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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Gegenteil –, konnte er dem bevorstehenden Angriff seine volle Aufmerksamkeit widmen. Vielleicht musste er Calvin noch so lange in seinem Kopf dulden, bis die Farce endgültig zu Ende gespielt war, aber das war kein zu hoher Preis, dem fühlte er sich gewachsen. Inzwischen war ihm Calvins Präsenz sogar willkommen. Wenn so viel geschah und verarbeitet werden musste, war ein zweites Bewusstsein, ein Schmarotzer, der seinem Denken Strukturen entnahm und daraus Schlüsse zog, nicht zu verachten.
    »Er ist ein verlogener Dreckskerl«, flüsterte Calvin. »Ganz geheuer war er mir noch nie, aber jetzt weiß ich genau, woran ich mit ihm bin. Ich wünsche ihm, dass die Seuche das Schiff bis auf das letzte Atom auffrisst und ihn gleich mitnimmt. Er hat es nicht besser verdient.«
    Sylveste wandte sich an Sajaki. »Das heißt nicht, dass wir die Hoffnung aufgegeben hätten. Wenn Sie gestatten, werden Cal und ich weiter versuchen…«
    »Tun Sie, was Sie können«, sagte Sajaki.
    »Sie lassen sie weitermachen?«, fragte Hegazi. »Nach allem, was sie ihm beinahe angetan hätten?«
    »Haben Sie etwas dagegen?«, fragte Sylveste. Die Rollen waren festgelegt wie in einem Drama und ebenso fest stand auch der Ausgang. »Wer kein Risiko eingeht…«
    »Sylveste hat Recht«, sagte Sajaki. »Selbst beim harmlosesten Eingriff kann niemand vorhersagen, wie der Captain darauf reagiert. Die Seuche ist wie ein lebendes Wesen – sie folgt nicht unbedingt den Gesetzen der Logik, folglich ist alles, was wir tun, mit gewissen Risiken behaftet. Selbst wenn wir das Seuchengewebe nur mit einem scheinbar harmlosen Magnetfeld berührten, könnte es das zum Anlass nehmen, eine neue Wachstumsphase einzuleiten, oder aber es könnte binnen weniger Sekunden zu Staub zerfallen. Der Captain würde wohl keines der beiden Szenarien überleben.«
    »Wenn das so ist«, sagte Hegazi, »können wir auch gleich aufgeben.«
    »Nein«, sagte Sajaki so ruhig, dass Sylveste schon für Hegazis Wohlergehen fürchtete. »Aufzugeben brauchen wir nicht. Wir brauchen nur ein neues Paradigma – wir müssen über einen chirurgischen Eingriff hinaus denken. Wir haben den besten Cybernetiker seit den Zeiten des Transrationalismus unter uns und niemand versteht mehr von Molekularwaffen als Ilia Volyova. Die medizinischen Einrichtungen an Bord dieses Schiffes gehören zum Modernsten, was es gibt. Und doch sind wir gescheitert; aus dem einfachen Grund, weil wir es mit einem stärkeren, schnelleren und anpassungsfähigeren Erreger zu tun haben, als wir uns vorstellen können. Was wir immer schon vermutet haben, trifft zu: die Schmelzseuche wurde von einer fremden Spezies entwickelt. Und deshalb wird sie uns immer schlagen. Allerdings nur, wenn wir sie weiterhin mit unseren anstatt mit ihren eigenen Mitteln bekämpfen.«
    Und damit, dachte Sylveste, war das Drama wie von selbst bei seinem ungeschriebenen Epilog angekommen.
    »An was für ein neues Paradigma hatten Sie denn gedacht?«
    »Darauf gibt es logischerweise nur eine Antwort«, stellte Sajaki fest, als sei das eine Selbstverständlichkeit. »Die einzig wirksame Medizin gegen eine Alien-Krankheit wäre eine Alien-Medizin. Und nach einer solchen Medizin müssen wir suchen, ohne Rücksicht darauf, wie lange es dauert und wie weit wir reisen müssen.«
    »Eine Alien-Medizin.« Hegazi ließ sich die Worte förmlich auf der Zunge zergehen. Vielleicht vermutete er, sie in Zukunft ziemlich oft hören zu müssen. »Und bei welchen Aliens wollten Sie danach suchen?«
    »Wir versuchen es zuerst bei den Musterschiebern«, murmelte Sajaki so zerstreut, als teste er im Selbstgespräch verschiedene Möglichkeiten. »Wenn sie nicht helfen können, sehen wir weiter.« Unvermittelt nahm er Sylveste wieder ins Visier. »Der Captain und ich, wir haben sie nämlich auch einmal besucht. Sie sind nicht der Einzige, der vom Wasser ihres Ozeans gekostet hat.«
    »Wir sollten keine Sekunde länger in der Gesellschaft dieses Irren verweilen als unbedingt nötig«, sagte Calvin, und Sylveste nickte stumm.
 
    Volyova sah zum sechsten oder siebten Mal auf ihr Armband, aber die Anzeige hatte sich in der letzten Stunde kaum verändert. Sie sagte ihr nur, was sie bereits wusste: die schicksalhafte Vereinigung von Brückenkopf und Cerberus war nur noch knapp einen halben Tag entfernt, und es sah nicht danach aus, als wolle jemand Einwände erheben oder gar den Versuch unternehmen, die Hochzeit zu verhindern.
    »Auch wenn du alle zwei Sekunden auf das

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