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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Mutter im Gesicht hatte, verdunkelte sich für eine Sekunde lang die Umgebung, und Kühle legte sich auf ihren Hals und das Gesicht. Sie schaute nach oben und beobachtete die kleine weiße Wolke, die langsam weiterdriftete und die Sonne wieder freigab.
    Das kleine Mädchen trampelte vor Freude, und Susann erwachte aus ihrer Erstarrung. Wenn sie sich daheim noch ein bisschen hinlegen wollte, war es allmählich Zeit, sich auf den Weg zu machen.
    Zwischen den mächtigen Kastanien wurde es stiller. Bei schönem Wetter war der Park immer belebt, aber es gab auch ruhige Ecken, in die sich selten jemand verirrte. Die Blätter schirmten das Sonnenlicht ab, und Susann spürte, wie sich die Härchen auf ihren Armen aufrichteten. Das Gefühl, als bohrten sich zwei hypnotisierende Strahler in ihren Rücken, verdichtete sich mit jedem Schritt, und sie drehte im Gehen den Kopf und sah sich um. Da war niemand. Das kam davon, wenn man zu viele Horrorfilme sah.
    Susann rieb sich die nackten Unterarme und lief etwas schneller. Was sollte ihr an einem warmen Spätsommertag, mitten in einem belebten Stadtpark, schon passieren? Es waren genug Menschen in der Nähe. Wenn sie nur laut genug schrie, würden die Leute es hören und herbeieilen, um ihr zu helfen. Sie dachte an all die Hundebesitzer, die man überall in diesem Park traf.
    Das Gefühl, beobachtet zu werden, wurde stärker. Wieder sah sich die junge Frau um. Aus einem Seitenweg bogen zwei Jogger ab und näherten sich schnell.

    Susann presste die angehaltene Luft aus und zwang sich, an den Abend mit Georg zu denken, um die paranoiden Gedanken loszuwerden. Mit hastigen Schritten näherte sie sich dem Parkausgang. Auf der Straße angekommen, war sie außer Atem. En schneller Blick rückwärts bewies ihr, dass da niemand war, und mit einem Aufatmen setzte sie ihren Weg nach Hause fort, während eine weitere Wolke sich vor die Sonne schob und den Tag verdunkelte.
    »Das Borderline-Syndrom ist bis heute in der psychiatrischen und psychosomatischen Literatur umstritten. Deshalb rate ich dir auch davon ab, den Begriff in deinem Artikel zu erwähnen.« Lara sah Marks kantiges Gesicht vor sich, während er ihr mit seiner gelassenen Psychologenstimme Dinge erzählte, die sie schon wusste. Manchmal ging es ihr nicht um Informationen, sondern einfach darum, seine Stimme zu hören, aber das würde sie ihm nicht auf die Nase binden. »Ich hatte mir einfach vorgestellt, dass ich ein paar fachspezifische Hintergründe unterbringe, aber natürlich hast du recht.« Die schrägstehende Morgensonne ließ die Frontscheibe fast undurchsichtig erscheinen, und sie kramte nach dem Poliertuch. »Vielleicht erfahre ich auch in der nächsten Woche im Prozess noch etwas über die Verfassung der Mutter.«
    »Wir können gern am Wochenende noch einmal ausführlich darüber sprechen, Lara, aber jetzt muss ich Schluss machen. Ich habe gleich einen Patienten.«
    »Und ich muss zum Arzt.« Lara sah auf die Uhr und zog den Zündschlüssel ab. »Wann soll ich mich melden?«
    »Es ist besser, ich rufe dich an. Bist du morgen Abend zu Hause?«
    »Ja.« Wahrscheinlich wollte er die Eifersucht seiner Frau
nicht anstacheln. Marks »Mach’s gut« klang bekümmert. Immer wenn sie mit ihm telefonierte, vermeinte sie, feine Schwingungen wahrzunehmen, das Bedauern über eine vertane Chance, eine leise Traurigkeit und Begehren. Vielleicht bildete sie sich das aber auch nur ein.
     
    Lara musterte die anderen Patienten. Es waren sieben. Wahrscheinlich würde es länger dauern. Draußen ratterte ein Rasenmäher los, und die Sprechstundenhilfe stand auf, um das Fenster zu schließen. Lara zog ihre Handtasche auf den Schoß, tastete nach dem Handy und versuchte dann, unauffällig auf das Display zu schielen. Nichts. Keine Anrufe in Abwesenheit, keine SMS-Nachrichten.
    Mit einem Knarzen öffnete sich die Tür zum Arztzimmer, ein kleiner dicker Mann machte ein paar Schritte rückwärts und verbeugte sich dann in einer höfischen Pose vor dem Arzt. Doktor Radost trieb ihn förmlich vor sich her, wartete, bis der Mann sich umgedreht hatte, überreichte der Sprechstundenhilfe ein paar Zettel und verschwand so schnell, wie er gekommen war.
    Während der dicke Mann sich in sein Jackett wurstelte und die Frau neben ihr im Zimmer des Arztes verschwand, versuchte Lara, sich zu entspannen. Ganz sicher handelte es sich bei ihrem Problem nicht um einen Gehirntumor, sondern um etwas Harmloses. Hatte nicht jeder Mensch ab und zu

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