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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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wie die Dinge standen, und für die kommende Woche entsprechend planen können.
    Es wunderte Samantha daher nicht, ihn mit den Büchern beschäftigt zu sehen. Es überraschte sie allerdings, ihn schon das zweite Mal innerhalb von vier Tagen bei dieser Arbeit zu sehen.
    Während sie ihn noch beobachtete, fuhr er sich nachdenklich mit der Hand durchs Haar und tippte dann irgendwelche Zahlen in eine uralte Addiermaschine ein. Von ihrem Platz auf der anderen Seite des Hofs konnte Samantha das Surren und Klicken des alten Geräts hören, während es schwerfällig die ihm gestellten Aufgaben erledigte. Als es die Lösung ausspie, riß Julian den Kontrollstreifen ab und sah ihn sich prüfend an. Dann knüllte er ihn zusammen und warf ihn über seine Schulter. Schließlich wandte er sich wieder den Büchern zu. Samantha war zutiefst gerührt. Menschen, die so verantwortungsbewußt wie Julian waren, gab es nur selten. Ein weniger rücksichtsvoller und pflichtbewußter Sohn wäre längst aus diesem Zuhause, das der reinste Alptraum war, geflohen. Ein weniger liebevoller Sohn hätte seinen Vater früher oder später seiner Trunksucht, den unausweichlichen gesundheitlichen Folgen und einem frühen Grab überlassen. Aber so war ihr Vetter Julian nicht. Er fühlte sich der Familie und seinem Erbe verpflichtet. Beides war eine Last. Aber er trug sie mit Würde. Wäre es anders gewesen, hätte Samantha ihm niemals so viel tiefe Zuneigung entgegenbringen können. In seinem kämpferischen Bemühen sah sie eine Willensstärke, die ihrer eigenen Lebensauffassung nahe verwandt war.
    Sie gehörten zusammen, sie und ihr Vetter. Es spielte keine Rolle, daß zwischen ihnen eine Blutsverwandtschaft bestand, es war schon früher vorgekommen, daß Vettern und Cousinen Bündnisse eingegangen waren und dadurch die Familie, der sie beide entstammen, bereichert hatten.
    Ein Bündnis. Was für eine Bezeichnung für eine Beziehung zwischen Mann und Frau, dachte Samantha mit schmerzlicher Ironie. Und dennoch – war es in jener Zeit, als Ehen mit ebendiesem Ziel geschlossen worden waren, nicht viel vernünftiger zugegangen? In jenen Zeiten, als es üblich gewesen war, aus politischen und finanziellen Erwägungen zu heiraten, war von der großen Liebe nie die Rede gewesen, man hatte nicht mit schmerzlichem Sehnen und Verlangen auf die Begegnung mit der wahren Liebe gewartet. Statt dessen waren aus dem Verständnis dafür, was von einem erwartete wurde, mit der Zeit Beständigkeit und Hingabe erwachsen. Keine Illusionen, keine Wunschphantasien. Nichts weiter als eine Vereinbarung, das eigene Leben mit dem des anderen zu einer Gemeinschaft zu vereinen, aus der beide Partner viel zu gewinnen hatten: Geld, Stellung, Besitz, Autorität, Schutz und Authentizität. In der Hauptsache vermutlich das letztere. Man war nicht vollständig, solange man nicht verheiratet war; man war nicht verheiratet, solange die Ehe nicht durch Beischlaf vollzogen und durch Nachkommen legitimiert war. Wie einfach das alles gewesen war. Erwartungen romantischer Liebe und Flammen der Leidenschaft hatte es nicht gegeben; nur die zuverlässige, lebenslange Gewißheit, daß der Partner wirklich das erfüllte, was zuvor zwischen den Parteien vereinbart worden war.
    Vernünftig, entschied Samantha. Und sie wußte, daß es in einer Gesellschaft, in der Männer und Frauen auf diese Weise miteinander verheiratet wurden, zwischen ihrer und Julians Familie längst zu einer Vereinbarung gekommen wäre.
    Aber sie lebten nun einmal nicht in einer solchen Gesellschaft. In der Welt, in der sie lebten, wurde einem vorgegaukelt, die wahre Liebe sei nur einen kleinen Filmschnitt weit entfernt: Mann trifft Frau, sie verlieben sich ineinander, sie haben ihre Schwierigkeiten, die aber spätestens im dritten Akt gelöst sind, Happy-End, Abblende, Nachspann. Diese Welt fand Samantha zum Verrücktwerden, denn sie wußte, wenn ihr Vetter weiterhin an diese Art von Liebe glaubte, waren alle ihre Bemühungen zum Scheitern verurteilt. Hier bin ich, hätte sie am liebsten laut gerufen. Ich kann dir geben, was du brauchst. Sieh mich an. Sieh mich doch endlich an!
    Als hätte er ihren stummen Schrei gehört, blickte Julian genau in diesem Moment auf und ertappte sie dabei, wie sie ihn beobachtete. Er beugte sich vor und zog das Fenster ganz auf. Samantha ging über den Hof zu ihm.
    »Du siehst so niedergeschlagen aus. Ich habe gerade versucht, mir etwas einfallen zu lassen, was dich von deinen Sorgen erlösen

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