Ungezaehmte Nacht
lassen, wann immer es nötig war. »Hast du gehört, ob schon viele Männer verwundet sind?«, fragte sie, bemüht, die Furcht aus ihrer Stimme herauszuhalten.
Theresa schüttelte den Kopf. »Ein Läufer hat sich unverzüglich auf den Weg gemacht, doch er ist noch nicht zurückgekehrt. Ich habe Pferde für uns satteln lassen, und alles, was wir brauchen, befindet sich bereits auf einem Packpferd. Ich hoffe, dass das in Ordnung war. Ich hätte Sarina gebeten, mich zu begleiten – sie kann gut mit Wunden umgehen –, aber in ihrem Alter wäre der Ritt zu anstrengend für sie. Deshalb hielt ich es für besser, wenn wir das übernehmen.«
»Das schaffen wir schon«, stimmte Isabella zu. »Wir werden eine Nachricht hinterlassen, so bald wie möglich abgelöst zu werden. Ich sehe dich in ein paar Minuten unten.«
Isabella eilte zu ihrem Schlafzimmer, um einen warmen Umhang und Handschuhe zu holen. Theresa erwartete sie an dem Seiteneingang, der den Ställen am nächsten lag. Ein Packpferd war neben zwei Reitpferden angebunden.
Der Tag war grau, der Nebel nahezu undurchdringlich. Die ganze Welt schien in einen dunklen Schleier eingehüllt zu sein. Die Pferde wirkten nervös, verdrehten die Augen, warfen die Köpfe hoch und stampften vor Aufregung mit den Hufen. Eine Hand schon auf dem Nacken ihrer Stute, hielt Isabella inne. Ihr Magen verkrampfte sich ein wenig, was immer eine subtile Warnung war. »Ich habe etwas vergessen, Theresa«, sagte sie, um einen ruhigen Ton bemüht. Die aufwallende negative Energie, die heute ungewöhnlich triumphierend war, verdichtete und verstärkte sich um sie. Und ihr Instinkt verriet ihr, dass es schon zu spät war. Viel zu spät.
Ein heftiger, leidenschaftlicher Hass lag in dem harten Schlag, der Isabella traf und sie ohnmächtig zusammensacken ließ.
Als sie erwachte, hing sie mit dem Gesicht nach unten über dem Nacken eines Pferdes. Ihr dröhnte der Kopf, und sie verspürte eine quälende Übelkeit, die kaum noch zu ertragen war. Das Pferd raste durch den Nebel, angetrieben von Theresa. Da Isabellas Hände gefesselt waren und die Frau des Hauptmanns während des wilden Ritts ihr den Kopf nach unten drückte, musste Isabella sich zweimal heftig übergeben, bevor Theresa das verschwitzte Tier anhielt und absaß. Isabella glitt vom Rücken des Pferdes und stürzte, weil ihre Beine zu schwach waren, um sie zu tragen. Mit ihren gefesselten Händen wischte sie sich über den Mund, so gut sie konnte, und blickte sich dabei verstohlen um. Sie waren irgendwo in der Nähe des Gebirgspasses.
Theresa marschierte auf und ab, und ihr Ärger wuchs offensichtlich bei jedem Schritt. Einmal fuhr sie herum, um Isabella böse anzufunkeln. »Du wirst nicht mehr so ruhig sein, wenn er erscheint.«
»Mit er meinst du wohl Don Rivellio, nehme ich an.« Isabella zwang sich, nicht die Stimme zu erheben. »Du bist also die Verräterin, die ihn mit Informationen versorgt hat.«
Theresa hob das Kinn, und ein gefährliches Glitzern trat in ihre Augen. »Nenn mich, wie du willst! Du warst der perfekte Köder, um ihn in das Tal zu locken. Er ist ein elender Feigling, der seine Männer in den sicheren Tod schickt, aber trotz all der Informationen, die ich ihm gab, konnte ich ihn nicht hierherlocken, bis ich versprach, dich ihm auszuliefern. Wenn er dich in seiner Macht hat, wird Don DeMarco sein Leben gegen das deine eintauschen, und das weiß Rivellio ganz genau«, erklärte sie mit einem höhnischen Lachen.
»Aber wie soll er das denn wissen?«, fragte Isabella sanft.
Theresa zuckte mit den Schultern. »Ich würde alles tun, um Rivellio in dieses Tal zu locken. Er glaubt, dass er alle Pläne hat, um hineinzugelangen, doch er weiß nichts von den Löwen. Seine Männer werden besiegt werden, und ich werde ihn höchstpersönlich töten.« Theresa hätte nicht zufriedener klingen können. »Nach allem, was er meiner Schwester angetan hat, verdient er den Tod.« Sie wandte den Kopf, um Isabella anzusehen. »Und du verdienst ihn, weil du mir meinen Mann gestohlen hast.«
Isabella starrte Theresa erschrocken an. Ihrer heftigen Kopfschmerzen wegen glaubte sie einen Moment lang, sich verhört zu haben. Doch sie verkniff sich jeden Widerspruch. Theresa stand weder der Sinn danach, ihr zuzuhören, noch würde sie ihren Unschuldsbeteuerungen Glauben schenken. Sie würden sie nur noch mehr verärgern.
»Theresa, hast du den Diener getötet, der mich in den Vorratskammern eingeschlossen hatte?«
»Das war ich
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