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Undercover

Undercover

Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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gezündet.«
    »Am Anfang nicht. Ich habe das FOX-18 für fehlerhaft gehalten, das Material des Zünders, die Elektronik - alles.
    Aber dann detonierte eine Minigranate, als man mich in eine Zelle sperrte …«
    »Du machst dir immer noch Vorwürfe.«
    Hilflos zuckte ich mit den Schultern. »Irgendwann hat man alles so oft in seinem Kopf gedreht und gewendet, dass man selbst nicht mehr weiß, was tatsächlich passiert ist.« Ich verschwieg, dass die zweite Explosion das Sicherheitspersonal im Untersuchungsgefängnis misstrauisch gemacht hatte und eine Untersuchung daraufhin meine Gabe zutage gebracht hatte - und Jumps und Psioniker werden auf der Erde ohnehin unter Generalverdacht gestellt. Man befand mich für schuldig, William Gibson in fahrlässiger Vernachlässigung meiner Pflichten getötet zu haben. Und vermutlich stimmte das sogar.
    »Irgendwann schleichen sich eben die Zweifel ein.«
    Ich schwieg. Ich musste an William und Gladys denken, die zusammen Kinder hatten zeugen und großziehen wollten. Für sie hatte es nichts Schöneres gegeben. Will hatte mir am Morgen noch mit glühenden Augen von dem Antrag berichtet, den er Gladys gemacht hatte. Und wie sie Ja gesagt hatte. Ich realisierte plötzlich, dass diese Erinnerung die letzte gewesen war, die in meinem Leben einen Sinn ergeben hatte. Danach war ich in die Hölle eingetreten und hatte sie nicht mehr verlassen.
    »Was war es für einer?«, fragte Cross leise.

    »Was war was?« Ich sah ihn verständnislos an.
    »Der Ring. Was für einen Ring hat Will Gladys geschenkt?«
    Ich blinzelte die Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln. »Stahl. Mit einem Bernstein.«
    Cross nickte, als hätte sich ihm soeben etwas bestätigt. »Justifier haben also doch ein Gewissen.« Ich las keinen Hohn und keine Wut mehr in seinem Gesicht, nur Mitgefühl. Also hielt ich die Klappe und fuhr mir mit dem Ärmel über die Augen.
    Als ich den Arm wieder herunternahm, fiel mein Blick auf den Schlüsselbund, den Cross auf den Waschbeckenrand gelegt hatte. Daran hing ein Anhänger mit dem Holobild einer Frau, die mir bekannt vorkam.
    Ich blinzelte und sah genauer hin. Dann spürte ich das Blut aus meinem Kopf weichen. Das Bild zeigte Erica, Erica Brooks. Die Frau, die ich auf Sharidon getötet hatte und von der ich in der Mine von Stollen Konrad halluziniert hatte. Meine erste Leiche.
    Cross sah offenbar meinen Blick. Hastig griff er nach dem Schlüsselbund und schaltete das Bild ab. »Wollen wir?«
    »Ja«, sagte ich tonlos und wandte mich zum Gehen.
    Langsam ebbte der Schock ab, und die Fakten setzten sich in meinem Kopf zusammen. Erica musste Cross’ Frau gewesen sein. Ihr Tod musste die Ursache für seinen tief sitzenden Schmerz sein. Verdammt. Ich hatte sie getötet -
    warum auch immer. Damals hatte ich nicht nach einem Grund gefragt. Ihretwegen war Richard Cross - oder Brooks, oder wie er auch immer hieß - der Mann geworden, der jetzt neben mir saß.
    »Wie weit ist es denn noch bis Bankers Rock?«, fragte Richard auf dem Weg ins Cockpit.
    Ich ließ mich auf den Pilotensitz gleiten und starrte durch das Sichtfenster hinaus in die Schwärze. Bankers Rock lag so nahe. Ich musste bloß den Kurs lassen, wie er war, und versuchen, die Leute vom 20T zu überzeugen, mir zu helfen - schnell zu helfen. Ging ich dort nicht hin, verdammte ich mich selbst zum Tode.
    Auf der anderen Seite würde Cross spätestens auf Chorriah mit seiner Reise scheitern. Er hatte Recht - dort lebten nur Schurken. Er kannte sich im Universum aus, aber um mit Schurken umzugehen, bedurfte es selbst eines Schurken - oder einer Schurkin. Er hatte dort nichts zu bieten und besaß keine Kontakte. Im besten Fall würde er sofort im Gefängnis der Sicherheit von TTMS landen und mit dem nächsten Schiff nach Pherostine der UI-Sec ausgeliefert werden. Wenn ich jetzt auf die Chance hin nach Bankers Rock ging, dass der 20T mir helfen konnte und, ohne nennenswerte finanzielle Mittel, helfen wollte, verdammte ich ihn zum Scheitern.
    Ich dachte an Erica Brooks zurück, deren Blut an meinen Händen klebte, und begriff mit erschreckender Klarheit, dass ihr Tod auch mich zu dem Menschen gemacht hatte, der ich heute war. Die Frau verknüpfte Cross und mich seit damals wie ein unsichtbares Band.
    Jetzt wusste ich, was Richard gemeint hatte, als er sagte, dass jeder Mensch zu jedem Zeitpunkt seines Lebens die Wahl hatte. Ich sah mich vor dieselbe Wahl gestellt wie noch vor kurzem im Potemkin’s. Aber dieses Mal wusste ich genau, wie

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