Undead 01 - Weiblich, ledig, untot
wie Sand am Meer – wenn das nicht unfair war?
Mehr Krankenschwestern, weniger Strafzettel – das ist mein Motto!
Vor meiner Tür hielt er an und beugte sich ein wenig herunter, um in den Wagen zu sehen. Ich schenkte ihm ein breites Lächeln. Und da kam sie schon, die dumme Frage Nummer eins:
»Guten Abend, Ma’am. Wissen Sie, wie schnell sie gefahren sind?«
Aber nein! Auch wenn ich die Frau am Steuer war, keinen Beifahrer hatte und die Geschwindigkeitsanzeige vor mir eine leuchtend runde Scheibe war, hatte ich keine Ahnung.
Fünfundzwanzig Meilen? Dreißig?
»Es tut mir leid, Officer. Ich hatte es eilig, nach Hause zu kommen. Ich glaube, ich habe nicht richtig aufgepasst.«
Klimper, klimper. Diese Nummer hatte eine fünfundsiebzig-prozentige Chance auf Erfolg, vor allem wenn ich meinen wildledernen Minirock anhatte: Hoppla, ich Dummerchen, das passiert mir heute zum ersten Mal, können Sie mich nicht einfach laufen lassen, Sie großer, starker Mann?
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Er stand immer noch vornübergebeugt und starrte mich an. Ich versuchte der dummen Frage Nummer zwei zuvorzukommen. »Ich fürchte, ich habe meinen Führerschein zu Hause vergessen. Und die Fahrzeugpapiere habe ich auch nicht. Dies ist gar nicht mein Auto. Es gehört . . . « Wem?
Meinem freundlichen Feind? Nemesis? Dem Arschloch vom Dienst? Meinem untoten Quälgeist? Dem Widerling mit dem peinlichen Musikgeschmack? ». . . äh, ich habe ihn nur geborgt.«
Der Polizist machte ein dämliches Gesicht und lächelte mich süß an. »Sie sind niedlich.«
Jawohl! Post mortem schien die Masche hundertprozen-tig zu funktionieren!
Zum ersten Mal wurde ich mir darüber klar, welche Möglichkeiten ich in Zukunft haben würde. Wenn man von mir erwartete, dass ich der Schokolade entsagte, musste es schließlich auch eine Entschädigung geben. Geschwindig-keitsbegrenzungen galten ab jetzt für mich nicht mehr!
»Niedlich«, sagte der Polizist, für den Fall, dass ich es beim ersten Mal nicht verstanden hatte. Als ob ich das hätte können! »Sie sind richtig niedlich. Hmmmm.«
»Danke. Kann ich jetzt gehen?«
»Ja-ha.«
»Okay.«
Er rührte sich nicht. Ich hatte Angst, dass ich ihm über die Zehen fahren könnte, daher befahl ich: »Gehen Sie bitte zurück. Steigen Sie in Ihren Wagen. Stellen Sie heute Nacht keine Radarfallen mehr auf.«
Und er gehorchte aufs Wort.
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22
Ich stolperte in mein leeres Haus. Natürlich war ich stark genug, die Bücher zu tragen, aber ich hatte sie so unge-schickt gestapelt, dass ich kaum sehen konnte, wohin ich trat.
Ich ließ die Bücher auf meinen Couchtisch poltern. Das dünne Gestell erzitterte, brach aber glücklicherweise nicht zusammen. Dann ging ich in die Küche.
Um mich von meinem quälenden Durst abzulenken, brauchte ich mehr Tee. Die meiste Zeit gelang es mir, ihn zu ignorieren, aber jetzt wurde es immer schwerer. Wann hatte ich das letzte Mal Blut saugen können? Sicherlich war das schon zwei Nächte her. Irgendwann musste ich nach-geben und endlich etwas zwischen die Zähne bekommen.
Vielleicht würde ich einfach warten, bis es noch dunkler wurde, dann einen Spaziergang unternehmen und mich ausrauben lassen.
Am Kühlschrank hing ein mit Marinarasoße beschmier-ter Rezeptzettel, auf den eine Notiz gekritzelt war. Marc weigerte sich standhaft, Servietten zu benutzen. Unglaublich, er sah so proper und gepflegt aus und war solch ein Ferkel. Ich hatte gedacht, dass Schwule gar nicht unordentlich sein durften.
Ich trat näher und las:
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Hallo, verehrte Vampirkönigin. Hoffe, der Nachhilfekurs mit Wie-heißt-er-noch-Mal ist gut gelaufen. Wenn er dir dumm kommt, übernehme ich ihn gerne. Jessica kommt spät, sie arbeitet heute Abend im Foot. Und ich habe diese Woche Nachtschicht. Im Kühlschrank brauchst du gar nicht erst nachzuschauen, wir haben die ganze Milch leer getrunken. Vielleicht bringe ich ein paar Patientenakten mit, die wir uns angucken können. Hungrig?
M.
Marc hatte es faustdick hinter den Ohren! Er hatte seinen Plan, eine Art Bürgerwehr der Untoten zu gründen, noch nicht aufgegeben. Und beim jetzigen Stand der Dinge war das noch nicht einmal der schlechteste Plan, wie ich zugeben musste. Wenn die Sache nur nicht mit so viel krimineller Energie verbunden gewesen wäre! Und einmal von mir gebissen, würden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit langsam zu Tode siechen. Auch das gefiel mir nicht recht.
Und warum gab es keine Milch mehr? Verdammt, ich hasste Tee ohne Milch, oder zumindest
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