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Ungezogen

Ungezogen

Titel: Ungezogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsay Gordon
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ironisch gemeint.
    »Ach bitte!«, sagte ich und zog ihn am Ärmel. »Ich will wissen, welchen Eindruck ich mache.«
    »Sie machen den Eindruck einer heißblütigen, wortgewandten und sehr sexy Frau. Und dessen sind Sie sich auch bewusst.«
    Auf meinem Nacken entstand eine kleine Gänsehaut.
    »Und weiter?«
    »Sie haben in verschiedenen Ländern in verschiedenen Städten gewohnt. Aber Sie sind hierher zurückgekommen, um zu leben, wo Sie aufgewachsen sind«, erklärte er mir.
    »Richtig«, sagte ich. Gut gemacht.
    »Kürzlich geschieden.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich fürchte nicht. In Wirklichkeit war ich nie verheiratet.«
    »Sie zeichnen gerne«, fuhr er unbeeindruckt fort. »Sie verdienen Ihren Lebensunterhalt mit dem Entwerfen von Rokokomöbeln. Sie hassen Blowjobs und trinken an Ihrem Geburtstag immer Champagner-Cocktails.«
    Ich musste über all diesen fantastischen Nonsens lächeln und entschied, ihn mit einer Reaktion zu belohnen, die er sich erhoffte.
    »Moment mal. Wieso denken Sie das?«, sagte ich in gespielt entrüstetem Ton. »Zufällig bin ich verrückt nach Blowjobs.«
    »Sie haben es aber schon eine Weile nicht mehr praktiziert«, antwortete er.
    Ich öffnete den Mund, um eine Antwort darauf zu geben, bekam aber keinen Ton heraus. Wie sollte ich seine Behauptung leugnen? Es stimmte, was er sagte, und es hätte nur wie eine wortgewandte Verteidigung ausgesehen.
    Allerdings betrachtete er mich doch als wortgewandt, oder?
    »Das ist nicht wahr«, sagte ich. »Ich habe letzte Woche einen Schwanz gelutscht, und es war tatsächlich himmlisch. So. Und nun sind Sie dran.«
    »O ja? Und wem gehörte dieser Schwanz?«
    »Nur so einem Kerl, der mich im Matteo's angesprochen hat. Irgendein Fremder mit Hut und schönen Augen. Ich nahm ihn mit nach Hause, blies ihm einen, vögelte mit ihm und weiß nicht einmal, wie er heißt.«
    »Die meisten Männer wären doch viel zu ängstlich, um sich einer Frau, wie Sie es sind, zu nähern. Die meisten haben eben keinen Arsch in der Hose.«
    »Sie glauben mir also nicht?«, fragte ich und wünschte, mir würden ein paar überzeugendere Attribute für meinen angeblichen Liebhaber einfallen.
    »Mitnichten«, beschwichtigte er blitzschnell. »Ich wollte sagen, dass es Monate her ist, dass Ihnen ein Mann einen ordentlichen Orgasmus besorgt hat.«
    »Pass mal auf, du«, sagte ich mit leicht aufkeimendem Ärger. »Das stimmt nicht. Du glaubst vielleicht, alles über mich zu wissen, aber lass dir sagen, mein Junge, so einfach bin ich nicht zu durchschauen.«
    »Wenn du wirklich guten Sex gehabt hättest, wüsste ich das. Ich hätte es in deinem Gesicht erkannt.«
    »Wie lange beobachtest du mich schon?«, fragte ich und wollte, dass die leichte Unruhe vorbeiging. Denn es war eine unliebsame Ablenkung von seiner Körperwärme, die in meinem Liebesnest eine erfreuliche Spannung und das prickelnde Gefühl aufkommender Nässe auslöste.
    »Ich habe dich nicht deswegen beobachtet«, gab er zu. »Aber du musst zugeben, dass du schlecht zu übersehen bist. Wenn du da in deinem Fenster sitzt, umgeben von all deinem Glamour und deiner Rätselhaftigkeit. Ich wollte wissen, was sich dahinter versteckt. Hier, komm mit«, sagte er und fasste meine Hand.
    Er zog mich von der Hauptstraße in eine unbeleuchtete Gasse, zu eng für Autos, mit hohen Backsteingebäuden zu beiden Seiten. Die Umgebung war nur zum Teil durch das schräg einfallende Licht der Hauptstraße zu erkennen. Der Boden war mit durchnässten Zeitungsseiten übersät und allem möglichen weggeworfenem Müll.
    Am anderen Ende der Gasse befand sich eine weitere Hauptstraße, die aber von einer Reihe Mülltonnen versperrt wurde. Von einem Dach fiel eine Kaskade Regenwasser klatschend und unaufhörlich auf einen Altpapiercontainer. Glücklicherweise schützte uns der breite Vorbau eines Dachs. Es war die Sorte Durchgang, die an trockenen Tagen nach abgestandenem Urin stinkt.
    An diesem Punkt klingelten bei mir die Alarmglocken. Instinktiv fühlte ich mich in dieser dunklen Gasse, fernab der schützenden Menschenmenge, unsicher. Dazu noch mit diesem erotischen Fremden, der möglicherweise ein Stalker war. Er schloss seinen Schirm und lehnte ihn an die Hauswand wie jemand, der sein eigenes Heim betritt. Dann betrachtete er mich und ergriff meine Schultern. In meiner Brust pochte es dumpf. Ich spürte die Entschlossenheit in seinen Händen und seine schwere, langsame Atmung. Er schluckte, und ich sah, wie er die Zähne

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