Under Cover: Erotischer Roman (German Edition)
des Nachmittags besuchen.«
Nach dem Anruf blieb Cressida gerade noch so viel Zeit, ein belegtes Brötchen zu kaufen und im Auto zu essen, bevor sie zur Galerie zurückfuhr. Polly schaute hoch, als sie eintrat und wies mit dem Kopf zur rechten Seite. Cressida schaute in die Richtung und sah ein junges Mädchen, das an der Wand stand und auf die Haut ihres Daumens biss.
Sie hatte schulterlanges hellbraunes Haar, haselnussbraune Augen und ein blasses Gesicht, das noch betont wurde durch ihre dunkelblaue Kleidung; ein viel zu großes T-Shirt und ein sackartiger Rock, der bis zu ihren Knöcheln reichte. Die Klamotten zogen die letzten Farbreste, die vielleicht noch da waren, aus ihrem Gesicht.
»Sie müssen Leonora sein«, sagte Cressida freundlich und fragte sich, was Marcia zu der Kleidung des Mädchens sagen würde. »Ich bin Cressida, und Sie sollen mir helfen, solange Sie bei uns sind. Tut mir leid, dass ich nicht da war, als Sie hier ankamen.«
»Das macht nichts«, sagte das Mädchen. »Ich war zu früh. Daddy hat mich mitgenommen und dann hier abgesetzt. Er hat vermutlich geglaubt, dass ich nicht zur Arbeit ginge, wenn er mich nicht bis vor die Tür bringt.«
»Wenn Sie an Kunst interessiert sind, wird es Ihnen hier gefallen«, versicherte Cressida ihr. »Alle sind sehr freundlich und helfen gern, und die Kunden sind meist auch sehr nett.«
»Ich interessiere mich nicht für Kunst«, sagte Leonora. »Ich bin nur hier, sodass Daddy freie Bahn hat, auch tagsüber meine Stiefmutter zu bumsen. Ich bin ihnen im Weg, und meinetwegen traut sich meine Stiefmutter nicht mehr zu schreien.«
Polly stieß ein schnaufendes Gelächter aus und verschwand rasch im hinteren Zimmer.
Cressida wusste nicht, was sie dazu sagen sollte, deshalb nahm sie einen Katalog und reichte ihn dem uninteressierten Mädchen. »Schauen Sie sich den mal an«, sagte sie. »Er sagt ihnen alles über die Künstler, deren Arbeiten wir hier ausstellen, und listet auch die sonstigen Leistungen auf, die wir erbringen. Wir verkaufen zum Beispiel Drucke und Rahmen dafür. Wir können auch alte Gemälde reinigen und …«
»Gibt es hier einen Kaffee-Automaten?«, unterbrach Leonora sie mitten im Satz.
»Nein, wir müssen uns den Kaffee selbst aufbrühen, aber Sie müssen die Getränke nach dem Arbeitsanfall richten und nicht umgekehrt.«
»Sie hören sich eher wie eine Lehrerin an«, stellte Leonora fest. Cressida war froh, dass sie nicht Polizistin gesagt hatte.
Während sie und Leonora Thornton dastanden und sich gegenseitig anstarrten, traten Marcia und Guy durch die Tür. Guy trug ein grau-blau kariertes Jackett über einem blassblauen Hemd, das am Hals offen war, und eine dunkelblaue Hose. Seine dunklen Haare wirkten ordentlicher als bei der ersten Begegnung, dachte Cressida. Aber er sah blass und verkrampft aus, und auf seinem Gesicht war nicht mal der Anflug eines Lächelns zu sehen, als er sie begrüßte.
Marcia, die beim Betreten der Galerie noch gelächelt hatte, ließ das Lächeln sterben, als sie Leonora sah. »Woher, um Himmels willen, haben Sie denn diese Kleider?«, fragte sie mit eiskalter Stimme.
Leonoras Wangen zeigten einen Hauch von Rot, als sie die Kritik hörte. »Das sind meine Lieblingsklamotten«, sagte sie.
Guy warf einen kurzen Blick auf das Mädchen, hob dann die Augenbrauen, als er Cressida ansah, und ging ins Büro. Er überließ es Marcia, sich um das Mädchen zu kümmern.
Marcia begann Leonora aufzuzählen, welchen Kleidungsstandard sie in der Galerie für angemessen hielt, dann klingelte das Telefon. Guy war dran. Cressida sollte ins Büro kommen; Guy erwartete sie.
Er saß hinter dem Schreibtisch, den sie am Morgen durchsucht hatte, und sein Gesicht war immer noch verspannt, obwohl er sich diesmal ein Lächeln abrang, aber es erreichte die Augen nicht. »Marcia hat mir erzählt, dass Sie heute Morgen einen Kunden hier hatten, der sich für den Reinigungsservice interessierte, den wir anbieten«, sagte er abrupt.
Cressida sah ihm in die Augen und lächelte. »Ja, das stimmt. Er sagte, er würde später am Tag anrufen. Ist der Reinigungsservice ein profitables Geschäft?«
Guy runzelte die Stirn. »Geschäft?«
»Ja, ich meine, es ist ja nicht die hauptsächliche Dienstleistung der Galerie«, erklärte Cressida.
»Es ist eine der wichtigsten Funktionen«, sagte Guy. »Es ist eine ganz spezielle Kunst, und wir haben das Glück, Kontakte zu den Berufen zu haben, die so ausgezeichnete Arbeit leisten. Zu der
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