Unglaubliche Reise des Smithy Ide
Kate hier, und Kenny und bald auch ihr neues Kind, und woher es kam, war egal.
»Ich suche immer noch nach seinem Silber«, erzählte Roger ernsthaft.
Als wir nach unserem Rundgang wieder in der Küche ankamen, war Kates Gespräch mit Norma tränenreich geworden. Aber es waren die Tränen von der guten Sorte; darin war ich inzwischen Experte, und ich wusste, dass Norma sie jetzt auch weinte.
»… aber er streckte die Hand aus und packte ihn. Er fing ihn auf, als ob er in einen Abgrund stürzen könnte. Dann hat er ihn in sein Zelt gebracht, und jetzt haben wir ihn wieder … M-hm … O ja, das ist er... Ja, ich weiß, wie es Ihnen geht... Ich hole ihn jetzt ans Telefon, sonst fange ich wieder an zu heulen … Und vergessen Sie nicht, auf jeden Fall … Sobald Sie können … Bye, Honey …«
Kate hielt mir den Hörer entgegen und nahm Roger in die Arme. »Die arme Bethany«, sagte sie.
»Wer?«, fragte Roger.
Ich fühlte Norma in meiner Hand. Ist das möglich? »Hallo, Norma?«
»Smithy. O Smithy. Ich möchte dich im Arm halten. Ich möchte dort sein, bei Kate und dir und allen. Du hast diesen kleinen Jungen gerettet.«
»Das war wirklich kein …«
»Ich … hab Kate von Bethany erzählt. Bist du jetzt böse?«
»Das wollte ich ja, Norma. Darum hab ich sie gebeten, dich anzurufen. Ich sehe ein bisschen aus wie ein Landstreicher, und ich …«
»Tust du nicht! Kannst du gar nicht! Du bist schön.«
»Ich bin nicht schön, aber ich bin auch kein Landstreicher oder so was. Weißt du, ich hab einen Bart, und meine Haare – die paar, die ich noch habe – sind ein bisschen lang, und ich bin mit dem Fahrrad unterwegs und so weiter.«
»Ich hab Kate gesagt, dass du schön bist. Ich hab ihr erzählt, dass ich im Rollstuhl sitze, und was ich tue, und ich hab ihr von Bethany und Mom und Pop erzählt, und warum du mit dem Fahrrad unterwegs bist, und sie hat mir auch viel erzählt.«
»Warum bin ich mit dem Fahrrad unterwegs, Norma?«
Ich fühlte ihr Schweigen. Ich stellte mir vor, wie sie mir die Stille schenkte und wie sie die Stille auch fühlte. Durch das Küchenfenster schimmerte der Schnee herein, und ich musste aufhören, mich um mein Rad zu sorgen. Wahrscheinlich stimmte, was Mom immer gesagt hatte. Alles ist relativ. Das hat sie gesagt, und jetzt habe ich es kapiert. Andere Leute machen sich Sorgen um große Dinge, und ich mache mir Sorgen um mein Rad. Oder so was.
»Ich glaube, du bist auf einer Suche.«
An den Espen hingen immer noch goldene Blätter. Oben auf einem Berggrat sah ich ein paar Reiter in einer Reihe.
»Du glaubst, ich bin auf einer Suche?«
»Ich weiß, es klingt albern, aber ab und zu sind große Männer auf eine Suche gegangen, um Antworten auf die großen Fragen zu finden. Man hat Bücher geschrieben über Männer, die die ganze Welt nach Antworten abgesucht haben.«
»Aber was ist, wenn ich die Frage gar nicht kenne?«
»Du kennst die Fragen.«
Die Reiter verschwanden hinter dem Grat. Bethany sprang vom Wipfel einer Espe. Sie drehte sich einmal auf dem höchsten der Bäume und folgte den Reitern.
»Ich liebe dich, Smithy.«
»Ich bin plötzlich müde.«
»Ich möchte zu dir hinauskommen. Ich möchte für dich sorgen.«
»Ich bin so müde. Lieber Gott. Ich sollte lieber … Ich ruf dich morgen an.«
»Ich werde von dir träumen, Smithy.«
»Bye, Norma.«
Müde. O Gott, so müde. »Schlaf«, sagte meine Mom. »Schlaf«, sagte meine Grandma.
»Bye, Smithy. Mein Smithy Ide.«
50
T ante Paula gab die Brautparty für Bethany in ihrem Haus in East Greenwich, und Onkel Count hatte das Farmhaus picobello hergerichtet. Am Samstag ließ er die Kinder aus der Nachbarschaft volle zehn Stunden im Garten und an den Sträuchern arbeiten, während er drinnen die Messingbeschläge polierte. Onkel Count liebte Messing. Er trug einen Trauring aus Messing. Wirklich und wahrhaftig. Onkel Count hatte mit Tante Paula zusammen alles geplant. Er war zu der Party nicht eingeladen, weil er ein Mann war, und so würde er seinen Aufenthalt auf die vorderen Bereiche des Hauses und auf den Garten beschränken. Auf diese Weise würde er seine inoffiziellen Pflichten als Gastgeber der Familie erfüllen können und zugleich die feine Trennlinie zwischen Männern und Frauen einhalten.
»Hallo, Sweetheart«, sagte er in seinem unnachahmlichen Stil zu jedem weiblichen Wesen, das an der Haustür klingelte. Ob er sie kannte oder nicht.
»Du siehst appetitlich aus. Zum Anbeißen. Hör zu, da waren diese
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