Unerwartet (German Edition)
nicht.“
„Warum?“
„Weil wir nicht alleine sind.“
Ehe ich seine Worte realisiere, tritt Paul in mein Blickfeld.
„Engel“, flüstert er mit rauer Stimme.
„Paul.“ Erschrocken sehe ich zu ihm auf, doch die erwartete Scham tritt nicht ein.
„Du bist atemberaubend, wenn du kommst.“
Lässig lehnt er mit der Hüfte an der Tischkante und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.
Eigentlich müsste ich sauer sein, dass Jakob mich nicht gewarnt hat, doch stattdessen kann ich nur zu Paul sehen und mich darüber wundern, wie richtig sich seine Anwesenheit anfühlt.
„Das war nicht geplant“, sagt Jakob hinter mir und streichelt mir dabei über die Oberarme, als wollte er mich besänftigen.
„Er wollte dich nur überraschen, doch dann ist es irgendwie über euch gekommen. Das war sehr interessant anzusehen“, bemerkt Paul. Er nimmt meine Hand, die vorhin noch in meinem Slip war, und führt sie an seinen Mund. Im ersten Moment scheint es, als wollte er mir einen Handkuss geben, doch dann hält er sich meine Finger unter die Nase und atmet tief ein.
Manchmal, wenn ich nervös bin, dann spucke ich jeden Gedanken ungefiltert aus.
„Ich will keinen Analsex, und ich will euch auch nicht dabei zusehen, wenn ihr welchen habt.“
Ja, das ist eindeutig so ein Moment.
Jakob und Paul sehen sich an. Pauls Ausdruck kann ich nicht lesen, denn er verzieht keine Miene. Jakob sehe ich nicht, denn er lehnt immer noch an meinem Rücken. Ich drehe mich zu ihm und sehe zum ersten Mal seit einer Woche sein warmes Lächeln.
Er nimmt mein Gesicht in seine großen Hände und küsst mich auf den Mund. Ich spüre Pauls Blick auf uns und bekämpfe den natürlichen Drang, mich zurückzuziehen. Es ist nicht meine Art, vor dritten Personen rumzuknutschen. Selbst als Teenager konnte ich diesen öffentlichen Austausch von Körperflüssigkeiten nie nachvollziehen. Doch Paul ist nicht unbeteiligt.
Während Jakob meinen Mund erkundet, strecke ich eine Hand zu Paul aus. Nur für einen Moment zögert er, bevor er unsere Finger miteinander verschränkt. Jakob schiebt ein Knie zwischen meine Schenkel und drängt mich an den Tisch. Paul streichelt mit dem Daumen über meinen Handrücken, macht aber ansonsten keine Anstalten, uns näher zu kommen. Für den Moment ist das genug.
Jakob löst sich von meinem Mund, hält aber immer noch mein Gesicht fest.
„Du tust nichts, womit du dich nicht wohlfühlst.“
Zärtlich küsst er meinen Mundwinkel und streichelt über meine Wangenknochen. Sein Blick wandert zu Paul.
„Über uns musst du dir keine Gedanken machen. Wir sind beide nicht daran interessiert. In erster Linie sind wir für dich da.“
Ich spüre Jakob immer noch hart an meinem Schoß, doch so feucht meine Pussy auch ist, ich bin jetzt nicht bereit, etwas für ihn zu tun. Dafür ziehe ich Paul zu uns und bleibe für einen Moment zwischen den beiden stehen. Mein Herz klopft und meine Atmung hat sich immer noch nicht reguliert. Mir ist flau im Magen, doch ich bin nicht krank. Natürlich weiß ich, was das bedeutet. Bisher habe ich es jedoch nie so stark gespürt.
„Ich brauche jetzt einen Kaffee“, sage ich nach einem Moment und löse mich von den beiden. „Noch jemand?“
Meine beiden Männer nicken. Auch sie machen den Eindruck, als müssten sie all das erst mal realisieren.
16.
Mit einem zufriedenen Lächeln steht Ben zwischen Jakob und Paul am Grill. Die beiden Männer beziehen meinen Bruder in ihre Gespräche ein, als wäre er ein Erwachsener. Natürlich sehe ich das Leuchten in Bens Augen und wie er ihre Aufmerksamkeit aufsaugt. Ihm fehlt eine männliche Bezugsperson, das ist mir schon lange bewusst. Aus diesem Grund hat er bisher erst zwei meiner Exfreunde kennengelernt. Zu schnell hängt er sich an diese Personen und wird nur verletzt, wenn sie nicht mehr da sind. Es ist nicht so, als hätte ich in den letzten Jahren viele Beziehungen gehabt, aber alles, was sich nicht als ernst herausgestellt hat, hat Ben nicht mitbekommen. Es wäre soviel einfacher, wenn ich in der Sache nicht wie eine Mutter, sondern wie seine große Schwester denken könnte. Ich hatte nie den Luxus, meine Erfahrungen machen zu können, ohne darüber nachzudenken, welche Auswirkungen es für Ben habe könnte.
Paul dreht sich zu mir und beobachtet mich. Er ist gut darin, meine Stimmungen zu erspüren und sieht gleich, dass ich mir den Kopf zerbreche. Mit dem Blick zu mir, klopft er Ben auf die Schulter und kommt auf mich
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