Ungestüm des Herzens
Samantha zur Treppe und nahm die Kerze, die auf diesem Ende der Theke stand, um ihnen den Weg zu leuchten.
Während sie die schmalen Stufen erstiegen, hielt er mit festem Griff ihren Ellbogen fest.
»Bleiben wir über Nacht hier?« fragte sie, ehe sie das obere Ende der Treppe erreicht hatten.
»Ja. Es gibt nur zwei Zimmer, aber Señor a Mejia war so freundlich, uns ihr eigenes Zimmer zur Verfügung zu stellen. «
»Die Frau, die unten am Feuer sitzt?«
»Ja. Sie ist die Wirtin. Eine Witwe.«
Señor a Mejia war es also, an die sich Samantha wenden muss te. Wie sollte sie das bewerkstelligen, wenn Hank sie im Zimmer einschloss ?
»Bekomme ich denn kein Abendessen, ehe du mich einsperrst?«
Hank kicherte über ihren beißenden Tonfall. »Ich dachte mir, dass du wohl gern ein Bad nehmen würdest. Dann kannst du zum Essen runterkommen.«
Sie hatten den oberen Treppenabsatz erreicht. Die beiden Zimmer lagen direkt vor ihnen, und aus einem kam ein junger Bursche mit zwei leeren Eimern.
»Dein Bad ist bereit«, sagte Hank. Er bedankte sich bei dem Jungen, ehe er Samantha in das Zimmer führte.
Das Zimmer war gut beleuchtet. Der Zuber, der für Samantha bereitstand, war klein, aber das Wasser dampfte, und ein Duft nach Rosen stieg auf. Samantha lächelte. Man hatte dem Wasser ihren liebsten Badezusatz hinzugefügt. Außerdem lagen saubere Kleider auf dem schmalen Bett.
»Sind die für mich?« Samantha deutete auf den weißen Rock und die Bluse, die mit feinster Spitze einge fasst war, und auf die bezaubernde mantilla, die danebenlag .
»Ja.«
»Von der Señor a?«
»Nein, eine ihrer Freundinnen hat eine Tochter, die deine Größe hat. Die Kleider sind neu. Du kannst sie behalten.«
»Du hast sie gekauft?« Er nickte. »Und das Rosenwasser war wohl auch deine Idee? Meine Güte! Du warst wohl ganz schön beschäftigt, während wir draußen auf dich gewartet haben. Kannst du jemanden holen, der mir bei meinem Bad hilft?«
»Es ist mir ein Vergnügen, dir behilflich zu sein.«
»Schon gut, ich brauche niemanden«, fauchte sie.
Er grinste. »Dann sehen wir uns unten, wenn du dein Bad genommen hast.«
Er schloss die Tür und ließ sie allein zurück. Sie lief sofort zum Fenster, um zu sehen, ob sie von dort entfliehen konnte, aber hier bot sich kein Ausweg, denn es lag zu hoch. Sie konnte nichts anderes tun, als ihr Bad zu nehmen und zu hoffen, dass es ihr später gelingen würde, kurz mit Señor a Mejia zu reden.
Eine knappe Stunde später kam Samantha die Treppe herunter. Nach dem Bad fühlte sie sich wesentlich wohler. Sie hatte sich auch die Haare gewaschen. Der Spitzenrock und die Spitzenbluse pass ten ihr gut. Sie waren sauber gearbeitet und wahrscheinlich als ein ganz besonderes Geschenk für die Señorita gedacht gewesen, für die sie eigentlich geschneidert worden waren. Sie hoffte, dass das Mädchen von Hanks Geld ein ebenso schönes Geschenk bekommen würde.
Doch warum hatte er sich diese Mühe gemacht? Es standen auch Sandalen für sie bereit, und die mantilla, die sie sich über ihre feuchten Haare hängte, war aus derselben zarten Spitze gefertigt, die den Rock und die Bluse schmückte. Samantha kam sich vor wie ein junges Mädchen, das sich aufmachte, um den caballero zu treffen, dem es seine Gunst schenkte. Doch der einzige Mann, den sie treffen würde, war Hank.
Er saß mit Señor a Mejia in der cantina. Die anderen waren gegangen. Die beiden saßen am Feuer und unterhielten sich wie alte Bekannte. Auch Hank hatte sich umgezogen. Er trug den schwarzen Anzug, den er getragen hatte, als er sie vor so langer Zeit zum Abendessen ausgeführt und sie anschließend zum ersten Mal ge küss t hatte. Damals hatte sie begriffen, dass sie ihn nicht länger dazu benutzen durfte, Adrien eifersüchtig zu machen. Wie idiotisch dieser einfältige Plan gewesen war! Und wozu hatte all das geführt!
Hank kam auf Samantha zu und nahm ihre Hand. Er führte sie an einen Tisch, auf dem eine kleine Kerze brannte. Hier war für zwei gedeckt, und eine Flasche Wein und ein Korb mit Früchten standen auf dem Tisch. Die Señor a servierte bistec guisado, einen deftigen Fleischeintopf, Reis und Brot.
»Wo sind die anderen, Hank?« fragte Samantha.
»Sie haben schon gegessen.«
Mehr sagte er nicht. Er schenkte beiden Wein ein. Samantha runzelte die Stirn. Irgendetwas gefiel ihr nicht. Warum gab sich Hank so formell? Und warum dieses intime Abendessen zu zweit?
Hank bemerkte ihr Stirnrunzeln. »Stimmt etwas nicht,
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