Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Undercover

Undercover

Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
Vom Netzwerk:
ziehen, ohne Verpflichtungen, ohne Bindungen … Ein Traum, den ich nicht zu träumen wagte.
    Ich versuchte, durch die halbblinden Seitenfenster etwas von der Oberfläche zu erkennen. Erst sah ich nur »Strega war hier« und »Jerome liebt Anastasia«. Doch wenn man zwischen den Kratzern hindurchschielte, bekam man einen Blick auf das Panorama von Carabine. Der Bus befand sich im Landeanflug.
    Ich steckte den Chip von Stewart zum wiederholten Mal in meine Multibox, um die Daten abzurufen, die darauf gespeichert waren. Das eine war das kurze Nachrichtenvideo von Richard Cross, auf dem man sein markantes Gesicht nur undeutlich erkennen konnte. Das andere war ein Foto von Jabbert, auf dem er aussah wie ein Nazi aus dem historischen Deutschland: Bürstenhaarschnitt, sauber rasiert, gebürstete Uniform und von den Augen bis zu den Mundwinkeln ein frostiger Gesichtsausdruck. Ich seufzte, denn die Zusammenarbeit mit dem Mann, den man
    »Die Maschine« nannte, würde kein Spaß werden. Ich schloss die Daten wieder, die mit dem digitalen Wasserzeichen von Enclave hinterlegt waren - eine Art virtueller Fingerabdruck, den man nicht kopieren konnte -
    und steckte den Chip in ein Geheimfach in meinem Gürtel.
    Die Hauptstadt von Pherostine schmiegte sich in ein Tal, das von drei steilen Hügeln umgeben war, von denen sich Shroder’s Peak mit dem Stollen Adam und dem Ghetto der Beta-Humanoiden im äußersten Nordwesten befand.
    William’s Peak lag im Norden, und den ganzen Süden nahmen die Statler Mountains ein. Der Bent River, der zwischen den nördlichen Hügeln entsprang, und eine siebenspurige Autobahn zerteilten die Stadt wie ein umgekehrtes Y in drei Teile - ein westliches, ein östliches und ein südliches. In einer Schleife des Flusses lag der feine Stadtkern, dessen Wolkenkratzer alle anderen Gebäude der Stadt überragten. Offenbar hatte es heute heftig gewittert und geregnet, denn die Fassaden aus spiegelndem Glas und poliertem Stahl reflektierten das Licht der Abendsonne, während sich im Hintergrund die dunklen Wolken verzogen. Sogar das Messegelände dort, das einen eigenen Raumhafen für Frachtschiffe besaß, glänzte weiß und sauber.

    Ich mochte solche überfeinen Ecken nicht, in denen Geschäftsmänner ihre teuren Anzüge austrugen, die feinen Damen ihre Zuchtpudel paradierten und die Halbstarken besser frisiert waren als Models. Teure Privatgleiter auf Dachlandeplätzen und protzige, pseudo-gotische Dächer der Hochhäuser täuschten fast darüber hinweg, dass die Stadt insgesamt zu den hässlichsten im Universum gehörte - und in den Außenbereichen auch zu den dreckigsten.
    Gegen das Zentrum wirkte der größere Teil der Stadt dunkel und unübersichtlich. Während des örtlichen Erzbooms vor fünfzig Jahren hatte United in drei Bauabschnitten Wohnraum für die Arbeiter aus dem Boden gestampft.
    Daraus waren drei mehr oder weniger runde Ringe aus Mietskasernen, Schwerindustrie und Straßen im ersten Ring um das Zentrum entstanden, die sich am Fluss entlang zwischen die Berge zwängten. Der dritte, größte und dreckigste Ring war im Norden bereits auf die Berghänge unter die Sonnenkollektoren geklettert. Dort war man am weitesten vom Zentrum weg und führte das beschwerlichste Leben.
    Wenn ich das von meinem Kurzbesuch das letzte Mal richtig in Erinnerung behalten hatte, waren die drei Stadtviertel des umgekehrten Y im Osten, Westen und Süden jeweils in zwei bis drei Ringe eingeteilt. Der erste Ring umfasste das Zentrum und lag ganz auf einer Seite der Flussschleife, der zweite und dritte Ring breiteten sich wie konzentrische Kreise darum aus. Man wohnte in Carabine zum Beispiel im dritten (äußersten) Ostring, oder im zweiten (mittleren) Südring. Schauen Sie mich nicht so an, ich habe mir das nicht ausgedacht. Ich schätze, das ist historisch gewachsen.
    Jetzt, zwei Jahrzehnte nach den letzten großen Wachstumsschüben, sah man der Stadt an, dass sie ihre besten Tage längst hinter sich hatte. Graue Mauern aus Beton, die nur von rostigen Eisenträgern zusammengehalten zu werden schienen, wechselten sich mit verwaisten Wohnsilos und Schachtelhotels ab. Vielleicht würde der Xenanfund, der Pherostine über Nacht wieder ins Interesse der Konzerne gerückt hatte, Carabine wieder ein wenig beleben.
    Der im äußersten Osten am Fluss gelegene Passagierraumhafen der Stadt war zu dieser späten Stunde verwaist.
    Nachdem ich durch den Zoll war - ich notierte meinen Aufenthaltsgrund in einem Anflug billiger

Weitere Kostenlose Bücher