Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
bekommen. Ich musste wie ein Idiot ausgesehen haben, mit meiner hängenden Kinnlade, aber für solche 165
Überlegungen war jetzt keine Zeit. Die Biester schreckten immer noch vor mir oder dem Kreuz zurück. Jetzt wusste ich, warum Nostro mich hierhergebracht hatte. Diese kleinen, unangenehmen Kerle hätten jeden normal neu auferstandenen Vampir in Stücke gerissen. Wäre nicht die mutige Tina gewesen, würde ich jetzt von den Biestern geschrotet.
»Haut ab«, sagte ich sanft und trat einen Schritt vor. Sie wieselten zurück, drehten sich um und flohen.
»Komm, Schnuckelchen, lass uns aus diesem Loch verschwinden. Und mit deinem Boss habe ich auch noch ein Wörtchen zu reden.«
»Nostro ist nicht mein Boss.« Tina klang tödlich beleidigt.
Ich ließ das Kreuz wieder unter mein Shirt gleiten, und sie senkte langsam die Arme. »Ihr seid mein Boss.«
»Darüber sprechen wir später. Komm jetzt.«
Es war ein Kinderspiel, aus dem Schacht zu klettern. Die Wände waren gemauert mit zahlreichen vampirfreundli-chen Spalten. Niemand stand Wache. Nostro musste sehr zuversichtlich gewesen sein, dass wir verspeist würden.
Zu zuversichtlich, Arschloch. Sah er sich denn niemals James-Bond-Filme an? Man darf den Helden niemals, unter keinen Umständen, aus den Augen lassen.
Tina kannte den Weg hinaus, und ich folgte ihr. Einige bemerkten uns, aber sie hatten zu viel Angst, um Alarm zu schlagen. Stattdessen zuckten sie zurück, als wir näher kamen, und mieden unseren Blick. Interessant.
Obwohl sie meinen Hintern gerettet hatte und ich warme und freundliche Gefühle für sie hegte, hatte ich doch ein großes Problem mit ihrem nächsten Vorschlag.
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»Scheiße, nein!«
»Bitte, Majestät.«
»Betsy, verdammt!«
»Es ist zu Eurer eigenen Sicherheit. Sinclair muss wissen, was Nostro versucht hat. Und was ihm nicht gelungen ist.
Dies ist unsere Chance, uns zusammenzutun und ihn ein für alle Mal zu besiegen. Wenn Ihr Euch auf Sinclairs Seite schlagt, wird Nostro vernichtet werden.«
»Ich hasse den Drecksack.«
»Welchen?«
»Ehrlich gesagt, beide. Aber ganz besonders den eingebildeten Widerling, Sink Leer.«
»Nun ja«, mir schien, als wählte Tina ihre Worte sehr behutsam, »wenn Ihr uns helft, Nostro zu besiegen, werdet Ihr die rechtmäßige Königin sein. Ihr könntet dem Widerling befehlen, die Stadt zu verlassen.«
»Das klingt schon besser«, stimmte ich zu. »Aber ich habe keinerlei Qualifikation für den Job als Queen.«
»Das ist nicht richtig«, sagte sie ruhig, »Ich weiß es. Eure Ankunft wurde prophezeit.«
Irgendein Idiot hatte seinen Schlüssel im Schloss eines Lexus stecken gelassen, also kletterten wir hinein und fuhren davon. Tina schlug südliche Richtung ein. Ich hatte kein schlechtes Gewissen. Geschah dem Lexus-Fahrer recht, wenn er in der Nachbarschaft von Vampiren lebte. Wahrscheinlich war er sogar selbst ein Vampir. Außerdem würde ich den Wagen an einem sicheren Ort abstellen. Nach allem, was ich diese Woche erlebt hatte, würde ein kleiner Auto-diebstahl mir wohl kaum den Angstschweiß ins Gesicht treiben, oder?
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»Meine Ankunft wurde also prophezeit«, sagte ich und klammerte mich an der Armlehne fest, als Tina eine Kurve auf zwei Reifen nahm. »Das hast du vorhin gesagt.«
»Es gibt da ein Buch. Wir Vampire nennen es Tabla Morto.
Schon vor tausend Jahren wussten Vampire, dass Ihr eines Tages kommen würdet. Eine Königin wird wiederkehren, mit Macht größer als die eines Vampirs. Kein Durst wird sie verzeh-ren und kein Kreuz wird sie verletzen und die Bestien werden ihre Freunde sein und sie wird über die Toten herrschen.« Tina nickte zufrieden.
»Du liebe Güte!« Ich hüstelte. Die Stelle mit den Bestien . . . das erklärte die Hunde. Während wir vom Haus zum Auto gegangen waren, hatten sich alle Hunde in der Nachbarschaft losgerissen und mich freundlich um-ringt. Während ich fluchte und schimpfte und versuchte, sie mit sanften Fußtritten zu verscheuchen, hatte Ti-na das Schauspiel mit großen Augen beobachtet. Als wir losgefahren waren, hatten sie hysterisch unseren Rücklichtern hinterhergebellt. Was für ein unauffälliger Abgang!
»Eine hübsche Geschichte.«
Tina lächelte nicht. »Das seid Ihr, Majestät. Seit tausend Jahren seid Ihr der erste Vampir, der ein Kreuz in Händen halten kann, ohne zu schreien, sich zu übergeben oder verbrannt zu werden.«
»Das ist noch gar nichts. Du solltest erst einmal meine anderen Partytricks sehen.«
»Nostro hat Euch
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