Unerwartet (German Edition)
verleugnen.
Es ist einfach nie für immer. Früher oder später verlassen uns alle.
Jakob hat seine Wii-Spielkonsole mitgebracht, da ich plane, Ben eine zum Geburtstag zu schenken. Die beiden sitzen auf der Couch und spielen Mario Kart, während ich die Küche aufräume. Meinem Bruder geht es immer noch nicht gut, aber vor Jakob markiert er natürlich wieder den starken Mann. Er hat nicht wirklich viel gegessen und trinkt seit seiner Rückkehr massenweise kalten Eistee.
Nachdem ich das dreckige Geschirr in der Spülmaschine verstaut habe, bringe ich den beiden ihre Getränke und setze mich neben Ben. Auf meinen Versuch, im Nacken seine Temperatur zu fühlen, reagiert er äußerst ungehalten. Er zieht seinen Kopf beiseite und setzt sich sofort ein Stück von mir weg.
Jakob sieht vom Spiel auf und lächelt mich mitfühlend an.
„Ben, du solltest zum Arzt“, sage ich.
„Heute ist Samstag, da haben die doch alle zu. Außerdem ist Jakob Arzt. Er kann mich untersuchen.“
„Sorry, Ben. Nicht wirklich mein Gebiet. Aber ich kann Paul anrufen, wenn du willst.“
Er legt den Controller beiseite und nimmt sein Glas, um einen Schluck zu trinken.
„Ich gehe Montag, wenn es mir dann nicht besser geht. Hör auf, mich wie ein Baby zu behandeln“, sagt er zu mir und stemmt sich von der Couch hoch. Beleidigt stampft er in die Küche, wo er sich zum x-ten Mal heute ein Wassereis aus dem Gefrierschrank holt.
„Ich geb dir gleich Pauls Nummer“, flüstert Jakob. „Ruf ihn an, wenn es Ben schlechter geht. Es tut mir leid, dass ich morgen fliege, aber Paul ist für dich da, wenn du ihn brauchst.“
Ich habe das Gefühl, Paul wäre in vielen Dingen gerne für mich da.
„Das ist wirklich nicht nötig. Wir können Montag einen Termin machen. Wenn es schlimmer wird, dann bringe ich ihn zum Notdienst.“
Ben kommt aus der Küche zurück und lutscht auf einem Stück Eis.
„Ich geh schlafen, Leute.“ Er winkt in den Raum und geht dann in sein Zimmer.
„Gute Nacht, Ben. Ich komme gleich noch mal rein, um nach dir zu sehen“, rufe ich ihm hinterher.
„Ja, ja“, höre ich es gerade noch, bevor er seine Tür zuknallt.
„Er hat Fieber, oder?“ Jakob rückt an mich heran und nimmt meine Hände.
„38 Grad, kurz bevor du kamst. Ich lasse ihn aber nachher noch mal messen.“
„Es ist wahrscheinlich nur ein kleiner Infekt.“
Jakob zieht mich an seine Schulter und streichelt mir den Kopf.
„Wahrscheinlich“, seufze ich.
„Ich könnte ihn mir ansehen, wenn er mich lassen würde, aber es wäre wirklich sinnvoller, wenn Paul das macht.“
Paul, Paul, Paul. Ich habe keine Chance, diesem Thema auszuweichen.
„Kann ich dich etwas fragen, Jakob?“
„Alles.“
„Was ist das mit Paul?“
Er denkt lange über die Frage nach, aber es zu spezifizieren ist unnötig. Um nicht zu merken, was los ist, muss er schon taub und blind sein.
„Wir können da gerne drüber reden, wenn ich wieder zurück bin. Die letzten Stunden, die ich hier noch habe, würde ich lieber mit dir im Bett verbringen. Nur so viel: Paul kann sein, was immer du möchtest.“
Ich glaube, mir wird schlecht.
„Habt ihr das schon mal gemacht?“
„Während des Studiums, ja. Aber nicht so. Niemals, wenn es ernst war.“
Bei ihm klingt das so selbstverständlich. In mir löst es sehr verwirrende Gefühle aus.
„Kannst du Ben für eine oder zwei Stunden alleine lassen? Ich könnte ein bisschen Hilfe beim Kofferpacken gebrauchen.“
Damit beendet er das Thema und für den Moment bin ich sehr froh darüber.
„Deinen Koffer kannst du alleine packen, aber deine Tattoos hast du mir immer noch nicht erklärt.“
Jakob hat zwar immer noch kein Bett, aber dafür einen Nachttisch mit sehr interessantem Inhalt. Neben Schokolade finde ich da eine große Packung Kleenex und ein Gleitgel, das man gleichzeitig als Massagegel verwenden kann. Jakob ist im Bad und weiß noch nicht, dass ich seine Schätze entdeckt habe. Ich höre, wie er das Wasser abstellt, doch ich lasse mich nicht weiter auf meiner Entdeckungstour stören. Noch weiß er nicht, dass ich mich inzwischen vollständig ausgezogen habe. Auf dem Bauch räkele ich mich auf seinem Bett, mein nackter Hintern in seine Richtung gestreckt, und lese mir die Beschreibung des Gleitgels durchs.
Jakob öffnet die Badtür und begrüßt mich mit einem gequälten Stöhnen.
„Katharina“, höre ich es wie eine Warnung hinter mir, bevor er sich auf mich stürzt und sich auf meinen Hintern setzt. Er
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