Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)
ein Schatz und kümmere dich ein wenig um das Menschengeschöpf», sagt Asael, und sofort ist ein schwarzer Dolch auf Tuckers Kehle gerichtet. Lucy nimmt ihn am Arm und zieht ihn ein paar Schritte von Asael weg, ihre Augen leuchten vor freudiger Erwartung. Ich höre den Kummer, der den Dolch leicht zischen lässt, als er Tuckers Hals berührt, und er zuckt zusammen.
Asael wirkt sehr zufrieden. «Nun denn», sagt er plötzlich ganz geschäftsmäßig. «Lasst uns verhandeln. Ich glaube, ein Tausch könnte angebracht sein. Ein Leben gegen ein Leben.»
«Ich werde gehen», meldet sich Angela sofort freiwillig. Sie räuspert sich und sagt es noch einmal, lauter diesmal. «Ich gehe mit dir, Vater.» Ihre Stimme zittert, als sie ihn so nennt.
Asael schnaubt verächtlich. «Dich will ich nicht. Seit ich dich aufgespürt habe, bist du nichts als eine Enttäuschung für mich gewesen. Sieh dich doch nur an.» Sein Blick gleitet ihren Körper hinauf und hinunter, bleibt bei der Tätowierung auf ihrem Arm hängen. Schlechte Tochter.
Sie antwortet nicht, aber sie scheint innerlich zu schrumpfen. Niemand liebt mich , geht ihr durch den Kopf.
«Ich will Jeffrey», sagt Lucy wie ein Kind, das nach seinem Lieblingsspielzeug verlangt. Sie sieht ihn an, lächelt. «Komm mit, Baby. Komm mit mir.»
Tapfer holt Jeffrey tief Luft und will nach vorn treten, doch ich fasse ihn am Arm und halte ihn zurück.
«Liebe, süße Lucy», sagt Asael, als Jeffrey und ich eine Weile lang wortlos streiten. «Ich weiß, du hast dich in diesen Jungen verguckt, und ich weiß, du hast viel Mühe in ihn investiert, aber ich glaube, ich hätte lieber sie.»
Er zeigt auf mich.
«Nein», sagen Christian und Tucker gleichzeitig.
Asael lächelt boshaft. «Aha, da seht ihr es. Sie ist wertvoll. Und hübsch anzusehen.» Sein Blick ruht auf mir wie eine Berührung, und ich zittere, verschränke die Arme vor der Brust. «Ich freue mich schon darauf zu erfahren, wie du es geschafft hast, aus der Hölle fortzukommen, hierher überzuwechseln. Das wirst du mir doch sagen, oder? Und wer dir das beigebracht hat.»
«Nimm mich», sagt Christian da.
Asael macht eine wegwerfende Handbewegung in seine Richtung. «Ich weiß ja nicht einmal, wer du bist. Wieso sollte ich dich wollen?»
«Er ist der, der Liv getötet hat», sagt Lucy anklagend.
Asaels Augen sprühen Funken. «Stimmt das? Du hast meine Tochter getötet?»
Ungefähr eine Sekunde zu spät begreife ich, was Christian vorhat. «Christian, nicht …»
«Ja», antwortet Christian auf Asaels Frage. «Aber ich bin dein Sohn.»
Sein Sohn.
Das hatte ich nicht kommen sehen. Doch Christian, so wird mir klar, hat diesen Moment vorausgeahnt. Dies ist seine Vision, dem Mann gegenüberzustehen, der seine Mutter getötet hat. Seinem Vater.
Lucy holt keuchend Luft. Wenn Christian Asaels Sohn ist, bedeutet das, dass er auch ihr Bruder ist. Ihr Bruder und Angelas Bruder. Ein richtiges Familientreffen.
Seit wann weiß er es schon?, frage ich mich. Wieso hat er mir das nicht erzählt?
Asaels Augen sind weit aufgerissen. «Mein Sohn? Wieso, um alles in der Welt, denkst du, dass du mein Sohn bist?»
«Du bist der Sammler, oder?» Christian schaut auf seine Füße. «Du hast meine Mutter gesammelt. Bonnie hieß sie. Ein Dimidius. Du hast sie in New York kennengelernt, 1933 war das.»
«Ach ja, ich erinnere mich», sagt Asael. «Grüne Augen. Langes helles Haar.»
Christian beißt die Zähne fest zusammen.
«Eine Schande, was mit ihr passiert ist», fährt Asael fort. «Ich musste schöne Dinge zerstören. Aber sie wollte mir partout nicht sagen, wo ich dich finden konnte. Sag mir, hast du schwarze Flecken auf deinen Flügeln?»
«Halt den Mund», flüstert Christian. Einen derart bebenden Zorn habe ich noch nie in ihm gespürt, und es ist eine erschreckende Erfahrung für mich. Er würde Asael töten, wenn er könnte.
Asael kneift die Augen zusammen, sieht ihn nachdenklich an, ohne ihn bewusst wahrzunehmen. «Nun ja, das ändert die Sachlage. Vielleicht nehme ich dich ja doch mit.»
«Nein», erkläre ich entschieden und schüttele den Kopf. «Ich gehe mit dir. Ich bin für Tucker verantwortlich, niemand sonst. Ich werde gehen.»
Clara , sagt Christian in meinen Gedanken. Sei still und lass mich das machen.
Du bist nicht mein Boss , schicke ich wütend zurück. Überleg doch mal: Was du gerade getan hast, dass du es ihm erzählt hast, war unglaublich tapfer und selbstlos, und ich weiß, du hast es für mich
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