Ungezaehmte Nacht
tröstete Isabella die Frau. »Habt Ihr mit dem Heilkundigen gesprochen? Ich weiß, dass unsere Heilerin daheim viele gute Ratschläge für die Frauen im Dorf hatte, wenn sie sich ein bambino wünschten.«
» Grazie , Isabella. Ich hoffe, Ihr habt recht. Aber ich fürchte, ich bin zu alt.« Sie wandte den Kopf ab, doch Isabella hatte die Tränen, die in ihren Augen glitzerten, bereits gesehen.
»Violante!« Isabella war aufrichtig schockiert. »So alt seid Ihr nicht. Ihr könnt höchstens ein paar Jahre älter sein als ich. Auf jeden Fall nicht zu alt, um ein bambino zu bekommen. Ich werde meiner Heilerin eine Nachricht schicken und sie um Rat bitten.«
»Das würdet Ihr für mich tun?« Violantes Stimme zitterte.
»Aber natürlich. Ich möchte, dass wir Freundinnen werden, und würde mich freuen, wenn unsere bambini eines Tages miteinander spielen würden. Kommt, ich werde Euch zeigen, wie leicht es ist zu schreiben! Wir fangen mit Eurem Namen an.« Isabella öffnete den großen Schreibtisch und suchte, bis sie den kleinen Kasten mit Tinte und Feder fand.
Violante setzte sich dicht neben Isabella und sah zu, wie sie schön geschwungene Zeichen auf ein Stück Pergament malte.
Die Frau des Hauptmanns sog scharf den Atem ein. »Das bin ich? Das ist mein Name?«
Isabella nickte. »Sieht er nicht schön aus? Ich erinnere mich, wie es war, als Lucca mir meinen geschriebenen Namen zeigte.« Sie schrieb ihn auf den unteren Teil des Pergaments und betrachtete ihn dann einen Moment lang kritisch.
»Was würdet Ihr Eurem Bruder sagen, wenn Ihr ihm einen Brief schreiben solltet?«, fragte Violante neugierig. »Und wie würdet Ihr es schreiben?«
Isabella strich das Pergament mit der Fingerspitze glatt. »Hierhin werde ich seinen Namen schreiben, direkt unter die Stelle, wo der Eure steht.« Sie tat es und schrieb rasch ein paar Zeilen. »Das hier bedeutet, dass ich ihn vermisse und wünschte, er würde sich beeilen und zu mir kommen. Aber ich übe nicht genug. Wie Ihr seht, sind einige der Buchstaben ein bisschen wacklig ausgefallen.« Sie blies auf die feuchte Tinte, um sie zu trocknen, und freute sich, dass sie einen Weg gefunden hatte, sich mit Sergio Drannacias Frau anzufreunden.
»Das scheinen aber viele Zeichen zu sein für ein paar Worte«, bemerkte Violante.
Isabella schluckte. »Ich habe hinzugefügt, dass ich ihn liebe – wie dumm von mir, nicht wahr, da er es sowieso nie lesen wird?«
»Ihr sagtet, Euer Bruder sei in den Verliesen von Don Rivellio festgehalten worden«, erinnerte sich Violante. »Ich bin so froh, dass er freigelassen wurde. Theresa kann Don Rivellio nicht ausstehen. Dieser Don steht in dem Ruf, ein schwieriger Mensch zu sein.«
»Ein nettes Wort, um dieses Ungeheuer zu beschreiben, Signora Drannacia!«, versetzte Isabella trocken. »Doch was hat oder hatte Signora Bartolmei mit Don Rivellio zu tun?« Isabella war neugierig, obwohl sie Klatsch sonst hasste.
»Nennt mich doch bitte Violante!«, bat die ältere Frau. »Theresa ist eine Cousine von Don DeMarco. Sie wuchs auf einem Gut auf, nicht einmal in der Nähe des Palazzos, aber trotzdem ist sie eine Adelige.« Ein Anflug von Neid und Verbitterung schwangen in Violantes Stimme mit. »Sie hat Rolando Bartolmei geheiratet, der, wie Sergio, ebenfalls einen großen Namen trägt. Natürlich werden sie und ihre Familie zu all den Festlichkeiten auf den anderen Burgen eingeladen.«
Isabella setzte sich an den Tisch, um Violante prüfend ins Gesicht zu sehen. Die Mischung aus Eifersucht und Erleichterung, die sie dort sah, war fast schon komisch. Doch dann wurde Violantes Miene wieder ernst. »Einmal nahmen Theresa und Rolando ihre jüngere Schwester Chanise zu einem dieser Feste mit. Don Rivellio war dort und schien sich auffallend für Chanise zu interessieren, obwohl sie damals erst elf Jahre alt war.«
Isabellas Herz verkrampfte sich, und sie faltete die Hände auf dem Schoß, um ihre plötzliche Erregung zu verbergen. Die Furcht eines Kindes erwachte in ihr und machte sich in ihrem Magen breit.
»Theresa sagte, der Don sei galant und charmant. Alle waren beeindruckt von seinen Aufmerksamkeiten. Chanise schien sehr verliebt in ihn zu sein. Aber dann verschwand sie, und alle waren furchtbar aufgeregt und suchten überall nach ihr, doch niemand fand sie.« Violante seufzte. »Chanise war ein schönes, sehr geliebtes und behütetes Kind. Ich weiß noch, wie ich mir immer wünschte, ich hätte eine kleine bambina wie sie.«
Isabella rieb
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