Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
einmal kein dämlicher, prätenti-
öser Name!«
»Es ist die Kurzform für Christina Caresse Chavelle.«
»Na ja, du hast das Beste draus gemacht.«
Dann hörte ich ein Knarren, ein wirklich hässliches Quietschen. Dreckverschmierte Scharniere drehten sich mit quä-
lender Langsamkeit. Ich wollte mir die Ohren mit beiden Händen zuhalten, so unerträglich war das Geräusch. Tat es aber nicht, denn ich wollte weiterhin einen – sagen wir – coolen Eindruck auf Tina machen. Schließlich war sie mit mir in diese Grube gesprungen und hatte mir obendrein noch ein Geschenk gemacht. »Was zum Teufel ist das?«
»Das Tor öffnet sich. Die Biester werden losgelassen«, sagte Tina in ruhigem Ton, aber sie nagte an ihrer Unterlippe.
»Habt keine Angst.«
»Sprichst du mit mir oder führst du Selbstgespräche?«
»Beides«, gab sie zu.
»Vielleicht hätten wir weniger quatschen und mehr klettern sollen. Und jetzt ist es zu spät. Im Kino würde ich jetzt Popcorn in Richtung Leinwand werfen und die dämliche Heldin für ihre Blödheit beschimpfen.«
»Ich musste Eure Fragen beantworten, Majestät.«
»Oho, jetzt ist es mein Fehler? Klar, die Regierung ist immer schuld«, scherzte ich.
Sie schaute zu mir herauf. Verdammt, war das Mädchen winzig. Sie reichte mir noch nicht einmal bis zur Schulter.
Niedlich. Wie ein kleiner Käfer. »Sie werden Euch nur über meine Leiche bekommen, Majestät.«
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Ich unterdrückte ein Lachen. »Danke, Tina. Aber das wäre wohl nicht sehr königlich, oder? Sich hinter jemandem verstecken, der kleiner ist? Wie viel wiegst du? Neunzig Pfund?«
Wir hörten ein Rascheln, wie Wind, der durch einen Umhang fuhr, und dann sah ich Augen im Dunkeln, kleine, düstere Kohlenstücke. Ich zählte zehn Kohlenstücke. DIE
GRUBE hatte anscheinend noch einen anderen Zugang als die Öffnung über unseren Köpfen. Aber der war wohl blo-ckiert, denn sonst würden die Biester ja draußen im Mondlicht herumtollen wie große, böse Hundebabys. Falls wir es schafften, sie zu überwältigen (großes, großes FALLS), würden wir genug Zeit haben, um aus dem Schacht zu klettern. Aber was dann?
Tina trat vor mich, als das erste Biest uns erreicht hatte.
Ich bedauerte fast, so gut im Dunkeln sehen zu können.
Sie hatten etwas Menschliches, wie ja auch der Teufel etwas Menschliches hat. Obwohl Zweibeiner, krabbelten sie doch auf allen vieren. Ihr Haar war für Männer (oder Frauen? – das Geschlecht war nicht genau auszumachen) lang und strähnig und fiel ihnen immer wieder in die Augen.
Ihr Mund wies riesige Reißzähne auf, scharf und Furcht einflößend. Ihre Wangen waren so eingefallen, dass jedes Supermodel vor Neid erblasst wäre. Sie waren in Lumpen gekleidet, dreckig und erbärmlich, und obwohl sie es auf mich abgesehen hatten, fühlte ich doch Mitleid mit ihnen.
Diese Dinger waren Nostros Haustiere, und er kümmerte sich nicht gut um sie.
»Zurück, Jungs«, sagte ich mit einer Stimme, die von den Wänden der Grube donnernd widerhallte. »Ihr wollt euch 164
doch nicht mit einer arbeitslosen Sekretärin anlegen. Wir sind sehr reizbar.«
Die Biester zuckten zurück, aber vermutlich nicht wegen meiner Drohung. Plötzlich fiel mir auf, dass ich besser sehen konnte als noch einige Sekunden zuvor.
Das Kreuz. Das Kreuz um meinen Hals schimmerte.
Nicht stark. Das Licht war nicht strahlend weiß, wie man es aus Filmen kennt. Sein Schimmern war zart und gelblich – und das Kreuz brannte auch nicht auf meiner Haut. Es war noch nicht einmal warm. Die Biester konnten es jedoch nicht ertragen. Und Tina ebenfalls nicht, denn sie vergrub das Gesicht unter ihren Armen.
»Augenblick mal!« Die Haare . . . das Krabbeln . . . mehr Tier als Mensch . . . Ich kannte diese Biester. »Ihr habt mich überfallen! Vor Khans, im letzten Herbst!« Die Erkenntnis haute mich fast um. Ich verspürte den Drang, ihnen in ihre bösartigen Rippen zu treten. Es war eine erschreckende Er-leuchtung, unglaublich, aber plötzlich wusste ich, wie ich zu einem Vampir geworden war. Diese . . . Dinger hatten mich angesteckt. Dann war da noch dieser Typ einige Monate später, und was immer die Biester mit ihrem Kratzen und Beißen in meinen Blutkreislauf gebracht hatten, war aktiv geworden.
Funktionierten deshalb die meisten Anti-Vamp-Mittel nicht bei mir? Weil ich nicht durch einen Vampir gestorben, sondern nur von einem infiziert worden war? Oder von fünf?
Ich schüttelte mich wie ein Hund, um wieder einen klaren Kopf zu
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