Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
ich werde nicht . . . « Das »nicht« schrie er laut heraus, und ich zuckte zusammen. Dann fuhr er in ganz normaler Tonlage fort: ». . . dulden, dass du Partei für Sinclair ergreifst.«
(Notiz für mich: Entweder hat der Tod diesen Typen um den Verstand gebracht, oder er war vorher schon nicht ganz dicht.)
»Sinclair?« Ich wurde fast ohnmächtig vor Erleichterung.
Obwohl ich nicht der Typ Frau bin, der leicht in Ohnmacht fällt. »Du machst dir Sorgen, dass ich mich mit diesem Scheißkerl zusammentun könnte? Mach dir darüber mal keine Gedanken, kleiner Mann. Den würde ich noch nicht mal mit der Kneifzange anfassen. Igitt!«
Nostro öffnete und schloss ein paar Mal langsam die Augen wie ein Frosch. Ein fetter, böser, toter Frosch. »Du wünschst keine Verbindung, weder mit meinem Clan noch mit Sinclair?«
»Mein Gott, jetzt hat er’s!«, sagte ich viel zu heiter und hoffte auf ein Lachen. Aber es herrschte weiterhin Schweigen. Ich hüstelte und führte aus: »Ich möchte mit niemandem von euch zusammen sein. Ich will keine Zeremonien oder Vampirpolitik, und ich will vor allem nicht, dass jemand meinen Freunden auflauert, weil ein anderer Jemand ganz heiß darauf ist, mit mir zu sprechen. Nichts von all-dem will ich. Ist nichts Persönliches«, fügte ich hinzu, als ich sah, dass sich seine Miene verdüsterte.
»Das habe ich auch nicht so verstanden«, sagte er mit gespieltem Ernst.
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Ich versuchte, es nicht sarkastisch klingen zu lassen, als ich fortfuhr: »Ich möchte nur meinen Tod so leben, wie ich auch mein Leben gelebt habe.« Ich schaute mich im Raum um und suchte Augenkontakt mit irgendjemandem –
irgendjemandem. »Kommt schon, Leute!«, sagte ich laut.
»Ich werde doch nicht die Einzige sein, die so denkt. Wollt ihr denn nicht eure Freunde wiedersehen? Vielleicht euren alten Boss aufsuchen und ihn so richtig zu Tode erschrecken? Oder euren Eltern mitteilen, dass ihr nicht ins Gras gebissen habt? Warum müssen wir uns denn in kleinen, untoten Hexenzirkeln zusammenrotten?«
»Um uns zu schützen, um . . . «
»Blödsinn. Diese Geschichten sind doch bloß Ammen-märchen. Wir haben es geschafft, unsere Seelen zu behalten. Warum können wir nicht auch Individuen bleiben?
Warum können wir das gottverdammte Licht nicht anma-chen? Warum tragt ihr alle Schwarz? Warum seht ihr aus wie Statisten bei einem zweitklassigen Vampirfilm? Jetzt mal ehrlich, was stimmt denn nicht mit euch?«
Nostro zuckte bei »gottverdammt« zusammen wie schon Shanara, aber abgesehen davon ließ ihn mein Appell völlig ungerührt.
»Genug«, sagte er, weil einige der anderen mich überrascht und nicht wenig neugierig betrachteten. »Ich hasse es, auf Phrasen zurückgreifen zu müssen . . . «
»Ach ja?«
». . . aber entweder bist du auf unserer Seite oder auf Sinclairs. Also?«
»Auf keiner von beiden! Beide seid ihr Widerlinge mit lächerlichen Namen.«
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»Lächerlichen Namen?«
»Nostro? Ich bitte dich! Ich wette hundert Dollar, dass das nicht der Name auf deiner Geburtsurkunde ist. Wie lautet dein richtiger Name? George? Fred? Ich wette, es ist etwas schrecklich Banales, weil du ganz eindeutig über-kompensierst.«
Ich hatte den Satz noch nicht beendet, da wusste ich, dass ich zu weit gegangen war. Wie der Blitz überwand er die zwei Meter Distanz zwischen uns, seine Hände griffen nach meiner Kehle und drückten mir die Luft ab. Was ein großes Problem gewesen wäre, hätte ich mehr als dreimal pro Minute atmen müssen.
»Schließ dich mir an!«, schrie er mir ins Gesicht.
»Urrgg«, sagte ich oder etwas Ähnliches. Ich wusste, dass ich eigentlich verschreckter hätte sein sollen, aber es war schwer, dieses Theater ernst zu nehmen. Im Film war der Böse wenigstens groß, überwältigend, gut aussehend und düster – wie Sinclair! Der Angriff von Nostro war eher, als fiele der Weihnachtsmann eines Supermarkts über mich her.
Er schüttelte mich wie eine Rumbakugel, während die anderen sich langsam näherten. Es waren zu viele, als dass sie mir ernsthaft hätten schaden können, ich sah und fühlte nichts als irgendwelche Fäuste. Nostro lockerte seinen Griff, und ich hörte ihn sagen: »In die Grube mit ihr!«
»In die Grube mit mir?«, krächzte ich. »BITTE. Hörst du dich manchmal reden? Oh, warte, ich verstehe, es nicht die, es ist DIE GRUBE. Tadaaaaah!« Die wogende Menge trug mich fort. Ich wehrte mich nicht, warum auch? Zwanzig gegen einen, da standen die Chancen schlecht. Stattdessen
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