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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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Uni-Zeitung, über meine Medizin und seine Bautechnik. Und allmählich läuft es wieder besser zwischen uns.
    Eines Morgens begegnen wir auf unserem Joggingpfad einem Berglöwen. Er bleibt stehen und starrt uns aus großen goldfarbenen Augen an, irgendwo aus seinem Innern kommt ein tiefes Grollen, Überraschung und Wut, die ich aus zehn Metern Entfernung spüren kann.
    «Geh weg» , sage ich ihm auf Engellisch, der Sprache der Engel, so als würde ich Husch! sagen, und er dreht sich sofort um und verschwindet im hohen Gras.
    «Wie bist du darauf gekommen, das zu versuchen?», fragt mich Christian verblüfft und lacht, und ich erzähle ihm, dass mir einmal ein Grizzly mit zwei seiner Jungen begegnet ist und Engellisch und ein wenig himmlischer Glanz ausgereicht hatten, um die Bärin zu verscheuchen. Ich erzähle ihm nicht, dass ich mit Tucker zusammen war, als das passierte, und dass das der Vorfall war, der Tucker davon überzeugt hat, dass ich in der Tat ein übernatürliches Wesen bin. Was zu dem Moment in der Scheune führte und zu unserem ersten Kuss.
    Ich mag dich, Clara , hatte Tucker gesagt. Ich mag dich wirklich sehr … Du sollst nur wissen … Ich glaube, du willst in Wirklichkeit gar nicht mit Christian Prescott zusammen sein … Der ist doch gar nicht dein Typ.
    Ach, und ich nehme an, du bist mein Typ, ja?
    Ja, das nehme ich an.
    Ich unterdrücke die Erinnerung an die Worte und die Art, wie er sie gesagt hat, irgendwie rau und ein bisschen großspurig, womit er mich fing wie einen Fisch mit seiner Angel. Ich verschließe mich vor Christian, damit er nicht in meinen Kopf schauen und Tucker sehen kann. Ich sperre ihn aus meinen Gedanken aus.
    «Das ist echt faszinierend», sagt Christian. «Du bist also so was wie eine Tierflüsterin.»
    Ich nicke und lächle. An seinem Gesichtsausdruck erkenne ich, dass er mich nicht bei meinen Gedanken an Tucker ertappt hat.
    Es fühlt sich an wie ein kleiner Sieg von mir über mich.

    Im März will ich meinen Bruder besuchen. Seit jenem ersten Tag nach den Weihnachtsferien habe ich ihn nicht mehr gesehen. Ich vermisse ihn. Fünf Minuten lang stehe ich da und beobachte ihn heimlich durch die Scheibe der Pizzeria auf der Castro Street. Er wirkt unglücklich, denke ich und sehe zu, wie er zwischen den Tischen hin und her geht, schmutzige Teller stapelt, mit einem Wischlappen über die Tische fährt und neues Besteck auflegt. Er sieht aus, als sei er gar nicht richtig wach, wie er so von einem Tisch zum nächsten schlurft, nicht aufschaut dabei und nur das Geschirr stapelt, alles in einer großen Plastikschüssel sammelt, die Schüssel zurück in die Küche trägt, den Tisch wischt, neu eindeckt.
    Da hätte ich mich heimlich zurück nach Palo Alto trollen und zufrieden damit sein können, zu wissen, wo er ist und dass er sich wenigstens nicht in den Fängen eines Schwarzflügels befindet, als sich auf einmal ein Mädchen mit langem dunklem Haar auf der Straße dicht an mir vorbeidrängt und die Pizzeria betritt. Etwas an ihr lässt mich stehen bleiben. Sie sagt Jeffreys Namen, und er schaut auf zu ihr und lächelt – heilige Scheiße, er lächelt richtig; seit dem Tag, an dem Mom gestand, sie würde sterben, habe ich ihn nicht mehr lächeln sehen.
    Das muss Lucy sein, das Mädchen, das meinem kleinen Bruder das verwundete Herz gestohlen hat.
    Jetzt muss ich natürlich bleiben und die beiden beobachten.
    Sie setzt sich in eine freie Nische in der hintersten Ecke des Lokals, lehnt sich an die Wand und zieht die Beine an, als sei dies der ihr vorherbestimmte Platz. Sie ist hübsch, vielleicht halb Asiatin oder Polynesierin, hat glattes schwarzes Haar, das ihr wie ein glänzendes Tuch über den Rücken fällt, außerdem hat sie schmale Augenbrauen und dunkle, mit Eyeliner stark betonte Augen. Sofort legt Jeffrey an Tempo zu und macht schnell die übrigen Tische fertig. Dann verschwindet er kurz in der Küche und kommt mit einem großen dunklen Glas zurück, in dem Eistee zu sein scheint. Sie lächelt ihn an. Er wischt sich die Hand an seiner weißen Schürze ab und lässt sich auf den Sitz ihr gegenüber fallen.
    Ich wünschte, ich könnte hören, was sie sagen. Kann ich aber nicht, deshalb muss ich es mir ausdenken.
    «Ach, Jeffrey», lege ich Lucy laut in den Mund, während ich die beiden reden sehe. «Du siehst so stark aus, wenn du diese Plastikschüssel hebst. Deine Muskeln sind echt phantastisch.»
    «Na ja, vielen Dank, junge Dame. Ich habe tatsächlich sensationelle

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