Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
Joghurt und Früchten. Dazu einen Burger und Kaffee. Jake und Lee wollten nur Kaffee. Sie seien zu durcheinander, um etwas zu essen, erklärten sie. Als die Bedienung gegangen war, wandte Lee sich zu mir und sagte: »Erzählen Sie uns lieber, was hier genau vorgeht.«
    Ich erwiderte: »Ich dachte, das wollten Sie gar nicht wissen.«
    »Diese Grenze haben wir jetzt überschritten.«
    »Die Männer haben sich nicht ausgewiesen. Also konnten Sie annehmen, die Inhaftierung sei illegal. Somit war der Ausbruch keine Straftat. Wahrscheinlich waren Sie sogar dazu verpflichtet.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe gewusst, wer sie waren – mit Ausweis oder ohne. Und mir macht nicht der Ausbruch Sorge. Aber die Schuhe werden mich reinreißen. Ich habe über dem Kerl gestanden und ihm die Schuhe gestohlen. Ich hatte ihn deutlich vor mir. Das ist Vorsatz. Man wird mir vorwerfen, dass ich Zeit hatte nachzudenken und entsprechend zu handeln.«
    Ich sah zu Jake hinüber, um festzustellen, ob er ebenfalls eingeweiht werden wollte oder immer noch die Unwissenheit vorzog. Er zuckte mit den Schultern, als wollte er sagen: Mitgefangen, mitgehangen . Also wartete ich, bis die Bedienung mein Essen serviert hatte, und erzählte ihnen dann, was ich wusste. März 1983, Sansom, das Korengaltal. Alle Einzelheiten, alle Hintergründe.
    Lee sagte: »Jetzt stehen wieder amerikanische Truppen im Korengaltal. Das habe ich neulich gelesen. In einer Zeitschrift. Anscheinend hört das nie auf. Hoffentlich haben sie mehr Erfolg als die Russen.«
    »Das waren Ukrainer«, sagte ich.
    »Macht das einen Unterschied?«
    »Für die Ukrainer bestimmt. Die Russen haben ihre Minderheiten gern an vorderster Front eingesetzt, und den Minderheiten hat das nicht gefallen.«
    Jake sagte: »Das mit dem Dritten Weltkrieg verstehe ich. Damals, meine ich. Aber nun liegt alles ein Vierteljahrhundert zurück. Die Sowjetunion ist überhaupt kein Staat mehr. Wie kann ein Land wegen irgendwas sauer sein, wenn es gar nicht mehr existiert?«
    »Geopolitik«, meinte Lee. »Es geht um die Zukunft, nicht um die Vergangenheit. Vielleicht kommen wir auf die Idee, etwas Ähnliches in Pakistan, im Irak oder sonst wo zu versuchen. Es macht einen Unterschied, ob die Welt weiß, dass wir’s schon früher getan haben. Es bewirkt vorgefasste Meinungen. Das wissen Sie. Sie sind selbst Cop. Gefällt es Ihnen, wenn Sie vor Gericht keine Vorstrafen des Angeklagten aufzählen können?«
    Jake fragte: »Wie groß ist diese Sache nach Ihrer Meinung?«
    »Riesig«, antwortete Lee. »So groß wie überhaupt möglich. Wenigstens für uns, denn insgesamt ist sie noch klein. Was eine Ironie des Schicksals ist, stimmt’s? Wissen Sie, was ich meine? Wüssten dreitausend Menschen davon, ließe sich nicht viel dagegen machen. Oder sogar nur dreihundert. Oder dreißig. Die Geschichte wäre bekannt, basta. Aber im Augenblick wissen nur wir drei davon. Und drei ist eine kleine Zahl. Klein genug, um eingedämmt werden zu können. Drei Leute kann man verschwinden lassen, ohne dass jemand etwas merkt.«
    »Wie?«
    »Glauben Sie mir, das passiert. Wer sollte sich auch darum kümmern? Sie sind unverheiratet. Ich auch.« Sie sah mich an und fragte: »Reacher, sind Sie verheiratet?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Sie machte eine Pause. Dann sagte sie: »Keiner mehr da, der Fragen stellt.«
    Jake sagte: »Was ist mit meinen Kollegen im Dienst?«
    »Die Polizei tut, was ihr befohlen wird.«
    »Das ist verrückt!«
    »Das ist die neue Welt.«
    »Meinen diese Leute das ernst?«
    »Hier geht’s um eine Kosten-Nutzen-Analyse. Drei unschuldige Leute gegen einen geopolitischen Großdeal. Was würden Sie tun?«
    »Wir haben Rechte.«
    »Die hatten wir.«
    Darauf wusste Jake anscheinend keine Antwort. Ich trank meinen Kaffee aus und spülte ihn mit noch einem Glas Leitungswasser hinunter. Lee verlangte die Rechnung und wartete, bis ich gezahlt hatte, bevor sie Leonids Handy erneut einschaltete. Es erwachte mit einer fröhlichen kleinen Melodie zum Leben und klinkte sich in sein Netzwerk ein, und kaum zehn Sekunden später meldete das Netzwerk eine eingegangene SMS . Lee drückte den entsprechenden Knopf und begann zu scrollen.
    »Die ist von Docherty«, sagte sie. »Er hält noch zu mir.«
    Dann las sie und scrollte, las und scrollte. Ich zählte im Kopf Fünfzehn-Sekunden-Intervalle mit und stellte mir vor, wie der GPS -Chip alle fünfzehn Sekunden plärrte: Wir sind hier! Wir sind hier! Ich kam bis zehn.

Weitere Kostenlose Bücher