Unersaettlich - Scharfe Stories
Eichhörnchen, das auf einem Ast sitzt; ein Falke, dessen Flügel tausend Dörfer überspannen. So kolossal sie jedoch alle sind, so winzig scheinen sie angesichts des mythischen Baumes. Von dem unendlich dicken Stamm platzt Rinde ab, das Holz verfault und erneuert sich in einem ewigen Kreislauf; der Baum selbst ist ewig.
Er reicht durch die Sternbilder und das Firmament, vorbei am Sitz der Götter bis zur Welt, die hoch über den Wurzeln dieses Yggdrasil liegt, Wurzeln, die von drei Kronen gewässert werden. Ja, die Welt selbst liegt hoch; eine Welt eisblauer Meere und Land aus Blut und Erde, aus Gestank und Sex, eine Welt, die sich fest im Griff der Schlange befindet. Sie erschüttert die Meere, auf denen das Boot der Priesterin schaukelt. Das Wikingerschiff wird vom Sturm erfasst, und während das Salzwasser schon
ihren Hals umspült, betet die Priesterin zum Roten Thor, den Sturm zu beenden, indem er seinen Hammer auf die Windungen der Schlange niedersausen lässt. Mit ihrem Messer kratzt sie eine Rune in die Eiche des Schiffes, und schließlich hat sie Erfolg. Ihre Worte und das Zeichen bewegen die Schlange dazu, ihre Fangzähne zu lösen, und alles ist wieder ruhig.
Die Männer sind dankbar, aber niemand spricht in den nächsten Tagen mit der Priesterin.
Weitere dreieinhalb Tage segeln sie dahin, und als sie die Küste erreichen, steigt ein gewaltiger Gestank vom Schiff auf. Aber der Himmel ist klar, als sie in den letzten Fjord hineinsegeln, und die Stimmung der Krieger ist gut.
Die Männer sind der Priesterin aus dem Weg gegangen, so gut es ihnen auf dem kleinen, überfüllten Schiff möglich war. Sie hat sich im Bug des Schiffes aufgehalten, und abgesehen von den üblichen Anfragen bezüglich Wetter und Kampf haben die Männer sie gemieden.
Sie ist eine seltsame Frau, das muss sie selbst zugeben. Aber die Priesterin Veleda genießt ihren Ruf.
In diesem Jahr unseres Herrn, 793, wacht der junge Mönch Cuthbert über den Leichnam des heiligen Cuthbert, nach dem er benannt worden ist. Durch seine Finger gleitet ein Rosenkranz, der aus den kleinen, weißen Steinen aus dem Meer besteht. Jeder dieser Steine sieht wie ein winziges Meeresgeschöpf aus, ein winziges Kruzifix aus der See um die Heilige Insel. Pilger haben die Steine bereits gestohlen, und man nennt sie schon jetzt Cuthberts
Perlen, nach dem Heiligen, dessen Namen zu tragen der Siebzehnjährige das Privileg hat.
In diesem Sommermonat Juni sind Kometen über den Himmel von Lindisfarne gezuckt, breite Lichtströme, die Feuer, Drachen und Angst mit sich gebracht haben. Die anderen Mönche flüstern an den Abenden nach der Vesper unbehaglich miteinander, aber während seine Brüder sich sorgen, schleicht Cuthbert jeden Abend in seine Zelle und streichelt sich voller Verlangen. Er leckt sich die Lippen, schließt die Faust um seinen Schwanz und träumt von weichen Rundungen und harten Muskeln. Dann schießt es in ihm empor, und er erschauert in schrecklicher Lust, und er schreit auf, wenn seine Sünde heiß und flüssig aus seiner Schwanzspitze herausschießt. Immer noch zerreißen die Kometen den nächtlichen Himmel, und Cuthbert kann nur hoffen, dass die anderen Mönche ihn nicht gehört haben.
Er weiß, dass es falsch ist, sich selbst zu befriedigen. Er weiß, dass diese Gedanken und Handlungen böse sind.
Das Kämpfen hat nachgelassen, aber Cuthbert wartet immer noch in seinem Versteck im Keller, wo er leise vor sich hin geschluchzt hat, seit es dunkel geworden ist. Er hat das Schlachten oben gehört, und er hat auch die gelbbärtigen Krieger gesehen, die mit ihren Booten an der Küste gelandet sind und dann mit solcher Wucht angegriffen haben. Der Geruch von Rauch deutet darauf hin, dass sie wahrscheinlich die Zellen in Brand gesteckt haben, und sie haben alle heiligen Gegenstände und alles Gold aus der Kirche mitgenommen, in der er sich versteckt, aber
wie durch ein Wunder haben sie das Heiligste unberührt gelassen: den unversehrten Leib des Heiligen.
Der junge Cuthbert in seinem Kellerversteck ist außer sich vor Zorn. Diese Heiden sehen nicht den wahren Wert der Heiligkeit; sie sehen nur das Glitzern von Gold und Silber. Aber es ist natürlich ein Segen, dass die Heiden den wertvollsten Schatz der Abtei nicht mitgenommen haben; hier muss wirklich der Herr seine Hand im Spiel haben.
Die Hand des jungen Cuthbert allerdings war woanders; er hatte nichts gegen die Plünderung der Kapelle unternommen. Stattdessen hatte er durch einen
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