Ungeplant (German Edition)
ist.
Die Fahrt von Mönchengladbach bis zum Düsseldorfer Flughafen vergeht viel zu schnell. Meine Hände sind klatschnass und mir ist schlecht, als ich das Terminal betrete.
Laut der Anzeigetafel landet Svens Flieger aus Dubai erst in einer Stunde. Mir wäre es lieber, ich müsste nicht mehr so lange warten. Die Anspannung wird mit jeder Minute schlimmer.
Ich hole mir einen großen Milchkaffee und renne in der Halle auf und ab, nicht in der Lage für eine Minute still zu sitzen. Dreimal habe ich Jenny schon angerufen. Beim ersten Mal, um nach Max zu fragen und die anderen Male um mich von ihr ablenken zu lassen.
Jetzt dauert es nur noch 30 Minuten, bis Sven sich wieder auf deutschem Boden befindet und ich habe das Gefühl, ich werde gleich bewusstlos.
Panisch suche ich nach der nächsten Toilette, weil mein Magen gerade einen Salto schlägt. Die Waschräume sind zum Glück nur wenige Meter entfernt. Ich drehe einen Wasserhahn auf und halte meine Handgelenke darunter. Schnell beruhigt sich mein Magen und auch der Schwindel lässt nach.
Den halb vollen Kaffee, der inzwischen nur noch lauwarm ist, schmeiße ich in den Mülleimer und gehe wieder nach draußen.
Jetzt sind die Landezeiten aktualisiert.
Nur noch zehn Minuten.
Einatmen, ausatmen.
Nicht ohnmächtig werden.
Nicht losheulen.
Ein letztes Mal versuche ich, Jenny anzurufen, doch die drückt mich gleich weg, wie sie mir schon beim letzten Gespräch angedroht hat.
Ich setze mich auf die nächste Bank und beschäftige mich ein bisschen mit dem Inhalt meiner Handtasche. Mein Sitznachbar sieht genervt auf mein nervös wippendes Bein, während ich Kaugummipapiere und kaputte Kugelschreiber aussortiere.
So dermaßen in meine sinnlose Tätigkeit versunken, sehe ich nicht direkt, dass der Flug gelandet ist.
GELANDET!
Dieses kleine Wort kommt mir gerade vor wie mein Todesurteil. Dennoch stelle ich mich sofort an die entsprechende Tür, um Sven nicht zu verpassen. Natürlich muss er erst seinen Koffer holen und durch den Zoll, aber jetzt gehe ich hier nicht mehr weg.
Zum ersten Mal gehen die Türen auf und ein Schwung Passagiere schiebt sich nach draußen. Sven ist nicht dabei. Ich kämpfe gegen aufsteigende Schluchzer.
Mit dem zweiten Schwung kommt er raus und mir stockt der Atem. Er trägt einen großen Koffer und einen Rucksack, und bleibt einfach neben der Tür stehen, mit seinem Blick die Menge absuchend.
Wie er da steht, ist er mir fremd und doch so vertraut. Er ist braun gebrannt, seine Haare sind von der Sonne hellblond gebleicht und länger, als ich es jemals an ihm gesehen habe. Seine Brille ist ein deutliches Zeichen für völlige Übermüdung.
Als sich unsere Blicke treffen, verliere ich jedes Gefühl von Anstand. Wie angestochen renne ich los und springe ihn an. Sofort lässt Sven seinen Koffer fallen und fängt mich auf. Vermutlich zeige ich gerade dem ganzen Flughafen mein Höschen, aber das ist mir scheißegal.
„Lina“, seufzt er in meine Haare. Er riecht nach Flugzeug und Schweiß, doch darunter erkenne ich immer noch seinen typischen Duft. Ich atme ihn ein und entspanne mich in seinem Griff, weil ich mir sicher sein kann, dass er mich hält.
„Ich bin so froh, dass du hier bist“, flüstert er immer wieder in mein Ohr. Ich kann nichts sagen, nur heulen. Langsam lässt Sven mich runter und legt seine Arme um mich. Sanft streicht er mir durch die Haare und sieht mich einfach nur an.
Ich lege meine Hand auf seine Wange, um mich zu versichern, dass er real ist. Seufzend schließt er die Augen und genießt meine Berührung.
„Lass uns nach Hause fahren.“
Er legt einen Arm um meine Schultern und drückt mich an seine Seite. Mit dem freien Arm zieht er den gigantischen Koffer hinter sich her und auf den Ausgang zu.
„Ich bin zwar dermaßen müde, aber du musst mich fahren lassen. Mein Auto habe ich auch vermisst. In Australien fahren die alle auf der falschen Seite.“
Im Parkhaus wuchtet er sein Gepäck in den Kofferraum und zieht mich direkt wieder in seine Arme. Mit den Daumen streicht er über meine Wangenknochen und sieht mich flehend an. Wir haben beide nicht viele Worte. Während er einfach froh ist, mich wiederzusehen, weiß ich nicht, wie ich ihm die Neuigkeiten verkünden soll.
Diesen Blick kenne ich. Er will mich, am liebsten jetzt und hier. Sein Mund streift meine Oberlippe, nur ganz leicht, aber gerade genug, um mir kleine Stromstöße durch den Körper zu jagen.
„Du hast mir so gefehlt“,
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