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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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gewohnt habe», sage ich.
    «Er hat das Studio erst vor ein paar Jahren aufgemacht», erwidert sie. «Das Geschäft läuft gut. Die Leute sind inzwischen offener für die Vorstellung, dass Körperfarbe ein Mittel ist, sich selbst auszudrücken.»
    Ich suche sie nach Tattoos ab. Sie trägt ein Hemdkleid in Silbermetallic und schwarze Leggings, schwarze Stiefel, baumelnde Silberohrringe. Aber von einem Tattoo ist nichts zu sehen. Allerdings hat sie einen sehr interessanten Ring an, eine Silberschlange mit Rubinaugen windet sich um ihren rechten Zeigefinger. Etwas an ihr erinnert mich entfernt an Angela – vielleicht der Eyeliner oder der dunkle Nagellack.
    Jeffrey kommt wieder an den Tisch und setzt sich neben sie, mustert uns beide, ehe er fragt: «Und? Worüber habt ihr gerade so geredet?»
    «Ich habe ihr von Dads Tattoo-Studio erzählt», antwortet Lucy.
    Er wirft ihr einen bewundernden Blick zu. «Der Laden ist klasse.»
    Sie stupst ihn an der Schulter an. «Zeig ihr mal, was du hast.»
    Er schüttelt den Kopf. «Nein.»
    «Du hast ein Tattoo?», frage ich mit etwas lauterer Stimme als gewöhnlich.
    «Zeig es ihr», drängt Lucy.
    Er stöhnt, rollt den Ärmel seines Hemdes hoch und enthüllt eine Schriftzeile in Sanskrit, die um seinen Unterarm läuft.
    «Das ist echt heiß», sagt Lucy, und Jeffrey strahlt. «Es heißt …»
    «Ich habe die Kontrolle über mein Schicksal» , lese ich von seiner Haut ab, dann schließe ich kurz die Augen. Hoppla. Sie wird es wahrscheinlich seltsam finden, dass ich Sanskrit lesen kann.
    «Der Text war ihre Idee», sagt Jeffrey. «Fürs nächste Mal spare ich auf ein richtiges Kunstwerk.»
    «Fürs nächste Mal?» Ich versuche, ganz ruhig zu bleiben. Kein Highschool-Abschluss, aber schon einen Haufen Körperfarbe. Na toll.
    «Ja. Ich glaube, ich möchte einen Vogel auf der Schulter, einen Habicht oder so was.»
    «Vielleicht einen Raben», schlägt sie vor.
    Ich schaue auf meine Uhr. Zeit, mich zurückzuziehen und mich zu sammeln, darüber nachzudenken, wie ich damit umgehen soll. «Also wisst ihr, eigentlich müsste ich jetzt gehen. Die Abschlussklausuren stehen an, und ich muss noch ziemlich ernsthaft pauken.» Ich stehe auf, strecke Lucy die Hand hin. «War nett, dich kennenzulernen.»
    «Ganz meinerseits», sagt sie. Ihre perfekt manikürte Hand fühlt sich kühl und weich an, ihr Geist ist verspielt, voll von fröhlichem Unfug. Sie genießt es, dass sie mich aus der Fassung gebracht hat.
    Ich ziehe meine Hand zurück. «Bringst du mich zum Wagen?», frage ich Jeffrey.
    «Also ich sollte eigentlich …»
    «Es dauert ja nur zwei Minuten», beharre ich.
    Schweigsam gehen wir die Straße runter, bis wir bei meinem Wagen sind. Ich drehe mich zu ihm um. Bleib ruhig, befehle ich mir. Nur immer cool. Flipp jetzt vor ihm nicht aus.
    Er sieht meinen Gesichtsausdruck. «Sei jetzt nicht wütend, Clara.»
    «Du hast ein Tattoo ?»
    «Das ist schon in Ordnung.»
    «Gott, wie ich dieses Wort hasse. Das ist überhaupt nicht in Ordnung. Du gehst in Clubs, lässt dich tätowieren, trinkst und hängst mit einem älteren Mädchen ab.»
    «So viel älter ist sie nun auch wieder nicht», protestiert er.
    «Das ist gegen das Gesetz!» Von cool bin ich Lichtjahre entfernt. Ich schließe die Augen, reibe mir die Stirn, hole tief Luft und öffne die Augen wieder. «Na schön, Jeffrey, genug ist genug. Du solltest zurück nach Hause kommen.»
    «Du hast mich nicht verstanden! Du hast mir überhaupt nicht zugehört, oder?», sagt er. «Ich war nie in Wyoming zu Hause. Nie.»
    Ohne ein Wort zu sagen, starre ich ihn an, mich kränkt die Vorstellung, dass zu Hause für ihn nicht dort war, wo wir zusammen gelebt haben. Wo ich gelebt habe.
    «Ich bin zu Hause», sagt er. «Hier.»
    Mich beschleicht das schreckliche Gefühl, dass ich ihn verloren habe und dass es für mich keine Möglichkeit gibt, ihn wiederzubekommen. Nicht ohne Mom.
    «Hast du Lucy erzählt, dass du ein …» Meine Stimme lässt mich im Stich. «Eine T-Person bist?»
    Er hebt das Kinn. «Ich habe ihr alles erzählt. Es ist in Ordnung. Ihr kann ich vertrauen.»
    Wieder schreie ich ihn an – ein weiteres dramatisches Versagen in der Abteilung «cool bleiben». «Hast du denn nichts aus der Sache mit Kimber gelernt?»
    Er schüttelt den Kopf. «Lucy ist nicht so. Sie kann mit dem ganzen paranormalen Kram umgehen. Sie akzeptiert mich so, wie ich bin. Wir reden sogar manchmal über Religion. Sie ist richtig schlau, hat massenweise Bücher

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