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Undercover

Undercover

Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Herz klopfte hart und schnell. Angst und Mitgefühl und Zärtlichkeit und Erregung vermischten sich in ihm. Jetzt musste er klar denken. Sobald sie die Tat gestehen würde, konnte er nichts mehr für sie tun. Schutzlos wäre sie allen ausgeliefert: den Polizisten, dem Staatsanwalt, dem Richter, der Presse, der Öffentlichkeit. Sie würden sich auf sie stürzen, auf eine drogenabhängige Siebzehnjährige, die einen verheirateten und seriösen Anwalt verführt und ihn aus Eifersucht kaltblütig erschießt . Würde jemand erwähnen, dass es der seriöse Anwalt war, der sie verführt, der ihr Drogen besorgt und sie dann einfach gegen eine andere eingetauscht hatte, wie ein Kleidungsstück, das man weg warf weil man ein neues kaufte ? Und im Gefängnis würde sie endgültig drogenabhängig werden, da war er sicher.
    „Nein“, entschied er . „Es ist mir nicht egal. Ich will nicht, dass sie dir was antun.“
    Chrissy blieb sitzen als er aus der Küche stürmte. Vielleicht wird ja doch noch alles gut, dachte er und fuhr los.

48

    Shane gab gerade den dritten Löffel Kaffeepulver in den Filter als es Sturm läutete.
    „He! Ich komm’ ja schon!“ Er schaltete noch die Kaffeemaschine an und humpelte ohne Krücken zur Tür. Das Bein tat weh, aber es war auszuhalten. Besser, als immer auf diese verdammten Krücken angewiesen zu sein. Er riss die Tür auf und sah in Carols Gesicht. Ihre Gesichtszüge waren angespannt und ihre Augen müde.
    „Ich habe mich er st heute morgen daran erinnert.“ Aus ihrer heute hell braunen Umhängetasche zog sie ein geöffnetes Briefkuvert. „Es kam vor zwei Wochen.“
    „Kommen Sie herein“, sagte er, überflüssigerweise, denn sie hatte schon einen Schritt in die Wohnung gemacht.
    „Wollen Sie auch einen Kaffee? Ich mache gerade einen.“ Er schloss hinter ihr die Tür.
    Ohne zu antworten reichte sie ihm mit einer steifen Handbewegung das Schreiben. Es handelte sich um ein offizielles Schreiben des Bundesstaates Queensland. Tim Wilcox wurde zu einer Anhörung der Fitzgerald-Kommission geladen. Shane wusste, was die Vorladung zu diesem Ausschuss bedeutete: Unbedingtes Erscheinen und Beantwortung aller Fragen. Der Fitzgerald-Ausschuss war Ende der achtziger Jahre, es musste siebenundachtzig oder achtundachtzig gewesen sein, zum ersten mal tätig geworden, nachdem die Korruption innerhalb der Queensländer Polizei, der Justiz und anderer staatlicher Organe ein ungeheures Maß angenommen hatte. Polizei und Minister hatten bei Überfällen auf Geldtransporter mitkassiert, steckten im Drogengeschäft mit drin, hatten ihre Anteile im illegalen Glücksspiel bekommen, nahmen die Dienste von Prostituierten in Anspruch, um nur einige Vergehen zu nennen, und bezahlten, indem sie die Verbrecher deckten oder diese sogar mit neuen Informationen und Tipps über weitere Geldbeschaffungsquellen versorgten. Anfangs glaubte man, die Arbeit des Ausschusses auf ein paar Jahre begrenzen zu können. Doch diese Anna hme war zu optimistisch. Heute hatte sie immer noch zu tun.
    „Wer wusste noch von diesem Brief?“, fragte Shane und beobachtete Carol, wie sie zum Sessel ging, sich setzte und in einer selbstver ständlichen Eleganz die Beine übereinander schlug.
    „Ich weiß nicht, wem er davon erzählt hat.“
    Wenn jemand zu diesem Ausschuss geladen wurde, dann existierten schwerwiegende Anschuldigungen oder Beweise wegen korruptem Verhalten. Wegen Falschparkens wurde niemand vorgeladen. Tim Wilcox war Anwalt gewesen. Hatte er mit staatlichen Stellen zusammen gearbeitet? Hatte er Verbrecher gedeckt und unterstützt und auch mitkassiert? Shane las das Schreiben noch einmal als könne er darin den Namen von Tim Wilcox’ Mörder finden.
    „Haben Sie meinen Kollegen davon berichtet?“
    Carol schüttelte den Kopf.
    „Warum nicht? Warum kommen Sie damit zu mir?“ W ieder stieg Argwohn in ihm auf.
    Sie zupfte an ihrer Hose. Dann sah sie auf.
    „Sie sind es doch, der glaubt, eine Schuld abtragen zu müssen, oder?“
    Ein Schuss ins Schwarze, dachte er, und unterdrückte mühsam den Dr ang etwas Verletzendes zu sag en.
    „Kaffee?“, fragte er.
    Sie nickte und er humpelte in die Küche. Der Kaffee war durchgelaufen, und er füllte zwei Becher. Vorsichtig, um nichts zu verschütten, hinkte er mit einem Becher ins Wohnzimmer. Als er sich niederbeugte, um ihn auf dem Couchtisch abzustellen, hielt sie seinen Arm fest.
    „Shane? Was haben Sie gegen mich?“ Ihre Augen suchten eine Antwort in seinem Blick, doch

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