Ungestüm des Herzens
te sie, ein kurzes, pflichtbewusstes Berühren der Lippen, das sie kalt ließ.
Dann führte Hank sie aus der Kirche, und der Geistliche machte eine Bemerkung darüber, wie gut sie sich als Paar ausnahmen. Lorenzo erwiderte darauf: »Se detestan mutuamente.«
Samantha stellte sich das Gesicht des Geistlichen vor, wenn er erführe, dass Hank und sie einander verabscheuten. Der alte Mann würde es nichtverstehen. Sie selbst verstand auch nichts mehr. Sie war erschöpft.
Aber sie war verheiratet.
30
»Samantha Chavez.« Samantha ließ den Namenversuchsweise über ihre Lippen kommen. » Señora Chavez.« Sie runzelte die Stirn. »Ich mag den Namen nicht. Es ist der ver hasst e Name eines ver hasst en Mannes.«
»Du bist betrunken, Sam.«
»Na gut, dann bin ich eben betrunken.«
Sie ließ sich kichernd auf ihr Bett zurückfallen und breitete ihre Arme weit aus. Aus der Weinflasche, die sie in der Hand hielt, schwappte etwas Wein auf den Boden, doch sie merkte es nicht. Hank blickte kopfschüttelnd auf sie herunter, und seine dunklen Augen waren nicht zu deuten. Das ließ sie erneut kichern.
Er hatte sie von der Kirche aus direkt in dieses Zimmer zurückgebracht. Sie hatte mit dem Schlimmsten gerechnet, aber er hatte sie dort zurückgelassen. Zwei Flaschen Wein hatten bereitgestanden, und Samantha hatte die eine schnell ausgetrunken, denn sie hatte gehofft, die wirren Verwicklungen dieser Nacht ertränken zu können und auch das zu ertränken was ihr noch bevorstehen konnte. Sie hatte gerade die zweite Flasche angesetzt, als Hank zurückgekommen war.
Sie schloss die Augen, um etwas dagegen zu tun, dass sich alles in ihrem Kopf drehte. Als sie die Augen wieder aufschlug, waren etliche Minuten vergangen, und Hank beugte sich jetzt über sie. Als erstes bemerkte sie seine entblößte Brust. Dann ließ sie ihre Blicke tiefer gleiten, doch sie errötete und sah ihm lieber eilig wieder in die Augen. Er lächelte sie an, und sie schloss ihre Augen wieder.
»Jetzt mach schon, Hank«, sagte Samantha mit belegter Stimme. »Ich werde mich morgen ohnehin nicht mehr daran erinnern.«
»Woran erinnern?«
»Daran, dass du mich wieder vergewaltigst.«
»Vergewaltigen?« Er strafte sie mit seinen Blicken. »Wir sind jetzt verheiratet.«
»Ha!« lachte Samantha. »Das Zeremoniell, zu dem du mich gezwungen hast, hat nichts geändert. Ich will jetzt ebensowenig von dir berührt werden wie vorher.«
»Dann sei ganz locker, chica. Ich wollte dich nur ausziehen, damit du besser schlafen kannst.«
»Wirklich?«
Hank zog sie hoch, bis sie auf dem Bett saß. Ihr Kopf spielte nicht mit. Alles pochte und drehte sich wie verrückt. Sie konnte Hank nicht deutlich erkennen. Sie nahm ihn nur als einen verschwommenen Um riss wahr, der von einer Seite auf die andere schwankte, und das verschlimmerte ihre Schwindelgefühle.
»Jetzt halt endlich still!« fauchte sie ihn an.
Hank grinste, aber er sagte nichts. Als Samantha die Augen schloss , war sie wieder in der Lage, einen zusammenhängenden Gedanken zu fassen. Sie wußte, was hier vorging.
Sie machte sich nichts vor. Sie wußte, dass sie betrunken war. Sie wußte, dass Hank sie auszog. Sie spürte die kühle Luft auf ihrem Körper, als sie sich von ihm zurücklegen ließ. Selbst ihre Unterwäsche entfernte er. Dann spürte sie, wie er die Bettdecke unter ihr herauszog, dann die Wärme der Decke, mit der er sie zudeckte.
Doch Samantha konnte nicht glauben, dass Hank wirklich gehen würde. Schließlich hatte sie nur soviel Wein getrunken, um auf ihn vorbereitet zu sein. Sie hatte es getan, um so betrunken zu sein, dass sie keinerlei Erinnerung an ihre Hochzeitsnacht haben würde. Sollte das umsonst gewesen sein?
Es war zu still im Bett.
»Hank? Hank, wo bist du?« lallte Samantha.
»Hier, querida.«
Seine Stimme war dicht neben ihrem Ohr, und als sie sich umdrehte, fand sie sein Gesicht neben ihrem Gesicht auf dem Kopfkissen vor. Er ließ einen Arm unter ihren Nacken gleiten und zog ihren Kopf auf seine Schulter. Gut! Sie wußte, dass er gelogen hatte. Er würde diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Sie war einfach zu angreifbar im Moment.
»Mach bitte ... schnell«, nuschelte sie.
Hank lachte. »Als meine Ehefrau verdienst du meine Bedachtsamkeit und meine Aufmerksamkeit.«
Es klang eher so, als hätte er mit sich selbst und nicht mit ihr gesprochen, und es dauerte eine Weile, bis das, was er gesagt hatte, in Samanthas wirre Gedankengänge vorgedrungen
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