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Undercover

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Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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Ich sah auf und suchte in seinem Gesicht nach einer Spur von Härte, doch ich fand nur Mitgefühl.
    Stewart war mir und den anderen stets eher ein Kumpel gewesen, wenn wir mit ihm zusammengearbeitet hatten. Er hatte sich aus dem aktiven Dienst in diese Position vorgearbeitet und war nicht einer dieser verweichlichten Anzugträger, die keine Ahnung davon hatten, was ihre Soldaten im Feld erwartete. Er hatte ebenso schlimme Dinge erlebt wie ich - vielleicht schlimmere. Davor musste man Respekt haben. Hätte er trotz des guten Verhältnisses zwischen uns wirklich auf den Knopf gedrückt? Ich hatte während der Ausbildung von anderen Teams gehört, dass er es getan hatte.
    »Du weißt, dass ich das nicht gern mache, Lyze. Aber wir kämpfen an vorderster Front eines dreckigen Kriegs um die Vormacht im All. Ich kann nicht akzeptieren, dass einer meiner Leute selbst entscheidet, ob Aufträge auszuführen sind oder nicht. Das fällt auf uns alle zurück, und ich bin dann derjenige, dem meine Vorgesetzten den Kopf abreißen. Außerdem hast du eine besonders umstrittene Position. Du weißt, dass Strafgefangene eigentlich weder Waffen noch Explosivstoffe verwenden dürfen. Ich habe meine Hand für dich ins Feuer gelegt, Lyze. Du bist wertvoll für uns und gleichzeitig ein Pilotprojekt. Wenn bei dir alles gut läuft, kann man vielleicht auch andere bewaffnen. Wenn du es verbockst, beschließt die Chefetage vielleicht sogar, alle Strafgefangenen endgültig aus dem Dienst von Enclave zu entfernen. Du siehst ein, dass ich das nicht zulassen kann?« Er hatte das Wort
    »endgültig« auf eine Weise betont, die nahelegte, dass wohl keine bloße Entlassung gemeint war.
    Ich nickte pflichtschuldig, doch seine Worte änderten nichts an der Situation. Er hatte Recht: Dies war ein dreckiger Krieg. Enclave machte sich auf einem Planeten von United breit, weil es dort endlich etwas zu holen gab. Mega-Konzern gegen Mega-Konzern - das war brisant, selbst wenn es sich bei dem Feld der Intrigen nur um eine kleine Welt wie Pherostine handelte. Momentan gab, wie Stewart sicher beabsichtigt hatte, jeder United die Schuld an dem »Unfall«, der schnell zu einem »Attentat« umgedeutet wurde. Wenn herauskam, dass Enclave Shroder’s Peak gesprengt hatte, wären die politischen Auswirkungen zwischen den Konzernen unabsehbar. Die Gewerkschaftler waren bloß im Kreuzfeuer eines unsichtbaren Kriegs zwischen den Konzernen gestorben. Doch das machte es nicht besser.
    Stewart seufzte. »Das ist das zweite Mal, dass ich den Sprengsatz in deinem Kopf habe aktivieren müssen, Elyzea.
    Einmal zu Anfang kommt vor - wir Menschen geben uns eben ungern mit Zwangssituationen ab. Zweimal ist bereits schwierig. Ich muss einen Bericht darüber schreiben. Und wir wollen beide nicht, dass man dich in den Bewertungsetagen von Enclave Limited nicht mehr als Bereicherung für das Team sieht, oder? Ein drittes Mal sollte es besser nicht geben.«
    Ich presste die Lippen aufeinander. Die Kräfte, die mir meine Gabe verlieh, waren, soweit ich wusste, bislang einzigartig. Mein Händchen für Sprengstoffe war oft und gern zum Einsatz gekommen; dafür besaßen meine Kollegen Felderfahrung und konnten mich im Notfall mit der Faust, mit dem Scharfschützengewehr oder einer Handvoll Drohnen aus Gefahrensituationen heraushauen. Ich war nicht oft allein unterwegs, denn ich hatte von Estyxia und Kaufmann zwar Training im Nahkampf und an den Schusswaffen erhalten, betrachtete mich aber als alles andere als eine Kampfmaschine.
    Trotzdem blieb ich für die Firma eine Kosten-Nutzen-Rechnung. War ich dienlich, durfte ich leben. Hörte ich auf, dienlich zu sein, würde sich Enclave vermutlich nicht damit belasten, mich zurück nach Australien in die Zwangsarbeit zu schicken, wie es mein Vertrag eigentlich vorsah. Ich nickte, um meinem Chef zu signalisieren, dass ich verstanden hatte.
    »Gut«, sagte er. »Reden wir nicht mehr darüber.«
    Stewart wandte sich zum Bedienfeld auf dem Konferenztisch und ließ den Newsfeed rückwärts laufen, bis zu der Frage der Sicherheitsrisiken im Untertagebau von United. Als der Mann erschien, der gleich die Hand vor die Kamera halten würde, fror Stewart das Bild wieder ein. Jetzt erkannte ich ihn unter all dem Staub. Es war der jüngere Gewerkschaftler, der kurz nach mir aus dem Stollen getreten war, um seinem Phonestick besseren Empfang zu geben. Er hatte also überlebt.
    »Richard Cross«, begann Stewart. »Einunddreißig, ledig, einer der Vorarbeiter bei

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