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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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die Isabell heute trug. En Reißverschluss zirpte. Die Turnschuhe rutschten nach vorn, die Stöckelschuhe nach hinten. Die beiden Turteltäubchen hatten Platz genommen.
    Lara erstickte ihr aufkommendes Kichern und setzte sich wieder gerade hin. Jetzt stöhnten die hohe und die tiefe Stimme. Synchron. Das Stöhnen wurde rhythmischer und von einem zunehmend heftiger werdenden Poltern begleitet. Zum Glück war die Rückwand massiv gemauert.
    Lara betrachtete das Etui mit den Tampons, das sich während des Getümmels nebenan wie von selbst in ihre Hand geschmuggelt hatte, und versuchte, das asthmatische Keuchen in der Nachbarkabine auszublenden.
    Hoffentlich wurden die beiden da drüben bald fertig. Sie musste nachher noch ins Gericht und konnte ja schlecht herauskommen, während es die zwei noch trieben. Wahrscheinlich wussten sie nicht einmal, dass Lara hier nebenan saß und ihren Quickie belauschte.

    Jetzt verstärkte sich das Rumoren, dann gab Isabell einen kleinen Quiekser von sich, und Lara musste sich erneut ein Lachen verkneifen. Das war ziemlich lächerlich, eine Szene wie in einem schlechten Film. Das Stöhnen verröchelte. Klappernd wurde Papier abgerollt, raschelte. Stoff rutschte über Haut, dann rauschte die Spülung. Wieder knarrte der Riegel über das Holz, dann plätscherte Wasser ins Handwaschbecken, und Isabell kicherte albern, bevor die Tür klappte. Lara war wieder allein.
     
    »Warst du draußen?« Tom verfolgte, wie seine Kollegin zu ihrem Stuhl ging und die Tasche wieder über die Lehne hängte. Sein Gesicht war gerötet.
    Lara betrachtete seine schwarze Jeans und die Turnschuhe und lächelte. »Das war ich.« Dabei stellte sie sich vor, wie es für Tom und Isabell ausgesehen haben musste, als sie mit der über der Schulter baumelnden Handtasche hinausgegangen war. Die beiden Turteltäubchen mussten angenommen haben, Lara begebe sich an die frische Luft und nicht auf Toilette.
    Isabell trippelte herein, ein Mineralwasser in der Hand. Auch ihr Gesicht hatte eine rosige Farbe. Sie konnte ihren Kollegen nicht anschauen.
    Lara erweckte ihren Computer aus dem Schlafmodus, und während sie ihren Artikel noch einmal las, dachte sie darüber nach, wann sie selbst das letzte Mal Sex gehabt hatte. Peter war vor zwei Monaten ausgezogen, aber es hatte auch vorher schon Ruhe im Schlafzimmer geherrscht.
    Und nun würde sie Mark am Samstag treffen. Sie hatten gestern Abend noch fast eine Stunde miteinander geredet, Anna hin oder her. Lara hatte sein kantiges Gesicht mit der langen Nase förmlich vor sich gesehen, während sie ihm von
den schrecklichen Morden an den zwei Frauen erzählte. Den Teil mit den Vorahnungen hielt sie kurz. Mark hielt nichts von übersinnlichen Phänomenen oder Vorhersehungen. Zumindest glaubte Lara das.
    Jedenfalls hatte er sich ihre Geschichte, ihre Vermutungen und Schlussfolgerungen angehört, ohne verächtliche Kommentare abzugeben. Als Psychologe war er wahrscheinlich daran gewöhnt, die Ergüsse seiner Patienten anzuhören, ohne sie zu bewerten, aber sie benötigte ja auch eher seine Kenntnisse als Gutachter und Berater bei operativen Fallanalysen der Kriminalpolizei.
    Mark hatte sich während des Telefonats Notizen zu den beiden Fällen gemacht und sich danach mit dem Versprechen verabschiedet, Recherchen zu ihnen anzustellen. Ende dieser Woche würde er bei einer Fortbildung nur fünfzig Kilometer von ihr entfernt sein, und so hatte er kurzerhand vorgeschlagen, sich Samstagabend zu treffen. Lara hatte die aufsteigenden Verwirbelungen in ihrem Bauch schnell verscheucht, aber jetzt waren sie wieder da.
     
    »Zu Kriminalobermeister Schädlich.« Lara zeigte dem Beamten in dem Glaskasten ihr schönstes Lächeln.
    »Sind Sie angemeldet?« Der Mann ließ sich nicht beeindrucken. Seine Uniformjacke war offen. Die Hemdknöpfe spannten über dem mächtigen Bauch. Mit seinem Schnauzer sah er aus wie eine betrübte Seerobbe.
    »Ja. Ich habe einen Termin um siebzehn Uhr.«
    »Moment. Ich sage ihm Bescheid.« Der mürrische Polizist brabbelte kurz ins Telefon und machte dann eine unwirsche Handbewegung. »Warten Sie hier, Sie werden abgeholt.« Lara nickte. En weiteres Lächeln wäre reine Energieverschwendung gewesen. Der Eingangsbereich roch nach altem Papier
und kaltem Rauch. Kriminalobermeister Schädlich kam die Treppe herunter, und die Seerobbe ließ die Tür aufsummen.
    Im Zimmer des Kriminalobermeisters war es heiß. Der Ölsockel an den Wänden hatte Kratzer und undefinierbare

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