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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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wann war das?«
    »Ich habe keine Ahnung. Der erste Mal wahrscheinlich um neun. Dann noch einmal gegen elf.« Als Hanken sich Maiden zuwandte, fügte sie hinzu: »Andy brauchen Sie nicht zu fragen. Er war eingeschlafen, und ich habe ihn nicht geweckt. Aber er war im Schlafzimmer. Den ganzen Abend und die ganze Nacht. Ich hoffe, Ihre diesbezüglichen Fragen sind damit erledigt, Inspector Hanken, denn allein schon die Vorstellung – der Gedanke, daß ...« Ihre Augen wurden feucht, als sie ihren Mann ansah. Der aber blickte zu der Schlucht hinüber, deren südliches Ende an der Stelle zu sehen war, wo die Straße einen Bogen nach Norden machte. »Ich hoffe, Sie haben keine weiteren Fragen«, sagte sie mit ruhiger Würde.
    Dennoch setzte Hanken die Vernehmung fort. »Haben Sie eine Ahnung, welche Pläne Ihre Tochter für die Zeit nach ihrer Rückkehr nach London hatte?«
    Maiden sah ihn unverwandt an, doch seine Frau blickte weg.
    »Nein«, antwortete er. »Darüber weiß ich nichts.«
    »Ich verstehe. Sie sind da ganz sicher? Sie möchten nicht noch etwas hinzufügen? Oder etwas erklären?«
    »Nichts«, versetzte Maiden und sagte zu seiner Frau gewandt: »Du, Nancy?«
»Nein«, antwortete sie.
Hanken schwenkte kurz den Plastikbeutel, in dem das Messer lag. »Sie kennen ja den Ablauf, Mr. Maiden. Sobald wir einen genauen Bericht des Labors haben, werden wir beide uns wahrscheinlich noch einmal unterhalten müssen.«
    »Das ist mir klar«, erwiderte Maiden. »Tun Sie Ihre Arbeit, Inspector. Machen Sie sie gut. Das ist alles, worum ich bitte.«
    Aber er sah seine Frau nicht an.
    Sie wirkten auf Hanken wie zwei Fremde auf einem Bahnsteig, die in irgendeiner Beziehung zu einem abreisenden Gast standen, dessen Bekanntschaft keiner von beiden zugeben wollte.
    Nan Maiden sah dem davonfahrenden Wagen des Inspectors nach. Ohne sich bewußt zu sein, was sie tat, begann sie an den abgekauten Fingernägeln ihrer rechten Hand zu knabbern. Andy stellte die Flasche Pellegrino, die sie ihm gebracht hatte, in eine Mulde, die sein Absatz in der weichen Erde rund um die mit Beton gefüllte Grube hinterlassen hatte. Er verabscheute Pellegrino. Er mochte keines der Mineralwasser, die angeblich gesünder waren, als ein Glas Quellwasser aus ihrem eigenen Brunnen. Und Nan wußte das. Aber als sie mit einem Blumenarrangement auf dem Weg in die erste Etage im Zwischenstock aus dem Fenster gesehen hatte; als sie den Wagen am Straßenrand anhalten und den Inspector hatte aussteigen sehen, war ihr kein besserer Vorwand als diese Flasche Wasser eingefallen, um in aller Eile hinunterzulaufen und zwischen die beiden Männer zu treten. Jetzt bückte sie sich, hob die Flasche auf und wischte die Erde weg, die am Glas haftete.
    Andy holte den Pfosten, an dem das neue Schild von Maiden Hall hängen sollte, stieß ihn aufrecht in den Boden und stützte ihn rundum mit vier kräftigen Holzpfählen ab. Dann schaufelte er den Rest des Betons in die Grube.
    Wann werden wir endlich offen miteinander reden? fragte sie sich. Wann werden wir es wagen können, das Schlimmste auszusprechen? Sie versuchte sich einzureden, daß sie sich nach siebenunddreißig Ehejahren auch ohne lange Worte verständigen konnten, aber sie wußte, daß das nicht der Wahrheit entsprach. Nur in den unbeschwerten Tagen prickelnder Verliebtheit und jungen Eheglücks reichten ein Blick, eine Berührung, ein Lächeln zwischen einem Mann und einer Frau. Und sie waren Jahrzehnte entfernt von diesen unbeschwerten Tagen. Sie waren mehr als dreißig Jahre und einen entsetzlichen, niemals zu verwindenden Tod entfernt von jener Zeit, als Worte Nebensache gewesen waren, weil das gegenseitige Verstehen so unmittelbar und natürlich war wie das Atmen.
    Schweigend klopfte Andy den Beton rund um den Pfosten fest. Gewissenhaft kratze er die Reste der Mischung aus dem Einer, bis nichts mehr übrig war. Dann griff er zu den Scheinwerfern. Nan hielt die Flasche Pellegrino im Arm und wandte sich ab, um zum Haus hinaufzugehen.
    »Warum hast du das gesagt«, fragte Andy schließlich.
    Sie drehte sich zu ihm um. »Was?«
    »Du weißt schon. Warum hast du ihm gesagt, du hättest nach mir gesehen, Nancy?«
    Die Flasche fühlte sich klebrig an in ihrer Hand. Sie lag ihr schwer auf der Brust, wie die plötzliche Warnung einer wohlmeinenden Freundin, die ein junges Mädchen davon abhält, dem Mann, der ihr Liebe verspricht, ihr Herz zu öffnen. Sie sagte:
    »Aber ich habe wirklich nach dir gesehen.«
    »Das ist

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