Undercover
ich dem Tower von TTMS die Verriegelungsmechanismen unseres Außenschotts, danach kommunizierte mir die gelangweilte und durch die Funkstörung verzerrte Stimme: »Innenschleuse wird unter Druck und Sauerstoff gesetzt in fünf. Vier. Drei. Zwei.
Eins Sekunden, Raumfrachter Zero Five Five Zero Eight von Pherostine. Außenschott Ihrer Hülle entriegelt.
Außenschott von Chorriah Dock V-28 entriegelt. Gangway freigegeben. Bitte beachten Sie, dass Sie bei Ihrer Abreise die Freigabe zum Flug erst bekommen, wenn die Schotts ordnungsgemäß verriegelt und die Andockklammern der Gangway gelöst sind. Bitte beachten Sie, dass Sie mit dem Betreten der Station die Territorial-Gesetzgebung der Terra TransMatt Specialities Inc. von 3011 als rechtsgültig akzeptieren. Willkommen auf Chorriah.« Der Mann klang, als käme der Dienst auf Chorriah Station bei TTMS einer Strafversetzung gleich.
»Verstanden, Chorriah. Raumfrachter Zero Five Five Zero Eight bedankt und verabschiedet sich«, sagte ich und kappte das Signal. Bei dem Gedanken daran, den Rechtsraum von TTMS zu betreten, stellten sich mir die Ilaare auf. Ich wusste nicht, ob Stewart mein Profil schon übermittelt hatte. Kein Konzern sprang mit abtrünnigen Justifiers zimperlich um, selbst wenn es nicht die eigenen waren.
Dann machten wir uns durch die Gangway auf den Weg, die wie ein ausfahrbares Teleskop aus Metall aufgebaut war, in dem man von einer Tür zur nächsten kam. Am anderen Ende öffnete sich das Schott mit einem letzten zischenden Druckausgleich. Wir betraten einen kahlen dunklen Gang, der mich ein wenig an die Mine erinnerte, in der ich vor nunmehr sechs Tagen den Sprengsatz installiert hatte.
Als wir die Station betraten, ging das Licht per Bewegungsmelder an, und eine weibliche Ansagestimme begann in fröhlichem Tonfall: »Willkommen auf Chorriah! Die Terra TransMatt Specialities Inc. wünscht Ihnen einen angenehmen Aufenthalt!«
Wir folgten dem erleuchteten Gang tiefer in die Station. Rostige Metallträger wechselten sich mit braunen Kunststoffwänden ab, die aussahen, als hätten sie den letzten Schwamm im vorigen Jahrhundert zu sehen bekommen. Nicht, dass ich zwangsneurotisch sauber wäre oder so, im Gegenteil. Aber die braunen Flecken an den Wänden ließen selbst mich beten, dass es sich dabei um Rost handelte. Klar. Rost, in dem Haarreste klebten. Kein schöner Anblick. Trotz des gefüllten Magazins in meiner Pacifier fühlte ich mich plötzlich sehr nackt.
Der Gang war so breit, dass zwei Frachtfahrzeuge locker aneinander vorbeifahren konnten, um Schiffe zu löschen oder zu beladen. Wir hatten diese ganze gespenstische Weite für uns allein, als wir der Beschilderung Richtung Zentrum folgten. Links und rechts öffneten sich in regelmäßigen Abschnitten spärlich beleuchtete Gänge zu weiteren Andockschleusen. An manchen stand die kleine Ampel auf Grün, was bedeutete, dass dort ein Schiff lag und sich hinter der Schleuse Druck und Sauerstoff befanden. Bei anderen glühte ein rotes Auge, das signalisierte, dass dahinter nur die eiskalte Weite des Alls wartete. In vielen der rot markierten Zugängen lagen Gestalten auf dem Boden, unter zu kleinen Decken zusammengerollt oder unter Zeitungen ausgestreckt, immer nach zu viel Schweiß und zu wenig Dusche riechend - und nach Schnaps und Urin. Die Gestrandeten des Universums. Ich ging an ihnen vorbei.
Wir hatten Glück, was den Zeitpunkt anging, zu dem wir die Station betraten. Mir war grob in Erinnerung, dass sich Chorriah wegen der räumlichen Nähe von der Zeit her an Pherostine orientierte - ob eine Stunde mehr oder weniger, wusste ich nicht genau. Meine Multibox, die wegen des Störsenders noch auf die Uhrzeit von Pherostine eingestellt war, zeigte 8:33. In jedem Fall musste es hier Nacht sein, denn es waren verhältnismäßig wenig Menschen unterwegs.
Bei den paar Leuten, die uns begegneten, handelte es sich zwar um kaffeebedürftige Zombies, die vermutlich unter diversen Jumplags litten, doch auch die wurden wach, sobald ihnen zwei durch Handschellen aneinandergekettete Leute in teilweise zerfetzter Kleidung entgegenkamen. Ein Geschäftsmann in zerknittertem Anzug sah uns merkwürdig nach.
Ich legte meine Finger in Cross’ Hand. Als er mich von der Seite ansah, verzog ich das Gesicht zu einem entschuldigenden Grinsen. »Vermutlich würden uns die Leute eh nur für ein merkwürdiges Pärchen halten«, erklärte ich. »Aber je weniger wir auffallen, desto besser. Ist das okay?«
Cross nickte
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