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Undead 01 - Weiblich, ledig, untot

Undead 01 - Weiblich, ledig, untot

Titel: Undead 01 - Weiblich, ledig, untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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fallen gelassen. »Du bist . . . du bist gerade erst auferstanden?« Sie wich tatsächlich vor mir zurück! »Aber du bist nicht . . . du müsstest dich auf mich stürzen. Ich . . .
    ich kann nicht hier in deiner Nähe bleiben. Tut mir leid, du scheinst ganz nett zu sein, aber . . . «
    »Hör sofort damit auf«, schnappte ich. »Dein Gestam-mele à la Hugh Grant macht mich nervös. Ich werde dich nicht beißen. Und ich bin nicht durstig. Okay, meinetwegen, vielleicht bin ich es ein bisschen. Aber ich habe es unter Kontrolle. Wirklich. Das habe ich. Sonst wäre ich doch schon über Mitzi im Flur hergefallen, oder?«
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    Karen drückte sich gegen die Wand am anderen Ende des Raumes. Ich konnte sie kaum sehen. Blöde Riesenküche.
    »Na ja, dann . . . und du bist schon irgendwie interessant.«
    Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Und ich habe mein Kruzifix nicht dabei.«
    »Das würde dir ohnehin nichts nutzen«, sagte ich entschuldigend. »Die kann ich nämlich berühren. Wahrscheinlich könnte ich sie sogar essen. Kein Problem. Ich trage sogar selbst eins.«
    Jetzt wagte sie sich aus ihrer Ecke heraus. »Echt? Du kannst deinen Appetit kontrollieren und Kruzifixe tragen?«
    »Hatten wir das Thema nicht schon abgehakt? Deine Auf-merksamkeitsspanne ist so klein wie deine Füße. Was soll ich sagen? Ich bin ein Rätsel, eingewickelt in ein Mysterium und garniert mit . . . «
    »Nichts davon stimmt. Aber wer bist du?« Jetzt stand sie ganz nah vor mir – musste die Küche rasend schnell durchquert haben – und starrte mir ins Gesicht.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich bin . . . nur ich, nehme ich an. Nur Betsy. Oder das, was ich immer gewesen bin.«
    »Ich glaube nicht, dass wir einander vorgestellt wurden.
    Ich bin Karen Helmboldt.« Vorsichtig reichte sie mir ihre Hand und erwartete wohl, dass ich hineinbiss. Aber ich schüttelte sie nur kurz.
    »Schön, dich kennenzulernen.«
    »Ebenso – glaube ich.«
    Während ich noch über ihre Antwort lachte, hatte sie sich gebückt, den Kessel aufgehoben, wieder gefüllt und auf den Herd gestellt. Dann fand sie ein Handtuch und wischte das Wasser auf dem Boden auf. Dabei behielt sie 248

    mich die ganze Zeit über scharf im Auge. »In jedem Fall war es sehr interessant, dich kennenzulernen. Hier war es einfach zu ruhig in letzter Zeit. Du bist das Originellste, was mir seit . . . äh . . . «
    »Wirklich ganz schön ruhig hier, was?«
    »O ja, Gott sei Dank«, sagte sie feierlich. Dann zuckte sie zusammen. »Tut mir leid! Oh, nein . . . das tut mir leid! Ich vergaß . . . «
    »Himmel, beruhige dich. Ich dachte immer, ihr Briten seid allzeit entspannt und locker.«
    »Nicht an Tagen wie diesen«, sagte sie trocken.
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    Nach dem Tee bat ich Karen, mir die Bibliothek zu zeigen.
    Nicht dass ich ein Bücherwurm gewesen wäre, aber ich wollte wissen, welche Art von Büchern Sinclair so herumliegen hatte. Und wenn er Geschichtsbücher besäße, würde ich versuchen, ihn oder Tina oder Dennis darin zu finden.
    Oder Nostro. Kenne deine Feinde, heißt es doch so schön, selbst wenn der Feind eine alte Zicke mit Bierbauch ist.
    Oder sagte man in diesem Fall Blutbauch?
    Überraschung, Überraschung – die Bibliothek kam direkt aus einem Katalog des neunzehnten Jahrhunderts. Dunkle Wände, ein dicker, weinroter Teppich, in den ich bis zu den Knöcheln einsank, Mahagonimöbel und zahllose Bü-
    cherregale. Der Tisch war so groß, dass daran drei Leute bequem arbeiten konnten, ohne dass sich ihre Ellbogen je berührt hätten. Lächerlich! Wenn ich nicht mit Sicherheit gewusst hätte, dass Sinclair nichts, aber auch gar nichts kompensieren musste, hätte ich mir meine Gedanken gemacht.
    An der Wand hinter dem Tisch hing ein gerahmtes Fo-to. Die darauf abgebildeten Männer hatten Sinclairs unergründliche Augen, doch einer von ihnen war ein Teenager und der andere ein Mann in den Fünfzigern. Die Frauen waren klein und zierlich, mit dunklem Haar und mandel-250

    förmigen Augen, und da das Foto in Schwarzweiß war, konnte ich die Augenfarbe nicht erkennen. Nur das Mädchen lächelte. Es war ungefähr dreizehn Jahre alt. Das ist seine Familie, dachte ich. Seine Eltern und seine Schwester.
    Alle tot. Ich frage mich, ob er wohl, als das Foto gemacht wurde, damit gerechnet hatte, dass er das einundzwanzigste Jahrhundert erleben würde.
    Es war das einzige Foto im Raum.
    Ich fuhr mit dem Finger über die Buchrücken auf den Regalen. Shakespeare. Selbstverständlich. Die ganze

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