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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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könnte.«
    »Was meinst du, hätte ich als Geldfälscher eine Zukunft?« fragte er. Die Sonne schien ihm direkt ins Gesicht, und er blinzelte gegen das helle Licht. »Das ist vielleicht die einzige Lösung.«
    »Meinst du?« fragte sie leichthin. »Keine reiche junge Erbin, die nur darauf wartet, verführt zu werden?«
    »Nein, sieht leider nicht so aus.« Er bemerkte ihren Blick auf den Wust von Unterlagen und Rechnungsbüchern, der auf seinem Schreibtisch ausgebreitet lag, weitaus mehr Papierkram, als er sonst dort liegen hatte, wenn er seine Berechnungen für die kommende Woche anstellte. »Ich wollte nur mal sehen, wo wir stehen«, erklärte er. »Ich hatte gehofft, ich könnte vielleicht irgendwo so um die zehntausend Pfund lockermachen – leider eine Illusion.«
    »Wofür?« Sie sah seine deprimierte Miene und fügte hastig hinzu: »Julie, bist du in einer Notlage? Ist irgend etwas schiefgelaufen?«
    »Das ist es ja gerade! Da läuft etwas genau richtig. Aber was da ist, reicht gerade bis zum Ende des Monats.«
    »Du weißt hoffentlich, daß du dich jederzeit an mich wenden kannst ...« Sie zögerte. Sie wollte ihn nicht beleidigen. Sie wußte, daß er ebenso stolz wie verantwortungsbewußt war. Sie formulierte es anders. »Wir sind doch eine Familie, Julie. Wenn du Geld brauchst – ich würde es auch nicht zurück haben wollen. Du bist doch mein Vetter. Du kannst es jederzeit haben.«
    Er war entsetzt. »Ich wollte nicht, daß du denkst –« »Hör auf! Ich denke überhaupt nichts.«
»Gut. Denn das könnte ich niemals. Niemals.«
    »In Ordnung. Reden wir nicht mehr darüber. Aber sag mir bitte, was passiert ist. Du siehst aus, als würde es dir das Herz zerreißen.«
    Er seufzte. »Ach, vergiß es«, sagte er und sprang mit einer schnellen Bewegung auf den Schreibtisch und von dort zum Fenster hinaus in den Hof. »Was tust du gerade? Ah, Fenster. Hast du eine Ahnung, wann die das letzte Mal geputzt worden sind, Sam?«
    »Als Edward für seine Wallis alles aufgegeben hat? Dummkopf der er war?«
    »Das ist wahrscheinlich richtig.«
    »Was? Meine Schätzung? Oder daß es dumm von ihm war, alles für sie aufzugeben?«
    Er lächelte resigniert. »Das weiß ich selbst nicht so genau.«
    Samantha sagte nicht, was ihr als erstes durch den Kopf ging: daß er noch vor einer Woche nicht so geantwortet hätte. Sie machte sich nur einen Moment Gedanken darüber, worauf diese Antwort schließen ließ.
    Gemeinsam machten sie sich ans Fensterputzen. Die alte Verglasung saß so unsicher in der Bleifassung, daß sie die Scheiben nicht einfach mit dem Schlauch abspritzen konnten; deshalb blieb ihnen nichts anderes übrig, als Scheibe für Scheibe mühsam von Hand zu reinigen.
    »Das kann ja dauern, bis wir alt und grau sind«, bemerkte Julian nach zehn Minuten wortlosen Putzens verdrossen.
    »Da könntest du recht haben«, antwortete Samantha. Sie hätte ihn gern gefragt, ob es ihm recht wäre, wenn sie solange bliebe, aber sie ließ den Gedanken vorbeiziehen. Es war offensichtlich, daß ihn etwas bedrückte, und sie mußte herausbekommen, was das war, und sei es auch nur, um ihm ihre immerwährende Anteilnahme an allem, was sein Leben betraf, zu beweisen. Sie versuchte, an ihn heranzukommen, indem sie ruhig sagte: »Julie, es tut mir wirklich leid, daß du solche Sorgen hast. Zusätzlich zu allem anderen. Ich kann nichts daran ändern, daß ... ich meine ...« Sie merkte, daß sie noch nicht einmal imstande war, den bewußten Namen auszusprechen. Nicht hier und nicht jetzt. Nicht Julian gegenüber. »Ich meine, was in den letzten Tagen passiert ist«, sagte sie schließlich. »Aber wenn ich sonst irgend etwas tun kann ...«
    »Es tut mir so leid«, antwortete er.
    »Natürlich tut es dir leid. Wie sollte es anders sein?«
    »Ich meine, es tut mir leid, wie ich mich dir gegenüber benommen habe ... als ich dich so ausgefragt habe, Sam. Über Dienstag nacht. Du weißt schon.«
    Sie richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf eine Fensterscheibe, die mit Vogelkot aus den Nestern in den Mauerspalten darüber verkrustet war. »Du warst erregt.«
    »Das war noch lange kein Grund, dich zu beschuldigen. Dir zu unterstellen, du hättest ... na ja, was auch immer.«
    »Die Frau ermordet, die du geliebt hast, meinst du.« Sie sah ihn an. Er war rot geworden.
    »Manchmal ist es, als wären die Stimmen in meinem Kopf einfach nicht zu bändigen. Ich fange an zu sprechen, und alles, was die Stimmen mir ständig einflüstern, rutscht einfach

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