Undercover
hindurch.
Auch später hatte Mick ihm nie erklärt, was damals in ihm vorgegangen ist. Er hatte sich auch nicht entschuldigt. Er hatte einfach nie wieder davon gesprochen.
Shane sah von seinem Balkon hinauf in den Himmel.
Es war still geworden bis auf das Rauschen des Meeres. Über dem Mond lagen Wolkenschlieren. Damals hatte Shane für einen Moment Mick im Verdacht gehabt, ein doppeltes Spiel zu spielen. Doch dann hatte er diesen Verdacht verdrängt. Mick war einer von ihnen. Akkurat, dienstbeflissen, undenkbar, dass er korrupt sein könnte. Seltsam. Jetzt stieg dieser Verdacht wieder in ihm auf.
Micks Vater wohnte in Noosa, gerade mal dreißig Kilometer von hier entfernt, Mick selbst hatte Shane daran erinnert. Warum könnte er ihm nicht einmal einen Besuch abstatten. Vielleicht würde er von Don etwas über Micks wahre Absichten hier in der Gegend in Erfahrung bringen ?
55
Frü her war Josh aufgestanden, hatte Garbo in den Garten gelassen, sich einen Trunk aus Bananen und Sojamilch gemixt, seine Arbeitskleidung angezogen und war dabei den Tagesablauf durchgegangen. Manchmal hatte er mehr Lust, manchmal weniger gehabt, manchmal hatte er sich erleichtert gefühlt, wenn es regnete und er zu Hause bleiben konnte - obwohl er dann kein Geld verdiente. Dann war er mit seinem Wagen und Anhänger los gefahren, in dem Bewusstsein, etwas Sinnvolles zu tun - auch wenn das darin bestand, die Natur nach menschlichen Wünschen zurechtzus tutzen. Das alles war vorbei. Josh kam kaum noch aus dem Bett, wollte nicht mehr aufstehen, nur Garbos Gewinsel brachte ihn dazu, es doch zu tun. Er hatte keinen Appetit und auch keinen Hunger mehr. Die Freude über einen n euen Morgen war verschwunden. Josh sagte Termine ab, verlor Kunden, es war i h m gleichgültig. Am liebsten hätte er sich solange im Bett verkrochen, bis ja, bis wann? Bis er alles vergessen hätte. Bis das, was geschehen war in so weiter Vergangenheit versunken wäre, dass er selbst schon nicht mehr sicher war, ob er es wirklich erlebt oder nur geträumt hatte. Wie lange würde es dauern, bis er in diesen Zustand geraten würde? Fünf Jahre? Zehn, zwanzig oder fünfzig?
Josh starrte hinauf zum Ventilator, der stumm und reglos an der Decke hing. Wo mochte Chrissy nur sein? Hatte sie sich etw as angetan? Garbo stupste mit seiner Schnauze an Joshs Hand.
Mühsam richtete sich Josh auf. Die Flies en unter seinen Füßen waren kalt un d glatt. Garbo bellte als er Josh in den Garten ließ. Josh hörte, wie der Hund durch den Garten hetzte, Vögel und im Wind schaukelnde Blätter anbellte.
Um kurz vor acht läutete es an der Tür und Josh sprang auf. Vielleicht war es ja Chrissy!
Hinter der Fliegengittertür stand ein Mann und hielt Josh s einen Ausweis entgegen. Polizei.
„Sind Sie Joshua Cline?“
Josh nickte. Was würde der Polizist ihm gleich mitteilen?
„Detective Blix, es geht um Chrissy Wagner.“
Der Detective trug wie die anderen, die ihn aufgesucht hatten, keine Uniform. Josh schätzte ihn auf Ende fünfzig. Er hatte die huschen den Augen eines Vogels und braunes Haar. S ein Lächeln war freundlich.
„Haben Sie sie gefunden?“, fragte Josh und fürchtete zugleich die Antwort.
Detective Blix räusperte sich.
„Darf ich reinkommen?“
„Entschuldigung “, sagte Josh hastig und wollte schon die Fliegentür aufhaken, als Blix fragte:
„Wird Ihr Hund was dagegen haben?“
„Garbo tut nichts.“ Josh machte die Fliegentür auf und ließ den Polizisten herein. Garbo schnüffelte kurz an den Beinen des D etectives und trabte dann davon, um es sich auf Joshs Bett bequem zu machen – seinem Lieblingsplatz.
Detective Blix blickte sich um. „Schönes Haus.“
„Na ja, es gibt schönere“, sagte Josh und ging voraus auf die Terrasse. Jetzt erst fiel ihm ein, dem Polizisten etwas anzubieten.
„Wollen Sie etwas trinken?“
„Nein, danke. Ich bin auch gleich wieder weg. Ich möchte nur noch ein paar nähere Informationen zu Chrissy Wagner.“
Josh zeigte auf einen der Plastikstühle. Er selbst setzte sich dem Polizisten gegenüber und sah nervös und voller schlechter Vorahnung zu, wie Blix ein kleines, schwarze Notizbuch und einen Kugelschreiber aus der Innentasche seines Jacketts herauszog und dann über sein dichtes Haar fuhr, um es glatt zu streichen.
„So“, sagte Blix und sah Josh freundlich aus blauen Augen an, „jetzt erzählen Sie mir noch einmal alles, was Sie über Chrissy Wagner wissen.“
„Ich weiß eigentlich nicht viel, und
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