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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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Das war schon ein Paar, das einem den Atem nahm: Herbert von Karajan an der Seite von Peg Bundy.
    Mein Englisch war grausam, aber ich wollte diesem Menschen von vornherein unterschwellig deutlich machen, daß ich ihn nicht für Waldemar v. Woerzke hielt, sondern für William Black.
    «Excuse me, Mister... My name is Mannhardt. I’m from the German criminal police. We are searching the murder of Luise Tschupsch, your girl friend in former times.»
    «Sie können deutsch mit mir sprechen, ich bin Deutscher!» rief William Black. «Woerzke mein Name.»
    Ich gab ihm die Hand. Kein Schweiß, kein wabbliges Fleisch, ein fester Händedruck. «Willkommen in Ihrer neuen Heimat.»
    «In meiner alten Heimat!» betonte er. «Ich bin aufgewachsen hier in Friedrichsheide, und meine Wiege hat in diesem Schloßhotel gestanden.»
    Ich wollte ihn weiter provozieren. «Aber die sowjetische Militärregierung hat ja noch vor 1949 alles enteignet, und es wird nun Volkseigentum bleiben, so wie die Rechtslage ist...»
    «So wie die Rechtslage ist, werde ich als Opfer des Stalinismus alles zurückerhalten – bis zum letzten Quadratmeter, was mein Land betrifft, und bis zum letzten Reagenzglas, was die Firma angeht. »
    Ich nickte. «Warten wir’s ab...»
    Er stellte mir die Frau an seiner Seite vor. «Das ist Joan. Wir haben letzten Oktober geheiratet.»
    Peg Bundy drückte mir erfreut die Hand und erzählte mir einiges auf englisch, das ich beim besten Willen nicht alles verstand. Irgendwie fand sie Friedrichsheide entzückend und hatte in Oranienburg auch schon viele Freunde gefunden. Kein Wunder. Sexmonster wie sie mochte man halt. Rothaarig und mit grünen Katzenaugen. Wahrscheinlich hatten ihr die Arrangeure im Hintergrund die Weisung gegeben, ihren ‹Ehemann› in Ruhe zu lassen und sich andere Kerle ins Bett zu holen. Damit ihnen der falsche Waldemar nicht schon vorzeitig abkratzte. Sicher war sie ein arbeitsloses Model, das für ein paar tausend Dollar und einige Versprechungen im Hinblick auf die künftige Karriere alles tat, sogar eine Ehe mit einem alten Herrn einging und ihm nach Deutschland folgte. Mit den Worten, daß sie noch zum Friseur müßte, verließ sie uns.
    Wir setzten uns, und William Black lud mich zu einem Whisky ein.
    «Danke, ja... Aber lassen Sie mich schon ein paar Fragen stellen, Mister... Woerzke. Luise Tschupsch betreffend...»
    Er fiel mir ins Wort. «Ich bin gerade ein paar Stunden in Oranienburg, da erfahre ich es. Furchtbar für mich. Ja, ich habe noch oft an sie denken müssen.»
    «Waren Sie denn schon an Ihrem eigenen Grab im Schmachtenhagener Forst...?»
    «Ja. Gestern nachmittag. Die Rosen, ich weiß... Von Deiner großen Liebe...»
    «Und... Sie haben sie auch geliebt?»
    «Ja...» Er schien mir ein wenig zu zögern. Offenbar war ihm dieses Terrain doch zu unsicher. «Wie das so war in den letzten Tagen des Krieges: Mitnehmen, was noch mitzunehmen war. Nicht sterben, ohne mit einer Frau geschlafen zu haben.»
    «Und im Oktober 1945 sind Sie dann verhaftet worden?»
    «Ja... Hier im Schloß hat die Rote Armee gesessen, und ich war regelrecht befreundet mit einigen jüngeren Offizieren. Plötzlich aber hieß es, ich hätte für den amerikanischen Geheimdienst spioniert. »
    «Und — haben Sie?»
    «Nein. Ich vermute, daß das ein Racheakt gewesen ist... von Leuten, die mein Vater irgendwie geschädigt hat.»
    «In der F. F. Runge-Chemie haben doch auch KZ-Häftlinge aus Sachsenhausen gearbeitet...?»
    «Ja. Andererseits hat mein Vater auch jüdischen Häftlingen zur Flucht verholfen. Das hat mich dann letztendlich auch gerettet... vor dem Schlimmsten jedenfalls.»
    Der Whisky kam, und in unserem Gespräch entstand eine kleine Pause. Zeit für mich, eine erste Bilanz zu ziehen. Mein falscher Waldemar war ganz sicher kein so einfaches Gemüt wie der Müllersbursche Jakob Rehbock in der historischen Parallele. Sein Deutsch war einwandfrei, abgesehen von einem gewissen amerikanischen Akzent, beim r zum Beispiel oder beim w, das er doch leicht wie ui aussprach. Aber ansonsten... Auch ohne soziolinguistisches Gutachten des BKA war festzustellen, daß das obere Mittel- bis untere Oberschicht war. Von daher hatte Schweriners Clan eine gute Wahl getroffen.
    Wo war da die Schwachstelle, wie konnte ich ihn in die Falle locken. Ich versuchte es nach dem ersten Schluck Whisky noch einmal mit Luise Tschupsch. «Eines versteh ich nicht...»
    «Ja...» Er sah mich mißtrauisch-forschend an.
    «... warum Sie

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