Ungeplant (German Edition)
ist umgeben von Kartons und sieht verschwitzt zu mir auf.
„Was machst du da?“, frage ich skeptisch.
„Das sind alles Sachen von meinem Speicher, aus denen Tim rausgewachsen ist. Für Max“, erklärt sie mit einem Fingerzeig auf den Berg brauner Kartons.
„Und das sind Windeln.“ Sie zeigt auf den Stapel grüner Kartons.
„Im Auto habe ich noch ein paar Kartons mit Babymilch.“
„Jana, wofür ist das alles? Die Klamotten sind wirklich nett, auch wenn es nicht nötig gewesen wäre. Aber die Windeln und Milch? Das Zeug ist sauteuer.“
Sie winkt nur ab und trägt unaufgefordert die ersten Kartons in meine Wohnung.
„Windeln und Milch sind nicht von mir. Ich bin nur der Lieferant“, sagt sie beiläufig.
Auf ihrem Weg zu weiteren Kartons halte ich sie am Arm fest.
„Muss ich fragen, von wem die Sachen sind?“
„Ach Liebchen, du kennst die Antwort doch schon längst.“
Liebevoll streicht sie mir über die Wange und geht dann weiter ihrer Arbeit nach, bei der ich ihr rasch mithelfe.
Als sie sich eine Stunde später verabschiedet, um die Zwillinge aus dem Kindergarten zu holen, machen wir noch einen Termin für nächste Woche. Sie will mir helfen, die Ämter abzuklappern und ein paar Dinge zu regeln. Zwar bin ich nicht völlig hilflos, aber dennoch froh um diese Unterstützung. Außerdem hat Jana eine Freundin beim Jugendamt, die eventuell ein paar Fäden ziehen und die Bearbeitung damit beschleunigen kann.
Heute war Max zum ersten Mal über Tag mehrere Stunden wach und somit traue ich mich, auf eine etwas ruhigere Nacht zu hoffen, als ich ihn am frühen Abend ins Bett lege.
Erschöpft lasse ich mich im Wohnzimmer auf die Couch fallen und überlege meinen Laptop hochzufahren, um noch etwas im Internet zu surfen. Meine Müdigkeit siegt jedoch und ich beschließe, nach einer schnellen Dusche, auch ins Bett zu verschwinden.
Auf dem Weg ins Bad verspottet mich mein Handy. Es ist nur höflich, sich zu bedanken, wenn man einen Monatsvorrat an Babymilch und Windeln geschenkt bekommt.
Ich tippe eine kurze Nachricht.
- Max sagt Danke für die großzügigen Gaben. Lina -
Mit Babyfon und Handy in der Hand gehe ich ins Bad und trete vor der Tür noch meine Schuhe in die Ecke. Allmählich sollte ich mir abgewöhnen, mit Straßenschuhen in der Wohnung zu laufen, da Max ja irgendwann auch das Krabbeln anfängt und es dann wohl hygienischer ist. Über diese Dinge habe ich mir früher nie Gedanken gemacht.
Vor Schreck lasse ich fast das Telefon fallen, als es in meiner Hand vibriert.
- Sehr gern geschehen, Lina. Mein Auftritt tut mir leid. Darf ich den kleinen Mann bald mal kennenlernen? Sven -
Trotz allem ist er immer noch mein Freund. Auch wenn eine Beziehung zurzeit einfach außer Frage steht.
- Natürlich. Wann immer du magst. Gute Nacht, Sven. -
- Es tut mir leid, was mit Kim passiert ist und ich wünschte, ich hätte bei dir sein können. Das hätte ich dir eigentlich gestern schon sagen müssen. Gute Nacht, Lina. -
Es ist so unfair. Meine Gefühle für Sven gehen nicht einfach weg. Doch jetzt, mit der Verantwortung für Max, habe ich keine andere Wahl, als sie vorerst zu ignorieren.
12.
Janas Hilfe ist Gold wert. Dank ihr bekomme ich in spätestens zwei Wochen die ersten Zahlungen für Kindergeld, Elterngeld und einen Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt, obwohl der Vater unbekannt ist. Man hat mir zwar problemlos die Vormundschaft übertragen, aber niemand hat mich darüber informiert, dass ich Anspruch auf diese Leistung habe. Das Elterngeld fällt dank meines vorherigen Jobs zum Glück auch nicht so niedrig aus. Das ermöglicht mir, Max bis zu seinem ersten Geburtstag Zuhause betreuen zu können, ohne mir einen Job suchen zu müssen.
Natürlich hat mich die Dame vom Jugendamt auch wieder um Namen aus Kims Bekanntenkreis gebeten, um eventuell einen Vater ermitteln zu können. Aber selbst wenn ich wollte, ich könnte ihr niemanden nennen. Mir war immer schon wohler, wenn ich mir dieses Gesindel vom Hals halten konnte.
Es ist traurig, dass ich so wenig Nettes über meine Schwester zu sagen habe, aber das war nun mal die Realität in den letzten Jahren. Ehrlich gesagt bin ich erstaunt, dass sie bei diesem Umgang nicht tiefer abgestürzt ist.
Auch wenn Max mir das vielleicht irgendwann übel nimmt, ich möchte seinen Vater, egal wer er ist, in diese ganze Sache nicht mit reinziehen. Und ich kann nur hoffen, dass mir nicht noch böse Überraschungen
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