Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
stieg zu. Theresa Lee starrte den Boden vor ihren Füßen an. Jacob Mark schaute zu mir herüber und sagte: »Wenn die Heimatschutzbehörde nicht mal Lila Hoths Einreise mitbekommen hat, weiß sie auch nicht, ob sie in Kalifornien war. Was bedeutet, dass sie’s gewesen sein könnte, die Peter becirct hat.«
»Ja«, sagte ich. »Sie könnte es gewesen sein.«
Die Türen schlossen sich. Der Zug fuhr weiter.
Theresa Lee sah vom Boden auf und sagte zu mir: »Was den vier Männern zugestoßen ist, war Ihre Schuld, wissen Sie. Mit den Hämmern. Ganz allein Ihre Schuld. Sie haben Lila erzählt, dass Sie von ihnen wussten. Dadurch sind sie zu einer Belastung geworden.«
Ich sagte: »Danke, dass Sie mich darauf aufmerksam gemacht haben.«
Sie haben sie in den Abgrund gestoßen.
Ganz allein Ihre Schuld.
Der Zug ratterte in den Bahnhof 28th Street.
Wir stiegen in der 33rd Street aus. Keiner von uns wollte zum Grand Central Terminal. Zu viele Cops und – wenigstens für Jacob Mark – vielleicht zu viele negative Assoziationen. Oben auf der Park Avenue herrschte reger Betrieb. Gleich in der ersten Minute fuhren zwei Streifenwagen vorbei. Im Westen stand das Empire State Building. Zu viele Cops. Wir schlugen einen Haken nach Süden und folgten einer ruhigen Seitenstraße in Richtung Madison Avenue. Ich fühlte mich ausgezeichnet. Ich hatte erst vor Kurzem sechzehn von siebzehn Stunden geschlafen sowie reichlich gegessen und getrunken. Aber Lee und Jake sahen ziemlich erledigt aus. Sie wussten nicht, wohin, was für sie ungewohnt war. Nach Hause durften sie natürlich nicht. Auch zu Freunden konnten sie nicht. Wir vermuteten, dass ihr gesamtes Umfeld überwacht wurde.
Lee sagte: »Wir brauchen einen Plan.«
Mir gefiel die Gegend, in der wir uns befanden. New York besteht aus Tausenden von separaten Mikrovierteln. Geruch und Atmosphäre verändern sich von Straße zu Straße, manchmal von Gebäude zu Gebäude. In den oberen Zwanzigern sehen Park und Madison Avenue leicht schäbig aus. Die Seitenstraßen wirken ein bisschen heruntergekommen. Vielleicht waren sie einmal angesagt, vielleicht werden sie’s irgendwann wieder sein, aber im Augenblick sind sie vor allem gemütlich. Wir hockten einige Zeit unter einem Baugerüst versteckt und beobachteten, wie Betrunkene aus Bars nach Hause wankten und die Bewohner benachbarter Apartmentgebäude mit ihren Hunden Gassi gingen. Wir entdeckten einen Kerl mit einer Dogge von der Größe eines Ponys und eine junge Frau mit einem Foxterrier von der Größe des Doggenkopfes. Alles in allem war mir der Terrier lieber. Kleiner Hund, großes Ego. Der kleine Kerl hielt sich für den Boss der Welt. Wir warteten bis kurz nach Mitternacht, dann suchten wir die Seitenstraßen nach Osten und Westen ab, bis wir die richtige Art Hotel fanden. Es war ein schmalbrüstiges Gebäude mit einer altmodischen Leuchtreklame, hinter dem schwache Glühbirnen brannten. Kleiner, als ich mir gewünscht hätte. In größeren Hotels sind die Chancen sehr viel besser. Mehr freie Zimmer, größere Anonymität, weniger Überwachung. Aber insgesamt schien das Hotel, vor dem wir standen, geeignet zu sein.
Es war ein gutes Ziel für den Fünfzigdollartrick.
Oder vielleicht würden wir sogar mit vierzig davonkommen.
Letztlich mussten wir unser Angebot auf fünfundsiebzig erhöhen, vermutlich weil der Portier glaubte, wir planten einen flotten Dreier. Vielleicht wegen der Art, wie Theresa Lee mich ansah. In ihrem Blick lag etwas, das ich nicht ganz enträtseln konnte. Jedenfalls erkannte der Portier seine Chance, mehr zu verlangen. Das Zimmer, das er uns gab, war klein. Es lag nach hinten hinaus und hatte Doppelbetten und ein Fenster zum Luftschacht. Es würde nie im Hotelprospekt auftauchen, aber es machte den Eindruck einer sicheren Höhle, und ich spürte, dass Lee und Jake hier eine ruhige Nacht haben würden. Ebenso deutlich spürte ich jedoch auch, dass es beiden davor graute, zwei, fünf oder gar zehn Nächte hier verbringen zu müssen.
Lee sagte: »Wir brauchen Hilfe. So können wir nicht ewig leben.«
»Wir müssten nur wollen«, entgegnete ich. »Ich lebe schon seit zehn Jahren so.«
»Okay, ein normaler Mensch kann aber nicht ewig so leben. Wir brauchen Hilfe. Dieses Problem löst sich nicht von allein.«
»Das könnte es aber«, meinte Jake. »Davon haben Sie vorhin selbst gesprochen. Wüssten dreitausend Leute Bescheid, wäre es kein Problem mehr. Also brauchen wir nur dreitausend Personen zu
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