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Unerwartet (German Edition)

Unerwartet (German Edition)

Titel: Unerwartet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Hinz
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Anzeichen einer Migräne sammeln sich hinter meiner Stirn.
    „Du und Jakob?“, fragt sie und verschränkt die Arme vor der Brust.
    „Ja, ich denke schon.“ Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht.
    „Das ist schön, Kati. Er hat es verdient. Und so wie ich das einschätze, du auch.“
    Mein Handy klingelt in meiner Hosentasche. Es ist Ben, der sich aus der Jugendherberge meldet. Daniela geht wieder nach vorne und lässt mir meine Privatsphäre.
    „Hey Ben“, melde ich mich.
    „Hey Kati. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich noch lebe.“
    Er klingt müde und seine Stimme wechselt von hoch zu tief und wieder zurück. Das kam in den letzten Wochen öfter vor, doch nie so extrem. Jetzt ist er wohl endgültig im Stimmbruch.
    „Das ist zu gnädig, liebstes Bruderherz. Habt ihr denn Spaß?“
    „Es ist okay“, antwortet er teilnahmslos. „Aber ich glaube, ich werde krank.“
    „Was hast du denn?“
    Sofort überlege ich, wie ich es organisieren kann, ihn heute noch aus der Eifel abzuholen.
    „Ich weiß nicht genau. Kopfschmerzen. Außerdem glaube ich, dass ich letzte Nacht Fieber hatte. Mein Hals tut auch ziemlich weh.“
    „Hast du Frau Esser Bescheid gesagt?“
    Seine Lehrerin ist nicht immer die aufmerksamste Person.
    „Nein, noch nicht.“
    „Soll ich dich abholen?“
    „Quatsch, Kati. Wir kommen doch morgen schon wieder nach Mönchengladbach.“
    „Ben, versprich mir, dass du zu Frau Esser gehst, wenn es dir wieder schlechter geht. Nur ein Wort und ich hole dich ab.“
    „Ich bin kein Baby mehr, Kati. Jetzt muss ich auch wieder los. Die Jungs wollen auf den Fußballplatz.“
    Ich höre Schritte hinter mir und weiß gleich, wer es ist, also erschreckt mich Jakobs Hand auf meiner Schulter nicht.
    „Alles okay?“, flüstert er.
    Kopfschüttelnd verabschiede ich mich von Ben, bevor er einfach das Gespräch beendet.
    „Bis morgen, mein Schatz. Ich komme dich am Bus abholen.“
    „Bis morgen, Kati.“
    Für einen Moment verschluckt er sich an seiner eigenen Stimme, als würde jeden Moment anfangen zu weinen, doch dann hat er schon aufgelegt.
    Müde drehe ich mich zu Jakob und reibe über meine Schläfen.
    „Mein Bruder ist krank, aber er ist zu stolz, um seiner Lehrerin das zu sagen. Er will auch nicht, dass ich ihn abhole.“
    „Er kommt morgen wieder, oder?“
    „Ja, zum Glück. Ich hoffe, es ist nichts Ernstes. Er hat Halsschmerzen und glaubt, dass er letzte Nacht Fieber hatte.“
    Jakob setzt sich auf die Schreibtischkante, wo vorhin noch Daniela saß.
    „Willst du nicht seine Lehrerin anrufen?“
    „Er bringt mich um, wenn ich ihn so blamiere.“
    „Vermutlich. Er wird sich sicher melden, wenn es ihm schlechter geht. Jungs sind so. Er kann sich vor seinen Kumpels nicht die Blöße geben und Schwäche eingestehen.“
    „Möchtest du etwas Obstsalat?“, beende ich das Thema mit einem Seufzen. „Deine Schwester hat den vorhin ganz frisch gemacht.“
    Jakob legt mir eine Hand auf die Wange und streichelt mit dem Daumen über meine Schläfe. Er sieht immer noch ziemlich fertig aus, aber schon wesentlich besser, als bei seiner Rückkehr aus dem Krankenhaus.
    „Bleib sitzen. Ich hol uns etwas. Kaffee?“
    „Ja, bitte. Mit viel Milch.“
    Obwohl ich einen Coffeeshop führe und dementsprechend alle verfügbaren Kaffeevariationen verkaufe, bin ich über einen simplen Milchkaffee selbst nie hinausgekommen.
    „Das weiß ich, Katharina.“
    Im Aufstehen drückt er mir einen Kuss auf die Stirn und geht dann nach vorne zu seiner Schwester.
     
    „Willst du drüber reden?“, frage ich beiläufig, während wir uns eine Portion Obstsalat teilen.
    Jakob schüttelt den Kopf.
    „Nicht wirklich. Morgen früh trete ich meine letzte Schicht an und dann geht es erst mal nach Japan. Wenn ich zurückkomme, fängt ein neuer Abschnitt in einer Praxis mit Paul an. Ich kann die Welt nicht ändern, aber mir fehlt auch die nötige Kälte, um das nicht so sehr an mich ranzulassen. Es sind ja nicht nur misshandelte Kinder. Vor meiner Tochter war das alles noch einfacher.“
    Wenn er diese Kälte ausstrahlen würde, dann hätte ich ihn auch nie so schnell an mich rangelassen.
    „Freust du dich? Ich meine, auf Eliana.“
    Mir geht es nämlich gar nicht gut bei dem Gedanken, dass er bei seiner Exfrau ist, aber ich würde mir eher die Zunge abschneiden, als das zuzugeben.
    „Natürlich. Ich freue mich darauf, ihre Fortschritte zu sehen. Aber es ist auch traurig, dass ich bei ihrer Entwicklung nicht mehr dabei

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