.
»So ist es gut«, sagte die Frau. »Und jetzt passen Sie auf.«
Sie nahm den Hodenspanner zur Hand und schraubte die beiden Ringbolzen auf jeder der zwei Seiten auf. Der Zylinder öffnete sich und ließ sich nun mühelos um den Hodensack der Gummipuppe legen, so daß die Hoden darunter frei herabhingen. Dann setzte sie die Ringbolzen wieder ein und erklärte dabei, daß die Domina sie so fest zu ziehen pflegte, wie der Freier es wünschte, und damit den Druck auf den Hodensack ständig vergrößerte, bis der Freier um Gnade flehte oder das Wort aussprach, das sie zuvor zur Beendigung der Folter vereinbart hatten.
»Man kann da auch Gewichte dranhängen«, bemerkte sie und zeigte auf die Ringe an den Ringbolzen. »Es kommt ganz darauf an, was einer mag und wieviel er braucht. Die meisten lassen sich gern auch noch dazu auspeitschen. Aber was soll’s. So sind Männer eben, nicht? Soll ich Ihnen einen einpacken?«
Lynley unterdrückte ein Lächeln bei dem Gedanken, Helen ein derartiges Souvenir zu präsentieren. »Vielleicht ein andermal.«
»Na ja, Sie wissen ja, wo Sie uns finden«, sagte die Frau.
Draußen auf der Straße atmete Nkata tief auf. »Das hätt ich mir nicht träumen lassen, daß ich noch mal so was zu sehen kriege. Ein einziger Grusel, die ganze Bude.«
»›Dämon des Todes?‹ Wer hätte gedacht, daß ein Messerstecher, der es mit Narbe aufnimmt, beim Anblick von ein bißchen Folter gleich in die Knie geht?«
Nkata lächelte verlegen, dann grinste er breit. »Wenn Sie mich vor anderen Dämon nennen, ist’s mit unserer Freundschaft aus, Mann.«
»Ich werd’s mir merken. Also, kommen Sie.«
Nachdem Barbara Havers sich an einem Imbißwagen am Ende von Walker’s Court ein dick belegtes Pitabrot zum Mittagessen genehmigt hatte, fand sie, es wäre vollkommen unsinnig, jetzt den ganzen Weg zum Yard zurückzufahren. Die Cork Street war schließlich ganz in der Nähe, praktisch nur ein Katzensprung von der Parkgarage entfernt, wo sie ihren Mini abgestellt hatte, bevor sie zum Soho Square marschiert war. Und da sie auf jeden Fall für eine Stunde würde zahlen müssen, ob sie nun so lange blieb oder nicht, schien es geradezu bewundernswert ökonomisch, jetzt gleich in die Cork Street hinüberzugehen, anstatt später, wenn sie pflichtschuldigst – und bestimmt völlig nutzlos – weitere Stunden am Computer abgesessen hatte, noch einmal in diese Gegend zurückzukehren.
Sie kramte die Geschäftskarte heraus, die sie in Terry Coles Wohnung gefunden hatte, und warf einen Blick darauf, um sich des Namens der Galerie zu vergewissern. »Bowers« stand da, und darunter der Name Neil Sitwell. Höchste Zeit, um herauszufinden, was Terry Cole bezweckt oder sich erhofft hatte, als er die Karte mitgenommen hatte.
Sie ging die Old Compton Street hinunter, überquerte sie, um in die Brewer Street einzubiegen, und wich so den Massen aus, die ihre Samstagseinkäufe machten, dem Verkehrsgewühl rund um den Piccadilly Circus und den Touristen, die das Café Royal in der Regent Street suchten. Sie fand die Firma Bowers ohne Mühe; direkt davor nämlich parkte ein riesiger Lastwagen, der den Verkehr in der Cork Street blockierte, Anlaß für einen erbosten Taxifahrer, die beiden Männer, die gerade eine schwere Kiste abluden, wütend zu beschimpfen.
Barbara betrat den Laden. Es schien keine Galerie zu sein, wie sie ursprünglich aufgrund der Karte, der angegebenen Adresse und Terrys künstlerischer Ambitionen angenommen hatte, sondern ein Auktionshaus etwa im Stil von Christie’s. Offenbar befand man sich mitten in den Vorbereitungen
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