Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
schrecklich ärgerte. Noch nie hatte ich mich so zu jemandem hingezogen gefühlt, den ich derart verachtete, und das machte mich wütend.
Ich fühlte seine Hand in meinem Kreuz mich fester an ihn pressen und spürte etwas Langes, Hartes gegen meinen Bauch. Wie konnte das sein, nach allem, was oben passiert war? Brauchte er nicht mal eine kleine Erholungspause?
Oder eine Dusche?
Er trat so plötzlich zurück, dass ich ins Stolpern geriet.
»Also«, sagte er unanständig zufrieden, »jetzt bleibst du, und wir können uns unterhalten.«
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Als ich zuschlug, hörte ich ein deutliches Knacken und sah zufrieden, wie er zurücktaumelte.
»Wenn du mich noch einmal anfasst, töte ich dich.« Ich heulte beinahe vor Wut, drehte mich um, tastete nach dem Türgriff und rannte aus dem Zimmer.
Ich schenkte Dennis, der mich anstarrte, keine Beachtung und auch nicht Tinas ängstlichem Rufen: »Wartet!« Ich riss die Eingangstür auf. »Schaut noch einmal gut hin«, sagte ich grimmig, »weil ihr mich nämlich niemals wiedersehen werdet.«
Tina brach in Tränen aus, ich schlug die Tür zu, um es nicht hören zu müssen. Und fühlte mich nicht schlecht.
Nicht ein bisschen. Absolut nicht.
Nein.
Verdammt seist du, Sinclair!
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Wieder musste ich ein Auto knacken, um nach Hause zu kommen. Beim Umrunden des Gebäudes fand ich Sinclairs Garage. Dort stand ein halbes Dutzend blitzblanker Wagen.
Praktischerweise waren die Schlüssel alle nummeriert und hingen griffbereit an einem Brettchen bei der Tür. Ich wähl-te den für den Jaguar. Niemand versuchte mich aufzuhalten.
Glück für sie.
Ich fuhr wie eine Verrückte und verschmähte auch die Sicherheitsgurte. Warum auch nicht? Ein Autounfall konnte mir ohnehin nichts anhaben. Und ein kleiner Flug durch die Windschutzscheibe wäre nach den Ereignissen dieses Tages nur eine Abwechslung für mich gewesen. Der Wagen war klasse – schwarz, mit einem zarten Duft von teurem Leder und einem Gaspedal, das sich butterweich bis zum Anschlag durchtreten ließ. Die vierzig Meilen Strecke schaffte ich so in zwanzig Minuten.
Mit quietschenden Reifen kam ich in meiner Auffahrt zum Stehen und sprang aus dem Auto. Die Schlüssel ließ ich stecken. Es war kindisch, ich weiß, aber ich hoffte wirklich, jemand würde den Jaguar stehlen. Der Gedanke, dass Sinclair auf einer Polizeiwache einen Bericht nach dem anderen ausfüllen müsste, munterte mich ungeheuer auf.
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Dann bemerkte ich, dass ein riesiger Riss meine Haustür spaltete, als hätte jemand permanent dagegengetreten. Wie angewurzelt blieb ich auf meiner Veranda stehen.
Ich gestehe, ich wollte nicht wissen, wer in mein Haus eingebrochen war. Wer immer es war, er sollte sich allein mit meiner Baumwollbettwäsche, meinem schmutzigen Geschirr und den flauschigen Badezimmerteppichen ver-gnügen.
Ich drehte mich gerade auf dem Absatz um, um mich bei meiner Mutter drei oder vier Stunden lang auszuheulen, als . . .
»Bets! Bist du das?« Das war Jessicas Stimme.
»Komm schnell rein.« Und das Marcs.
Was war das jetzt schon wieder? Ich drückte die Tür auf und ging langsam ins Haus. Wenigstens ging es Jessica gut, zumindest ihrer Stimme nach zu urteilen. Shanara konnte sie also nicht allzu schlimm verletzt haben. Du meine Güte, war es erst drei Stunden her, dass sie uns in der Gasse aufgelauert hatte? Es schien mir eher wie drei Jahre.
Meine Freunde knieten neben einem großen Haufen Kleider mitten auf dem Schlafzimmerboden. Marc hatte einen frischen Verband um den Hals und trug noch immer das Krankenhausarmband. Jessica schien völlig wiederhergestellt. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich für eine kurze Zeit überhaupt nicht mehr an sie gedacht hatte. »Seid ihr okay?«
»Jepp. Und du, Schätzchen? Du siehst ein bisschen blass aus um die Kiemen. Mehr als sonst, meine ich«, gluckste Jessica. Dann wurde sie wieder ernst und deutete auf den 196
Kleiderhaufen. »Du hast ein Problem, Betsy! Ich meine ein neues. Neben denen, die du ohnehin schon hast.«
Marc stupste den Kleiderhaufen an – und es war Nick!
Er sah furchtbar aus. Wie drei Tage ohne Nahrung, fünf Tage ohne Schlaf und mindestens zehn Tage ohne Bad.
Sein Haar bestand nur noch aus fettigen Zotteln, und er glotzte mich mit blutunterlaufenen Augen an, in denen mehr Rot als Weiß zu sehen war. »Mehr«, brachte er heraus,
»Mehrmehrmehr.«
»Nein, mein Gott, nein!« Ich eilte zu ihm. »Jesus, Nick, was ist passiert?«
»Wir hatten gehofft, du
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